Ein edler Bund, Firun gefällig
Ein edler Bund, Firun gefällig
Der Heilige Orden unseres Fuchses Rajok zu Oberangbar
„Hier im Kosch sind sie alle etwas eigen. Daran muss sich der aufrechte Bronnjar schon erst gewöhnen. Nimm zum Beispiel das Firunswerk. Was wäre berühmter und ehrwürdiger als der Orden der Jagd zu Ask, den der tapfere Hochwohlgeboren Wahnfried zur Erinnerung an die Drachenhatz gründete? Nun haben die Koscher auch ihren Firunsbund: Den Orden der Hanghasenjagd zu Oberangbar. Ich bitte dich, Vetter: Es gibt kaum ein kläglicheres Jagdwild als den Koscher Hanghasen1 mit seinen viel zu kurzen Vorderläufen! Auch tragen die Oberen des Ordens lachhafte Titel wie Hoher Hasenhetzer oder Hüter der heiligen Hellebarde. Fast möchte ich wähnen, der Orden sei nur zur Verhöhnung unseres edlen Ordens zu Ask gegründet worden!“
– Graf Arvid von Geestwindskoje an seinen Vetter, Graf Semkin Ouvenstam, ungefähr 21 Hal.
„Bauerngeschwätz! Altweibergeschichten! Einen sprechenden Hanghasen gibt's nicht und hat's nimmer gegeben, glaubt mir: Der Orden kennt die Wälder. Weshalb die Landsassen immer ‘weiß der Hanghas’ murmeln, wenn’s sich keinen Rat wissen? Eine Redensart wie tausend andere in Wengenholm. Weil auch ein Has’ immer noch klüger sein wird als ein Bauer, das mag schon sein. Aber genug davon: Wir wollen das Wildbret nicht verschmähen, das uns mit Firuns Segen heute zufiel.“
– Hochmeister Ellerding vom Erlenschloß, weiland noch Wahrer des Geistlichen Gutes, zum Kusliker Hesindegeweihten Selphyr Sunderglast auf dessen Studienreise durchs Koscher Land.
Der Ursprung des Ordens
Nichts könnte falscher sein als Graf Arvids letzte Vermutung. Der Orden der Hanghasenjagd unseres Fuchses Rajok zu Oberangbar ist eine altehrwürdige Institution der adligen Gesellschaft im nördlichen Kosch und kann auf eine Geschichte von mehreren Jahrhunderten zurückblicken. Über seine Gründung berichtet die Legende:
Zu Rohals Zeiten lebte ein Graf vom Angbarer See, der sein ganzes Leben auf der Jagd verbrachte. Doch er jagte nicht, wie es dem Herrn Firun gefällt. Er jagte, weil ihm das Leben langweilig war, und er jagte gnadenlos. Ihm zählte nur der Todesschrei der Beute und die Trophäe: Sein ganzes Schloß hing voll mit Tierköpfen von Ebern, Hirschen, Gemsen und Wölfen, die der Graf abgeschlachtet hatte. Den Rest seiner Opfer ließ er oft im Walde verrotten.
Einmal schoß er mit der Armbrust einen Hanghasen waidwund. Das Tier schleppte sich noch in ein Gebüsch, und wie der Graf nachsieht, hat ein ausgezehrter, struppiger und gänzlich unansehnlicher Fuchs den toten Hasen in die Fänge genommen und will damit auf und davon. Der Graf, freudig überrascht über die unerwartete zweite Beute, legt einen Bolzen nach und schießt auf den Fuchs. Doch fallen ihm sogleich fast die Augen aus dem Kopf: Der Bolzen prallt vom Fell des Fuchses ab, als sei’s ein Angbarer Harnisch. Das Tier dreht sich um, und schau! es wird größer und größer, sein Fell wird seidig und dicht. Der Graf aber — bei den Zwölfen! wird kleiner, sein Gesicht hager und sein Haar verfilzt. Der Fuchs — kein geringerer ist als Rajok, heilig!, der zur Seite des Herrn FIRun läuft — beginnt zu sprechen: Er schilt den Grafen einen gottlosen Gesellen, daß er Wild und Wald raubt, was diese brauchen, zu einem schnöden Spaße. Und magst du wohl glauben, sagt er ihm, daß die Gebote des Herrn FIRun wenig zählen, so wisse, daß du auch gegen den Herrn PRAios und die Frau RONdra frevelst. Denn vor IHM ist’s nicht gefällig, daß du dein Vorrecht zu vergeudest, das er dir gab, während dein Bäuerchen hungern und Gras fressen müssen; und vor IHR ist nicht gefällig, daß deine Waffen das Blut wehrloser Tiere trinken statt jenes der Feinde von Reich und Göttern.
