Finstere Umtriebe am Greifenpaß
Schwarze Magie am Greifenpaß?
Twergetrutz. Wiewohl kaum zu glauben, hat sich jüngst das Gerücht bestätigt, am Fuße des Turmes der Magistra Domaris sei es zu seltsamen nächtlichen Begebenheiten gekommen, die darselbst kaum zu schildern seien in ihrer erschreckenden Wirklichkeit. Der Kosch-Kurier ist trotz der unklaren Informationslage bemüht, mit den folgenden zwar fragmentarischen, aber dafür authentischen Berichten die Geschehnisse zu beleuchten.
Offizielle Stellungnahme des Barons Halderlin zu Twergentrutz
Wir müssen davon ausgehen, daß sich in den besagten Nächten des 14. und 15. ING 26 Hal unerklärliche Vorgänge in den Ruinen der Burg Koschwacht ereignet haben. Auf die Hilferufe der Bevölkerung hin wurde am Morgen des 15. ING eine Gruppe von vier meiner Reisigen ausgeschickt, um dort nach dem Rechten zu sehen. Eine eindeutige Klärung des Sachverhaltes war indes nicht möglich. Die Ruinen wurden zur verbotenen Zone erklärt und der Wachposten an der Zollstation verstärkt.
Ich möchte betonen, daß die Vorkommnisse in keinster Weise mit der dort ansässigen Magistra Domaris zu tun haben.
Bericht des Twergentrutzer Unter-Weibels Bolzer Kleinrüb
Wir trafen gegen Beginn der achten Stunde an der Zollstation ein, wo wir auf eine Gruppe von Reisenden und Ortsansässigen stießen, die sich verbarrikadiert hatten und erst auf wiederholte Aufforderung die Türen öffneten. Teils waren die Leute in Todesangst, andere teilnahmslos, nur wenige konnten uns etwas sagen.
Nachdem wir die besagten Zeugen so gut es ging befragt hatten, betraten wir zu viert die Ruinen der Burg, wo sich die unheimlichen Vorgänge zugetragen haben sollten. Indes fanden wir weder eine Spur von den vermißten Personen noch sonstige Hinweise auf absonderliche Vorkommnisse oder ein Gewaltverbrechen. Einzig der Pestgestank in bestimmten Bereichen der Ruinen war auffällig und als ungewöhnlich zu betrachten.
Auch eine Suche mit verstärkter Mannschaft, die sich aus mehreren zufällig am Orte weilenden Söldlingen und wagemutigen Reisenden zusammensetzte, ergab keine weiteren Hinweise. Am späten Abend kehrten wir zur Berichterstattung nach Burg Twergentrutz zurück, zwei meiner Leute verblieben zur Beruhigung der Bevölkerung am Ort.
Bericht des Kerzenziehers Bengar aus dem Nordmärkischen
Es war die Nach vom 14. Ingerimm, wie da andere Reisende (in die Zollstation, Anm. d. Schriftlt.) reinkamen und davon sprachen, daß es draußen mächtig stinken tue, und daß sich ein komischer Lärm da umtue. Irgendwo in die Ruinen von die Burg, wo ein Turm steht. Und ich hab gleich gesagt, daß kommt von die Zauberin, die da hausen tut, wo auch der Turm steht. Und dann sind welche (6 Reisende, Anm. d. Schriftlt.) da hin, und sie sind nicht mehr wiederkommen. Und dann haben wir Schreie gehört, durch den Lärm von die Schenke, und gestunken hat es bis in alle Ritzen wie Gratenfelser Schwefel stinken tut, aber anders irgendwie.
Bericht des Zollgreven Salver Rechtrich
In der besagten Nacht klagten mehrere Reisende über den Gestank, der sich scheinbar von der Burghöhe ausgehend ausbreitete. Die Tiere in den Stallungen waren äußerst unruhig, so wie schon jüngst, als wir den Zorn Ingerimms im Gebirge spüren konnten. Da es bereits stockfinster war, riet ich von einer näheren Untersuchung ab, doch eine Gruppe Wagemutiger, vielleicht sollte man sagen: Leichtsinniger, machte sich auf den Weg, dem Gestank auf den Grund zu gehen. Sie kehrten nicht zurück, und wenig später behaupteten übereinstimmung mehrere Schenkengäste, sie hätten unbeschreibliche Laute aus den Ruinen vernommen. Ich selbst habe nichts gehört, schickte aber vorsorglich zum Baron.
