Unter dem Schleier - In guter Erinnerung

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Thalessia, 22. Ingerimm 1042

„Habt Dank...“, hob Hal von Boltansroden an. Er sprach langsam. Wie so oft. Seine Stimme ruhig und getragen, „... dass Ihr uns empfangt, Euer Durchlaucht.“

Anshold vom Eberstamm nickte langsam. Dann wartete er. Wartete darauf, dass der Geweihte fortfuhr, doch der machte keinerlei Anstalten weiterzusprechen, sondern blickte lediglich den Fürsten an. Das schien Anshold etwas zu verunsichern, leises Gemurmel kam auf, dann sagte er: „Ihr dürft sprechen, Euer Gnaden.“

„Räblein wird sprechen“, erklärte er daraufhin und verwies auf die Novizin neben ihm, „Sie verstehst sich so viel besser auf den Umgang mit... Worten.“

Entsetzt blicke die Novizin ihn an. Die Fassungslosigkeit in ihrem Blick blieb jedoch unter ihrem schwarzen, feinen Schleier verborgen.

„Dann soll es so sein“, entschied der Fürst, „So sprecht, Räblein.“

Marbolieb Tempeltreu“, stellte sich diese zuerst noch einmal vor und machte auch zur Sicherheit noch einmal einen Knicks. Ihr ganzes Leben hatte sie in Tempeln verbracht, hatte sich immer hinter ihren schützenden Mauern aufgehalten und nie hätte sie daran gedacht, dass sie jemals vor dem Fürsten stehen würde. So wusste sie gar nicht genau, wie sie sich nun verhalten oder was sie nun genau tun oder gar sagen sollte.

„Es geht...“, versuchte der Fürst da dem Mädchen auszuhelfen, „... doch sicher um den Moorbrücker Sumpf, nicht wahr?“

Noch unschlüssig, was sie daraufhin antworten sollte, nickte sie erst einmal, dann hob sie mit unsicherer Stimme an: „Unheiliges ist unserem Herrn... ein Gräuel, Euer Durchlaucht. Und Unheiliges geht im Moorbrücker Sumpf um. Mit Unterstützung unserer Kirche und des Hauses Boltansroden möchten wir unseren Teil dazu beitragen, den Schrecken des Sumpfes auf den Grund zugehen und sie – sofern es in unserer Macht liegt – zu beseitigen. Nicht weniger bedeutungsvoll ist für uns das Seelenheil, das der Toten, aber auch das der Lebenden.“

Der Fürst nickte, als wollte er ihren Worte zustimmen, ob er es wirklich tat, konnte die Novizin nicht mit Sicherheit sagen. Vielleicht hieß es auch nur, dass er sie und ihr Anliegen gehört hatte.

„Nun“, erneut erhob Anshold seine Stimme, „Wir werden darüber nachdenken und all eure Argumente dabei bedenken.“

„Habt Dank“, schloss Marbolieb, verbeugte sich erneut und hob an zu gehen, da hatte der Geweihte endlich seine Stimme wieder gefunden: „Von meiner Schwester, der Baronin vom Greifenpass, die besten Grüße, Euer Durchlaucht.“

„Überbringt auch Ihr meine besten Grüße“, erwiderte Anshold vom Eberstamm, „Gerne würde ich sie wieder einmal hier auf der Thalessia antreffen.“ Er nickte zur Bestätigung. „Zuletzt habe ich Bekanntschaft mit einer ihrer Vasallen gemacht. Zu fürstlich Gnaden gewährte ich ihr gleich ZWEI Audienzen...“