Diese Predigt ging dem frevelnden Grafen gar zu Herzen. In mancher Pilgerfahrt suchte er danach Vergebung, bis ihm des Herrn FIRun treuer Geselle seine alte, stattliche Gestalt wiedergab. Zum Danke gründete er darauf den Orden der Hanghasenjagd, der bis zum heutigen Tag darüber wacht, dass die Gesetze des göttlichen Jägers, die auch der Wille seiner Geschwister sind, im Kosch eingehalten werden.
Leider ging die erste Gründungsurkunde, mit der Graf den Orden gestiftet haben soll, in den Magierkriegen verloren. Der Orden selbst löste sich in den Wirren des Kriegs und des Orkzugs auf. Erst als das Land sich wieder erholt hatte, die Wunden der Untaten von Hexern wie Zulipan und Algorton langsam vernarbten, traten die Adligen der Grafschaft Angbarer See wieder zusammen und begründeten den Orden der Hanghasenjagd aufs Neue. Folgendermaßen beginnt die zweite Gründungsurkunde:
„Im Namen der Zwölfe, FIRun und PRAios voran!
Im Jahre 21 Eslam [371 v. Hal] versammelte sich der hochwohlgeborene Graf vom See mitsamt seinen Baronen auf der Feste zu Oberangbar und schlossen folgenden Bund: Auferstehen soll der heilige Orden der FIRungefälligen Hanghasenjagd, wie er dem Koscher Adelsvolk befohlen wurde zu Rohals Zeiten durch RAjok, den alveranischen Fuchs, der an der Seite des Herrn FIRuns die Beute hetzt. Vereinen soll der Orden den Adel des Koschs in göttergefälligem Treiben, zu Nutzen dem aufrechten Glauben, der Tüchtigkeit in der Jagd und dem Gemeinschaftssinne und Zusammenhalt jener, in deren Hände der Herr PRAios die Provinz gelegt hat.“
Das Wesen des Ordens
Die Satzungen der Gründungsurkunde und die darin festgesetzten Ziele des Ordens gelten bis heute. In den Grafschaften Ferdok und Schetzeneck haben die Hanghasenjäger zwar nur selten Mitglieder. Am See und in Wengenholm führt aber für die Liebhaber des Waidwerks kaum ein Weg an dem Orden vorbei. Den Mitgliedern ist nicht nur das Wohlwollen Firuns sicher. Die vielfältigen Anlässe bieten auch Gelegenheit, Freundschaften und Bündnisse — gar mit Leuten von höherem Adel — zu schließen. Der Orden bietet sich zudem in Streitigkeiten als Vermittler an. Und um der Wahrheit die Ehre zu geben: Im nördlichen Kosch sind die Vergnügungen auch nicht so reich gesät, dass man ein solches Angebot einfach schnöde ausschlagen würde.
Die Anlässe des Ordens
Der Orden der Hanghasenjagd begeht eine Reihe von Anlässen. Die wichtigsten sind selbstverständlich die Festtage Firuns (Tag der Jagd am 1. FIR, Ifirnstag am 30. FIR), an denen Gottesdienste gefeiert und Schleichjagden in kleinen Gruppen durchgeführt werden. Meterhoher Schnee und Eiseskälte, die dann den Kosch unfehlbar gefangen halten, sorgen für eine sehr ernste Stimmung. Ausgelassener sind die große Treibjagd an der Hornungshatz (24. PHE), die Falkenjagd am Tsatag des Grafen vom See und das Entenschießen am Tsatag des Fürsten. Außerdem besuchen Delegationen des Ordens meist die Feste seiner Mitglieder, etwa zum Traviabund oder zur Geburt von Nachwuchs. Stirbt ein Mitglied des Ordens, findet eine Ehrenjagd statt, bei der kein einziges Tier erlegt werden darf.