Schilderung der Bäuerin Gundel Rubbelwirsch
Ich war schon die erste Nacht nich zum Schlafen gekommen, weil se da so geschrien haben, und es war zu laut in der Schenke, und gestunken hat’s, wie — Peraine verhüt’ es — als wenn der Stall einen Götterlauf nicht ausgemistet worden ist. Und dann haben sie erzählt, da wär ein leibhaftiger Elf, und der habe sich mit der Magierin vom Turm gestritten, und deshalb hätte es so einen Lärm gegeben. Aber dann sind später die Büttel gekommen und haben gesagt, es wär gar nicht die Zauberin gewesen, und einen Elf haben sie auch nicht gefunden. Dafür sagt aber der Buller, er hätte gesehen, wie einer von denen (der Büttel, Anm. d. Schriftlt.) sich was in die Tasche gesteckt hätte, ein Messer oder sowas. Das war bestimmt von den Verschwundenen, und die sind ausgeraubt und ermordet worden von die Jergenquells. Von denen hört man so schlimme Dinge.
Bericht des Zollgreven Salver Rechtrich
In der darauffolgenden Nacht hörte auch ich die Schreie. Es ist jedoch niemand nach draußen gegangen, denn es schien höchst unheimlich und gefährlich. Einige behaupteten standhaft, sie hätten ein paar Betrunkene gesehen, die sich trotz des schwachen Mondlichts deutlich ausmachen ließen. Einer von ihnen habe am Turm der Magistra Einlaß begehrt. Ob ihm aufgemacht wurde, ist nicht bekannt. In der Herberge hat niemand Einlaß begehrt und auch bei mir nicht.
Als wir uns bei Morgengrauen nach draußen wagten, fanden sie auf dem Hof einen Menschenarm, an dem die Haut in Fetzen herabhing! Der Rest des Leichnams war nicht aufzufinden, und darüber waren alle Beteiligten von Herzen froh, denn solcherlei ist nicht wohlgefällig anzuschauen und dem Herrn Boron zuwider. Ich erstatte Bericht an den Baron.
Tagebuch des Salver Rechtrich
18. ING: Am späten Nachmittag waren plötzlich Magier in weißen Kutten am Paß, Wächter Rohals, mindesten zwanzig Personen, die sich überall Einlaß verschafften und die Leute befragten. Zeitweilig war sogar die Paßstraße gesperrt, und ich ließ wieder nach dem Baron schicken, damit er Ordnung schaffe. Die Rohalswächter begehrten Einlaß bei der Magistra, wurden aber nicht vorgelassen. Ich glaube nicht, daß die Magistra derzeit dort weilt. Sie schien sehr beschäftigt in letzter Zeit. Wer immer auch die Wächter Rohals gerufen hat, er bringt uns damit in Schwierigkeiten.
Praiosseidank, der Baron trifft gegen Abend ein, und er trägt seine Rüstung. Es mir nicht ganz klar, was hier von statten geht. Jetzt haben sie sogar die Ruinen mit Fackel ausgeleuchtet.
19. ING: Über Nacht sind die Ordensbrüder des Barons eingetroffen, fast vierzig bewaffnete Golgariten, mehrere Ritter in voller Rüstung. Es hat einen Streit zwischen ihnen und den Magiern gegeben. Es gehen Gerüchte um, man habe weitere Leichenteile gefunden. Die Anzahl der Reisenden hat wie erwartet deutlich zugenommen (der Angbarer Handwerkermarkt findet vom 21. bis 23. ING statt, Anm. d. Schriftlt.), aber die Kontrollen sind scharf. Der Baron hat Anweisung gegeben, alle Reisenden entweder nach Gratenfels zurückzuschicken oder sie umgehend den Paß heraufzuleiten. Die Zollstation wird geräumt.
Offizielle Stellungnahme der Wächter Rohals durch Ordensbruder Treutel Ferbort
Nach unseren Informationen handelt es sich eindeutig um schwarzmagische Umtriebe, deren Ursprung allein in der Person der Magistra Domaris zu suchen ist. Es wurden direkt vor ihrem Turm Schmauchspuren und Knochenreste gefunden, die auf die Anwendung Schwarzer Magie hindeuten. Ihre Weigerung, ihre Behausung einer näheren Untersuchung unterziehen zu lassen, läßt deutliche Rückschlüsse auch auf ihre verderbte Persönlichkeit zu.
Anzumerken ist, daß der OCR durch Angehörige des Golgaritenordens und deren Komtur, den hiesigen Baron, bei unseren Nachforschungen behindert werden. Zudem erhärtet die mangelnde Kooperation eben dieses Barons den Verdacht, er kollaboriere mit der überführten Schwarzmagierin.
