Wolfsjagd zu Wengenholm - Jagdvorbereitungen II: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 20. Oktober 2019, 16:57 Uhr
„Bei Sonnenschein kann jeder reiten“, maulte Ritter Falk aus dem Hintergrund, „doch was ein echter Recke ist, der trotzt Regen, Wind und Sturm, und wenn er dabei rostet!“ Der Graf überhörte den Einwurf und reichte seinem Vogt die Hand: „Willkommen, Stolzenburg, willkommen. Ja, Ihr kommt gerade recht zum Aufbruch. Habt Ihr neue Zeitung von dem Wolf zu melden?“ „Nicht mehr, als Ihr schon wissen werdet. Zuletzt in Auersbrück.“ Graf Jallik nickte. „Ich soll Euch im übrigen von meiner Frau Mutter grüßen – sie hat Euch gestern vermißt; Ihr wäret Ihr noch eine Runde im Kamelspiel schuldig...“ „Eine Schuld, die ich mit Freuden einlösen werde, wenn ich ihr dabei berichten kann, wie wir den Wolf gefangen haben“, entgegnete Vogt Gelphart erfreut, doch zeigte seine Miene, wie sehr es ihn schmerzte, den gestrigen Abend versäumt zu haben.
Derweil kamen die anderen Jäger heran, um dem Albuminer ihr Willkommen auszusprechen. Besonders freudig und herzlich fiel die Begrüßung des jungen Auersbrück aus, der den Händedruck seines vormaligen Lehrherrn lächelnd erwiderte. Alleine den Herrn von Blaublüten bedachte der Vogt mit keinem Wort, was den andern nicht entging.
„Da wir nun alle beisammen sind, Ihr Herren – wohin soll’s gehen?“ rief der Graf. „Gen Norden zum Borrewald oder rahjawärts ins Hügelland und zum Wulfenstieg, wo der selige Gevatter Treupfeil auf den Grauen traf? Während die Bagage unterwegs ist, wollen wir Jäger den Segen des Weißen Gottes erbitten und unsre Pfeile weihen; nicht weit von hier befindet sich ein altes Heiligtum des Herrn. Doch nun gebt Rat!“
„Hochwohlgeboren, ich glaube kaum, daß der Wolf sein Unwesen im Borrewald treibt“, erwiderte Vogt Gelphart, „das ist nicht mehr als nur ein Gerücht. Am Wulfenstieg hingegen, so wissen wir mit Sicherheit, ward er schon gesehen. Und ist dem Auge nicht immer mehr zu trauen als dem Ohr?“ „Fürwahr. Was meint Ihr dazu, bester Herr Kordan?“
Der Geistmärker räusperte sich und entgegnete dann in einem Ton, als ob er einen völlig neuen Gedanken vorbrächte: „Ich bin dafür, zum Wulfenstieg zu reiten. Allerdings...“ „Was allerdings?“ hakte Graf Jallik nach. „Sprecht nur frei heraus.“ „Allerdings bin ich mir nicht so sicher, ob dieser Wolf wirklich nur, wie Hochwohlgeboren meinen, ein gewöhnliches Tier ist. Wißt Ihr, in der Geistmark erzählt sich das Volk so manche Märe – und freilich, wenn man auch nicht alles glauben darf, was die Bauern schwatzen, so haben doch Legenden meist einen nur allzu wahren Kern.“
„Das stimmt!“ mischte sich der junge Bockzwingel ein. „Den halben Holzfäller und das Bergmannli hab’ ich selber schon mit eignen Augen gesehn, bei Rondra!“ Lucrann von Auersbrück sah die beiden an: „Wenn Ihr recht habt, Baron Sighelms-Halm, dann... findet der Wolf vielleicht uns eher als wir ihn.“
In die entstandene Stille ließ Lucardus von Hirschingen seine Worte fallen: „Die Wälder hierzulande sind voll von unheimlichen Wesen und Geheimnissen, wie es scheint.“ Sein Blick schweifte für einige Herzschläge in weite Fernen oder Zeiten, bis er fortfuhr: „Ich glaube aber ebenfalls nicht, daß sich die Bestie allzu weit aus ihrem Revier begibt – wenngleich ich mich auch besser mit Rossen auskenne denn mit Graupelzen. Doch sicher weiß der wackere Meister Tannschlag mehr zu sagen – in Greifenfurt wird man schon so manchen Wolf gestellt haben.“
Der Jagdmeister aus Greifenhorst nickte, ein wenig erstaunt, daß die edlen Herren ihn so leutselig in ihrer Runde um Rat fragten. Er überlegte einen Moment und trug dann mit kurzen, aber klaren Worten vor, was ihm von Wölfen bekannt war und welche Erfahrungen er mit diesen grimmen Jägern hatte. So entschied man nach einer Weile, die Suche am Wulfenstieg beginnen zu lassen und – falls man dort erfolglos bleiben sollte – das Gebiet nach Norden hin zu durchkämmen, wie Ritter Lucrann noch vorschlug.
Der Graf gab dem Troß seine Anweisungen und schickte die Leute unter Pannlapps Führung los. Der Greifenhorster Jäger hingegen sollte sich den Adligen anschließen, erhoffte sich der Graf doch von ihm neue Zeitung aus den mitternächtlichen Nachbarlanden.