Die Ämter des Ordens
Der Orden der Hanghasenjagd (in den heraldischen Rollen des Reiches übrigens als Ordo Vulpis Raioci, OVR, geführt) besitzt nur sehr wenig Hierarchie. Dies entspricht sowohl dem Ziel des Ordens, die Gemeinschaft der Mitglieder zu fördern, wie dem allgemeinen Koscher Wesen. Im folgenden werden alle Ämter aufgeführt, die alle ehrenamtlich geführt werden. Eine Besonderheit sind die zweifachen Titel. Sie entsprechen dem zweifachen Wesen des Ordens als Hort der ernsten Firunsverehrung und der gemütlichen Geselligkeit. Im allgemeinen Gebrauch werden die scherzhaften langen Formen bevorzugt, die im zweiten Jahrhundert vor Hal eingeführt wurden.
- Marschall/Ehrenjäger des knabbernden Kleinwildes: Dieser Titel wird immer dem Fürsten verliehen, der nominell das Oberhaupt des Ordens ist
- Großmeister/Hoher Hasenhetzer: Führt den Jagdzug an, leitet die Versammlungen des Ordens und vertritt ihn nach aussen. Seit 20 Hal wird das Amt von Junker Ellerding von Erlenschloss versehen.
- Jagdmeister/Wahrer des Geistlichen Gutes: Meist ein im Firunkult unterwiesener Laie, manchmal auch ein Geweihter. Ihm oder ihr obliegt die Beachtung der göttlichen Gebote und die Leitung religiöser Zeremonien. Zurzeit besetzt durch die Edle Eisegrina von Rübfold.
- Schatzmeister/Wahrer des Weltlichen Gutes: Verwaltet die Kasse des Ordens, die durch Spenden und verkaufte Jagdbeute gefüllt wird. Das Amt versieht fachkundig Baron Merwerd Stoia von Vinansamt.
- Mundschenk/Erster Amtlicher Ausweider: Der Inhaber dieses Ehrenamtes zerteilt an der Tafel die geröstete Beute und weist jedem sein Teil zu. Zur Zeit ist es vakant.
- Reliquiar/Hüter der heiligen Hellebarde: Verwahrt die Insignien des Ordens. Neben der Gründungsurkunde und der ewigen Mitgliederrolle ist dies vor allem eine Hellebarde, die dem Begründer des Ordens als Stütze und Schutz auf seinen Pilgerfahrten gedient haben soll (und nicht etwa der Hanghasenjagd, wie böse Zungen behaupten). Baron Kordan von Geistmark hält dieses Amt inne.
Der Krieg gegen den Dämonenmeister hat auch in den Orden der Hanghasenjagd zu Oberangbar tiefe Lücken gerissen. Um die Reihen wieder zu füllen, halten verdiente Mitglieder zurzeit Ausschau nach jungen Freunden des Firunswerks. Jeder und jede von Adel, die sich gerne anschließen möchten, mögen sich bei einem der erwähnten Amtsträger des Ordens melden.
1 – Die Götter haben dem Koscher Hanghasen in der Tat stark verkürzte Vorderbeine gegeben. Deswegen steht er am liebsten mit dem Gesicht zum Hang, wodurch sein Rücken eine gerade Position erhält. Vor allem in Wengenholm veräppelt man die Außerkoscher mit der Behauptung, die Hanghasen hoppelten ihr ganzes Leben nur bergaufwärts. Am Gipfel angekommen, kugelten sie sich zusammen und ließen sich den Hang hinabrollen. Um sie zu erlegen, brauche man nur mit einer Hellebarde nach den rollenden Pelzknäueln zu schlagen. Dieses Märchen ist leider dem Ruf des Ordens der Hanghasenjagd zu Oberangbar im Rest des Reiches nicht gerade förderlich.