Offizielle Stellungnahme der Golgariten
(Kein Kommentar)
Tagebuch des Salver Rechtrich
20 ING: Der Baron beruft sich auf sein Recht als Landesherr und hat die Wächter Rohals der Baronie verwiesen. Da mehrere Geweihte des Boron aus Gratenfels eingetroffen sind, konnte er sich überdies kirchlichen Beistands versichern. Ich rechne indes jederzeit mit dem Eintreffen der Praioskirche.
Gebe der Götterfürst, daß sich diese Geschehnisse alsbald aufklären. Niemand glaubt mehr an einen Überfall der Jergenquells. Gegen Abend stehen vor allen Häusern Bewaffnete, die Fenster sind verrammelt, und niemand darf die Läden öffnen. Im Turm brennt Licht, und wenn ich nicht irre, habe ich die Magistra in Begleitung des Barons gesehen. Sie sieht gealtert aus, das Haar ist schlohweiß! Ist dies die Strafe der Götter für ihr schändlich Tun?
21. ING: Immer wieder hörten wir während der Nacht Schreie, dumpfe Laute, und manchmal konnte man durch die Ritzen der Läden Lichtblitze erkennen. Jetzt ist alles still, der Herr Praios brennt warm und beruhigend hernieder. Das Unheimlich an dieser Nacht ist, daß die Golgariten verschwunden sind. Statt ihrer sind die Geißler im Dorf, die sich nun mit den wiedererschienenen Wächtern Rohals Wortgefechte liefern und die Ruinen durchkämmen. Der Baron ist nicht aufzufinden, ebensowenig die Magistra. Gleich werde ich befragt, vor meiner Haustür stehen zwei Knechte der Bannstrahler Wache.
22. ING. Die Befragung ist glimpflich verlaufen. Augenscheinlich verdächtigt man den Baron und die Magistra der schwarzmagischen Umtriebe. Ich habe alles gesagt, was ich wußte. Vier Leute aus der Gegend sind in Gewahrsam genommen worden. Man wird sie in Gratenfels einer genaueren Befragung unterziehen. Ich wage nicht, darauf hinzuweisen, daß wir hier nicht in den Nordmarken sind. Das ist die Aufgabe des Barons — doch wo ist er?
23. ING: Oberhalb der Ruinen sind die Geißler auf ein Massengrab gestoßen, augenscheinlich durch Priester des Boron gesegnet. Sollten die Golgariten tot und begraben sein? Und wenn ja, wer hat sie getötet? Gegen Mittag steht es fest: Es gibt im Umkreis der Ruinen vier große Grabhügel, die frisch aufgeschüttet sind. In ihnen scheint Platz für mehr als 100 Leichname zu sein. Herr Praios, bewahre uns vor diesem Unheil!
29. ING: Der Baron war hier. Er wirkte sichtlich angespannt und beteuerte mir gegenüber, die Vorgänge seien geklärt und würden sich nicht wiederholen. Es bestehe kein Anlaß mehr zur Sorge. Auf meine Frage betreffs der Gräber gab er indes nur Antwort, diese erfüllten einen heiligen Zweck. Daraufhin begab er sich zu einem Verhör — aus Angbar ist Meister Berman Silberling höchstselbst eingetroffen.
30 ING: Das ist das erste Jahr, daß ich den Angbarer Ingerimmsmarkt als nichtiges Ereignis betrachte. Es gibt hartnäckige Gerüchte, im Osten des Reiches seien die Answinisten eingefallen. Der Baron ist auf seine Burg zurückgekehrt, die Bannstrahler sind abgezogen. Es heißt, alles sei aufgeklärt, es bestehe kein Grund mehr zur Beunruhigung. Warum aber, so frage ich mich, hat man gewisse Gänge und Stollen in den Ruinen mit beunruhigender Sorgfalt versiegelt und vier Geißler auf unbestimmte Zeit in der Zollstation einquartiert?
18. RAH: Die Gerüchte, der Herzog von Tobrien sei im Kampf gegen die Answinisten gefallen, verdichten sich. Auf Twergentrutz ist kein Golgarit mehr anzutreffen, der Baron hat seiner Gemahlin die Regierungsgeschäfte übertragen. Ein Vetter meiner Frau weilte kürzlich hier. Er habe im Ferdokschen eine großen Trupp schwarzgerüsteter Ritter mit dem Raben auf dem Mantel gen Firun reiten sehen, Garrensand sei bis auf die Mönche verwaist.
Einige behaupten, der finstere Rabenorden sei in Ungnade verfallen und müsse das Reich verlassen, andere wiederum berichten, auch andere Orden marschierten gen Tobrien. Bei allen Zwölfen, was mag dies bedeuten?