Wer andern eine Grube gräbt...
◅ | Ende des Eintopfs nahe |
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Fürstlicher Heerbann | ▻ |
Wer andern eine Grube gräbt...
Ein Lustspiel der Angbarer Puppenbühne
von Baldur Staubgesicht
Irdischer Hinweis: Im Folgenden wollen wir das kleine Theaterstück vorstellen, von dem auf S. 14-15 in dieser Ausgabe die Rede ist und das in Angbar für Furore gesorgt hat. Um eine Meisterinformation im eigentlichen Sinne handelt es sich dabei freilich nicht, aber vielleicht bringt die Lektüre ein wenig Frohsinn und humorige Abwehrkräfte gegen das irdische Herbstgrau.
Figuren
- Nachtwächter
- Schelm
- Algunde
- Wengel
- Großmutter
Die Szene ist die Gasse vor Wengels Haus bei Nacht.
Der Vorhang bleibt zunächst geschlossen. Elf Stundenschläge.
NACHTWÄCHTER erscheint vor dem Vorhang.
Hört, Ihr Leut’, und lasst Euch sagen:
Die Zunfthausuhr hat elf geschlagen.
Wer jetzt nicht schläft, hat nicht geschafft,
Hat wohl gefaulenzt und gegafft.
Sonst wär er müd’ und nicht mehr wach
Beim elften Zunfthausstundenschlag.
Ab.
SCHELM hinter dem Vorhang.
Ui, ist das dunkel hier. Genau das Richtige: Die dunkelste Gasse von ganz Angbar. Hoppla...
Zieht den Vorhang halb auf.
So, hier werde ich mich verstecken, um die Leute zu erschrecken --- He! Das reimt sich ja... (singt) Hier will ich mich verstecken, die Leute zu erschrecken... Ui, da kommt ja auch schon mein erstes Dunkle-Gassen-Erschreckungs-Opfer.
Wirft sich ein weißes Tuch über und versteckt sich.
ALGUNDE, vorsichtig.
So... hier wären wir. Da vorne ist dem Wengel sein Haus. Das wird eine Überraschung, wenn er morgen vor die Tür geht und die frischen Plätzchen findet. Hoffentlich stolpert er nicht darüber, er ist ja manchmal so ein Tölpel. Aber ein ganz lieber...
SCHELM springt hervor.
Buh! Huh!
ALGUNDE.
Aaaah! Ein Geist! Ein Gespenst!
Rennt weg.
SCHELM.
Hihi. Die ist ja kri-kra-kreidebleich geworden vor Schreck. Was hat sie denn da fallen lassen? Ui... das sind ja lauter Leckereien. Mmh. Erst tu ich sie erschrecken, dann lasse ich mir’s schmecken, hehe. Achje, da kommt schon wieder wer.
WENGEL, angetrunken.
Nun ist es wieder Na-achtstund’
Im schönen weiten Derenrund.
Da kommt der Wengel spät nach Haus,
Er flog aus der Taverne ’raus.
Hat viel getrunken und gelacht
Und groben Unfug auch gemacht —
Dann gab es Prügel, dass es kracht.
SCHELM springt hervor.
Buh! Huh!
WENGEL.
Buhuh? Wer sagt denn so was?
SCHELM.
Na ich, der böse Gassengeist!
WENGEL.
Ein Geist? Ach du Schreck...
Lässt die Flasche fallen und rennt weg.
SCHELM.
Hihi. Das geht ja noch viel besser, als ich dachte. Und schon wieder was erbeutet.
Trinkt.
Hicks.
Lallt.
Ich bin der Dunkle-Gassen-Geist,
Vor dem ein jeder schnell ausreißt
Und sich in seine Hose...
GROSSMUTTER.
Was ist denn das für ein Geplärre mitten in der Nacht?
SCHELM.
Ich bin der Dunkle-Gassen-Geist...
GROSSMUTTER.
Was? Ein Geist? Bei uns auf der Gasse? Die einzigen Geister, die du gesehen hast, waren die im Schnapsglas.
SCHELM.
Ja, hast du denn gar keine Angst? Buh! Huh!
GROSSMUTTER.
Was? Buh? Huh? Schämst du dich denn gar nicht, hier zu nachtschlafener Zeit herumzuhüpfen und die Leute anzubuhen?
Haut ihn mit dem Kochlöffel.
SCHELM.
Au! Aufhören! Ich bin doch gar kein echter Geist.
Zieht das Laken ab.
GROSSMUTTER.
So? kein echter Geist?
SCHELM.
Aber nein!
GROSSMUTTER.
Nicht nur Ruhestörung! Auch noch Betrug!
Haut ihn wieder.
Am Ende ist das nicht einmal den Laken.
SCHELM.
Au! Au! Genau! Das ist gar nicht mein Laken. Ich hab’ das von der Leine dort im Hof genommen!
GROSSMUTTER.
Was? Von dort? Dann ist das mein Laken! Ruhestörer, Betrüger und ein Dieb!
Haut ihn wieder.
SCHELM.
Au! Au! Au!
Flüchtet.
GROSSMUTTER.
Nicht einmal mehr die Geister taugen was heutzutage... Früher gab es noch richtige Gespenster, da haben einem die Haare nicht bloß zu Berge gestanden, sie sind sogar gleich grau geworden... Aber heute...
Geht kopfschüttelnd ins Haus, zieht den Vorhang zu.
NACHTWÄCHTER erscheint vor dem Vorhang.
Hört, Ihr Leut’, und lasst Euch sagen:
Die Zunfthausuhr hat zwölf geschlagen.
Habt Acht im weiten Derenrund,
Denn jetzt beginnt die Geisterstund.
Doch der Herr Praios schützt uns gut —
Drum seid, ihr Geister, auf der Hut...