Uztrutzer Umtriebe - Borons Ruf

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Mitte Peraine 1038 BF, Fünfbrunnen

Am Sterbebett von Alt-Baron Ontho von Uztrutz hatte sich fast die gesamte Familie, sowie alle Niederadligen der Baronie versammelt. Nur zwei Mitglieder der Familie fehlten. Zum einen war da Metzelda, die Schwester des Barons, die selbst am Menzheimer Alter litt und sich vor 20 Jahren aufs ärgste mit ihrem Bruder überworfen hatte und zum anderen fehlte Grimbart, Onthos ältester lebender Sohn. Auch mit ihm hatte Ontho sich einst überworfen, aber zu seinem Sterbebett wäre er doch gekommen, wenn er nicht gerade im Auftrag des Schwertbundes von Gerrun im Hinterkosch unterwegs gewesen wäre. So waren wenigstens seine Kinder vor Ort.

Derya von Uztrutz konnte ihren Großvater kaum sehen, so viele Schultern standen ihr im Weg. Sie war sich nicht sicher, ob es in seinem Interesse war, dass ihm nun seine Familie und seine alten Vasallen beim Sterben zusahen. Denn sterben tat der Alt-Baron, daran bestand gar kein Zweifel. Ganz bleich war er und der Atem ging ihm nur noch schwer. Seitdem Rondriane von Firunshof vor vier Tagen die Schreckensnachricht vom Unglück Metzels überbracht hielt Ontho den Siegelring der Baronie in seiner rechten Hand umklammert. Gesprochen hatte er seitdem nicht mehr. Seitdem war es in dem Raum noch enger geworden, denn nun ging es nicht nur um das Ende einer Ära, sondern auch darum wer denn nun Baron von Uztrutz werden würde.
Durch Metzels Abtritt und den Tod seiner Kinder würde die Baronie entweder an Grimbart, oder Alerich fallen. Grimbart war der ältere der beiden, aber er hatte sich vor Jahren mit seinem Großvater überworfen und, soweit Derya wusste, schon lange nicht mehr mit ihm gesprochen. Alrich, Deryas Vater hatte also gute Chancen auf den Titel. Dann würde Derya einst Baronin sein. Bisher hatte sie mit ihrem Gemahl Berwin von Treublatt in Eberfang festgesessen. Ein furchtbarer Flecken. Die Aussichten waren also gar nicht schlecht, auch wenn sie Metzel natürlich nie etwas Schlimmes gewünscht hätte.

Es war Alphak von Steinklos, der schließlich an das Krankenbett herantrat und die entscheidende Frage stellte. Der ganze Raum hielt den Atem an. „Metzel“ hauchte Ontho. Alphak runzelte die Stirn. Es war bekannt, dass Ontho am Menzheimer Alter litt, doch so schwer war es bisher nicht gewesen. „Metzel der Ältere ist tot, Metzel der Jüngere in die Ferne gezogen. Wer soll also Baron werden?“ „Metzel ist tot?“ hauchte Ontho. So ging es noch eine ganze Weile hin und her, doch weder Alphak, noch sonst jemand konnte etwas sinnvolles aus dem Sterbenden herausbekommen.
Kaum ein Stundenglas später hauchte Ontho seinen Atem aus. Das Ende einer Ära war gekommen.

Doch mit Trauern wollten sich die meisten der Anwesenden nicht lange aufhalten. Und so war es an Reineke von Falkenhag-Zandor, das Testament zu verlesen. Kurz räusperte sich der greise Hofschreiber: „Hiermit verkünde ich, Ontho von Uztrutz, Alt-Baron von Uztrutz, dass für den Fall eines Aussterbens von Metzels Linie, mein sämtliches Erbe an Alrich von Uztrutz und seine Erben gehen soll. Gegeben am 4. Peraine 1038 in Fünfbrunnen im Beisein meines Sohnes Alerich.“
Derya atmete erleichtert auf, aber das Entsetzen und die Überraschung in den Gesichtern von Grimbarts Erben und einigen anderen der Anwesend ließ sie innehalten. „Das ist doch Wahnsinn!“ rief Wulfmar, Grimbarts ältester Sohn. „Großvater war zu der Zeit doch schon auf dem Sterbebett und nicht mehr im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte. Vor einem halben Jahr erst war er in Gerrun gewesen und hat Grimbart zugesichert das er sein Erbe sei.“
„Das kann ja jeder behaupten!“, rief Bolzerich, Deryas Bruder. „Wir alle wissen doch, dass Ontho und dein Vater schon seit Jahren nicht mehr gesprochen haben. Ihr versucht nur euch das Erbe zu erschleichen.“
„Ha! Hört, hört wer da große Reden schwingt“, mischte sich nun auch Wunnemine, Grimbarts Zweitgeborene ein. „Das stinkt doch bis nach Alveran. Großvater ändert kurz vor seinem Tod sein Testament und keine Zeugen, außer dem Begünstigten sind dabei.“
„Nennst du meinen Vater einen Lügner?“, fauchte Bolzerich und legte die Hand auf den Schwertknauf.
„Ich nenne ihn einen Erbschleicher“, fauchte Wunnemine zurück.
Der Raum geriet zunehmen in Aufruhr. So mancher verließ den Raum, während sich andere hinter den streitbaren Enkelkindern Onthos positionierten.
Nur Alerich selbst saß fast reglos am Totenbett seines Vaters.
Immer mehr böse Worte wurden ausgetauscht und Wunnemine und Bolzerich versuchten sich mittlerweile brüllend zu übertönen.
„RUHE!“, donnerte da schließlich die Stimme von Balbine, der Äbtissin der Badilakaner in Fünfbrunnen durch den Raum. „Schämt ihr euch den nicht? Der Leib seiner Hochgeboren ist noch nicht erkaltet und schon streitet ihr über sein Erbe. Euer Streit kann zumindest warten, bis seine Hochgeboren ein anständiges Begräbnis bekommen hat.“
Beschämt senkten die Streithähne ihre Köpfe, doch die Blicke die sie austauschten zeigten, dass das letzte Wort in dieser Sache noch lange nicht gesprochen war.