Schwein muss man haben!

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Ausgabe Nummer 71 - Rahja 1044 BF

Schwein muss man haben!

Eine Delikatesse aus den Ambossbergen

Die Köchin des Hauses Sirbensack am Angbarer Neumarkt, Matroscha Minzholler, wanderte von Angbar in den Süden des Fürstentums zu den Schwarzen Ambossschweinen von Eberstett.

Es war um die Wintersonnenwende, als ein Gast meinen Schweinebraten – eines meiner besten Gerichte – wie folgt beschrieb: „Das ist der beste Schweinebraten, den ich je gegessen habe. Er wäre aber noch besser, wenn er vom Ambossschwein stammte.“

Der Gast war Erzhändler aus Eisenhuett und erzählte mir an jenem Abend vor dem Kaminfeuer der Schankstube so einiges über das mir unbekannte Ambossschwein, dessen Borstenfell so schwarz wie Zwergenkohle sei und dessen Fleisch bei der rechten Zubereitung so zart werde, dass man es mit einem Löffel teilen könne und es auf der Zunge wie Rahm zergehe. Die beste Zubereitung sei es, das Fleisch bei niedriger Temperatur einen ganzen Tag lang über trockenem Buchenholz zu räuchern. So habe er es bei den Ambosszwergen von Waldwacht, mit denen er berufsbedingt sehr viel zu tun habe, kennengelernt. Die Zwerge seien auch der Grund, warum diese Köstlichkeit bei den Menschen so wenig bekannt sei, denn sie kauften seit jeher fast alle Bestände des Ambossschweins auf, das nur in den westlichen Ausläufern des Gebirges gezüchtet werde.

Meine Neugierde war durch diese Worte geweckt worden, und so beschloss ich, in den Süden des Fürstentums zu reisen, um mich auf die Suche nach dem Schwarzen Ambossschwein zu begeben. Ich hatte mich sorgfältig vorbereitet und ausreichend Gewürze, aber auch Öle und etwas Sauerteig in meinem Reisegepäck verstaut. Meine Wanderung führte mich über die „Schlossstuben“ (Rohalssteg) und den „Silbergreif“ (Rhôndur) zum „Springenden Hirsch“ (Nadoret) und von da aus entlang des Großen Flusses. Schließlich landete ich im „Haukenklops“ (Gangsdorf). Der dortige Wirt erzählte mir, dass er schon öfter die Gelegenheit hatte, Ambossschweine zuzubereiten. Das sei aber schon Jahre her, denn die Schweine seien rar und teuer. Es gebe auch in Bragahn Bauern, die es züchteten, aber die hätten um diese Jahreszeit nur Muttersäue und wenige Zuchteber, die sie bestimmt nicht an mich verkaufen würden. Er riet mir, in das Dorf Eberstett im benachbarten Drift zu reisen, wo einst der Perainegeweihte Bogumil Eichinger die Ambossschweine züchtete und seither im ganzen Land als „Schweinepriester“ bei den Bauern Verehrung findet.

Ich ließ mir den Weg in das Dorf beschreiben und brach alsbald auf. Die Straße führte mich rasch weg von den Niederungen des Großen Flusses und dem Gebirge entgegen. Ich war nun schon einige Stunden dem verschlungenen Pfad durch verschneite Täler und über kahle Hügelkuppen gefolgt und fragte mich, wann ich denn endlich Eberstett erreichen würde. Da setzte ein plötzlicher Windstoß ein und trug einen fürchterlichen Gestank an mich heran, so dass ich halten und ausspucken musste. Als ich meinen Weg fortsetzte und den vor mir liegenden Hügel erklommen hatte, erblickte ich den Ursprung des Gestanks im dahinterliegenden Tal. Es war das Dorf Eberstett, das aus einer Ansammlung ungewöhnlich großer Bauernhäuser und Scheunen bestand. Hinter dem Dorf, auf einem steilen Hügel, lag ein umfriedeter Hof, der, wie ich später erfuhr, der Sitz des hiesigen Barons war.

Die Gehöfte des Dorfes schienen in einem einzigen, riesigen Schlamm-Pfuhl zu stehen, in dem sich allerorten Gruppen von großen schwarzen Schweinen suhlten - Ambossschweinen! Hinter den Höfen lagen, durch niedrige Feldsteinmauern vor dem Borstenvieh geschützt, große Gemüsegärten, die um diese Jahreszeit freilich noch nicht allzu viel hergaben.

Es schien, als hause hier ein Vielfaches mehr an Schweinen als an Menschen, denn solche hatte ich noch nicht erblickt. Eine Rotte fetter Tiere querte gemächlichen Schrittes den Pfad, um sich an einer Gruppe Bäume auf der anderen Seite des Weges ausgiebig zu reiben. Ich ging weiter den Hügel hinab, um nach den Besitzern Ausschau zu halten.

Da es noch Anfang Phex und der Frühling hier im Vorgebirge noch fern war, traf ich die versammelte Bauernschaft im örtlichen Gasthaus an, obwohl es erst früher Nachmittag war. Nachdem mich die offensichtlichen Hinterwäldler von oben bis unten gemustert hatten, wandten sie sich wieder ihren Karten- und Würfelspielen zu. Die meisten von ihnen waren ebenso wohlgenährt wie ihre Schweine draußen im Schlamm.

Die Köchin verstand ihr Handwerk, hatte es aber noch nicht zur Meisterschaft gebracht. Immerhin erlaubte sie mir, ihre Küche zu benutzen, und so konnte ich, mit mehreren Tagen Vorarbeit, die ich mit der Zubereitung einer Würzsauce und dem Filetieren und Einlegen des Fleisches verbrachte, das erste Mal einen Schweinebraten kreieren, von dem ich mit Stolz behaupte, dass er der beste des ganzen Landes ist. Die Sauce aus Winterpilzen – vor allem Rüblinge und Seitlinge, die ich in den nahen Wäldern sammelte – setzte dem Braten die Krone auf.

Nun musste ich noch einen der Bauern dazu bringen, mir ein schlachtreifes Ambossschwein zu verkaufen, um diese Köstlichkeit zukünftig auch im Haus Sirbensack kredenzen zu können. Dies stellte sich jedoch als schwierig heraus, denn angeblich waren bereits alle Tiere den Ambosszwergen versprochen. Erst nach mehreren Tagen, die ich im Gasthaus verbrachte und schier unzählige Runden „Valpos Entzücken“ mit den Schweinebauern spielen musste – einige davon mit den berüchtigten Rübenschnäpsen aus Bragahn und Rottan – konnte ich ihr Vertrauen gewinnen. Sie erzählten mir allerhand über die Schweinezucht und auch über ihren Heiligen Schweinepriester, der hier vor gut 150 Jahren wirkte und an der mächtigen Dorfeiche, der dicken Birsel, zu predigen pflegte.

Am Ende einer weiteren durchzechten Nacht gelang es mir bei einer Partie Boltan endlich, ein Ambossschwein als Wetteinsatz ins Spiel zu bringen. Mit Phexens Hilfe entschied ich die Partie für mich, und so machte ich mich tags darauf, mit einem fetten Ambossschwein an der Leine, auf den langen Heimweg nach Angbar. Wer nun aber selber wissen möchte, wie ein Braten vom Ambossschwein schmeckt, der muss sich sputen und bald ins Haus Sirbensack nach Angbar kommen!

Matroscha Minzholler