Sprechend und schweigend

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Ausgabe Nummer 56 - Peraine 1035 BF

Sprechend und schweigend

Von eines künftigen Grafen Namen

Angenburg, Wengenholm. Aus dem rußgeschwärztem Stumpf der Wengeneiche, welche seit undenklichen Zeiten im Hof der Angenburg stand, bis sie von dem geächteten Räuberbaron Jergenquell und seinern Mordbrennern niedergehauen wurde, spross acht Jahre nach dem Jahr des Feuers ein frischer grüner Zweig empor. „Ein Zeichen der Zwölfe! Von Frau Tsas Gnade beflügelt, strebt der Sprössling Herrn Praios' Antlitz entgegen“, jubelte die neue Hofgeweihte des Grafen. Und siehe: Nicht lange danach gebar die Frau Mechtessa von Falkenhag ihrem gräflichen Gemahl Jallik, dem man schon einige Zeit nicht mehr den Jungen nennt, einen gesunden Sohn und Erben.

Der Knabe erhielt den Namen Hakan Baduar Beylhardt von Wengenholm - in Angedenken an Herrn Jalliks seligen Vater und nach dem Vorbilde zweier Helden, von denen alte Koscher Lieder singen, dem Ersten Ritter aus dem Hause Eberstamm und dem treuen Drost der Wergenburg. Die Patenschaft des Knaben übernahmen keine Geringeren als Fürst Blasius, der Reichstreue, sowie Graf Jalliks väterlicher Freund und Nachbar, der mächtige Landgraf und Reichs-Cron-Anwalt, Alrik Custodias-Greifax von Gratenfels.

So war alles um den Erben der Angenburg wohlbestellt und jedermann sah zufrieden, wie dieser heranwuchs. Eines Tages aber, als das krabbelnde Kleinkind in einem unbeaufsichtigten Moment — wohl von einem der Schweißhunde des gräflichen Jagdmeisters erschreckt — einige Treppenstufen herunterfiel, sich dabei die Haut aufschürfte und fast ein Bein brach, da tat der kleine Hakan keinen Schrei, keinen Mucks, obwohl Tränen in seinen Äuglein aufstiegen. „Ganz wie sein Namensgeber Beylhardt, den die Bosparaner bei lebendigem Leib entzwei sägten, ohne dass sie seinen Freiheitswillen brachen!“ lobte Lucardus von Hirschingen, der Rondrageweihte, Falkenritter und Kampfgefährte des Grafen, welcher in der Geschichte des alten Schwurbundes von Wengenholm bewandert ist. Da aber brach die Gräfin Mechtessa in Schluchzen aus, und mit einem Mal wurde auch dem Grafen Jallik gewahr, was beide Eltern nicht hatten wahrhaben wollen: dass sie sich nicht erinnern konnten, wann sie das letzte Mal ein Lachen, ein Glucksen oder nur irgendeinen anderen Laut aus dem Mündlein ihres Kindes vernommen hatten, geschweige denn das erhoffte erste Wort. Bald aber munkelten die ersten Wengenholmer sorgenvoll, die Wahl des Namen Beylhardt sei wohl eine unheilvolle gewesen.

Burgholdin der Jüngere

Meisterinformationen

Warum der Sohn des Grafen von Wengenholm sich in Schweigen hüllt, bleibt auf absehbare Zeit ein Geheimnis, obwohl der zunehmend besorgte Graf alsbald nach Geweihten - vielleicht auch nach Zauberern - schicken wird, um dies zu ergründen.