Uztrutzer Umtriebe - Isidas Überlegungen
Schloss Grauensee, 21. Peraine 1038 BF/45 Hal/2030 Horas
Verehrte Frau Mutter,
seit kurzem wird auf Schloss Grauensee viel gesprochen. Oft in kleinen Gruppen von drei oder vier Koschern. Und wenn ich mich nähere, verstummen die Gespräche allzu oft oder wechseln rasch zu einem belanglosen Thema wie dem Wetter.
Doch ich wäre nicht Eure Tochter, wenn ich nicht trotzdem wüsste, worüber die Einheimischen reden: Der Familienzwist des Hauses Uztrutz beschäftigt sie. Denkt Euch nur, der amtierende Baron hat sein Erbe abgetreten, der Alt-Baron ist gestorben (er kannte das Geheimnis würdigen Alterns nicht), und die beiden jüngeren Brüder – respektive ihre Anverwandten – behaupten nun beide, der rechtmäßige Nächste der Erbfolge zu sein. Ich bin angesichts dieser Verhältnisse froh, dass Ihr die Geschicke von Trappenfurten, Urbeltor und Hlûthars Wacht früh geordnet und in die Hände meiner Brüder gelegt habt - wenngleich ich
Koradins Herrschaft über das Land an der Galebra, der sich wieder Kunibald nennt, ob seiner Härte doch mit ein wenig Sorge beobachte. Zumindest sind in der alten, nordmärkischen Heimat die Dinge geordnet.
Anders in Uztrutz: Alrich, der jüngere der beiden Anwärter, ist vor kurzem verschwunden – auf dem Weg zu einer Aussprache mit einem seiner Neffen, wie man hört. Es ist eine verworrene Lage, die eines Machtworts von Graf oder Herzog – ich meine: Fürst – bedürfte. Doch es scheint, als wolle der koscher Hochadel sich aus dieser Familienangelegenheit heraushalten.
Anders der Niederadel. Selbst Rondrabert, der gutmütige Mühlstein an meiner Kette, macht sich Gedanken über die Sache. Gut, diese sind nicht kompliziert. Aber zum einen liegt das Edlengut seiner älteren Schwester Lanzelind nur wenige Meilen nördlich von Uztrutz, in der Nachbarbaronie Drakfold. Falls der Zwist bis dorthin ausgriffe, würde er sicher Lanzelind beistehen und den Familienbesitz schützen.
Zum anderen soll sein einstiger Knappherr Gero vom Kargen Land Verbindungen zu einer Parteiung der zerstrittenen Familie haben. Wer weiß, ob der alte Ritter nicht den jungen an seine Seite bittet?
Nun ist es an der Zeit, diese Depesche zu schließen und dem Boten zu übergeben. Mich erreichte der Ruf zu einer Unterredung mit dem Grafen Wilbur vom See und dessen Truchsess, Onkel Voltan von Falkenhag. Ich frage mich, was es zu besprechen gibt? Nach dem Wohlergehen unseres jüngsten Familienmitglieds wird er sich wohl kaum erkundigen wollen – dafür ist er uns schließlich jederzeit willkommen.
Es grüßt Euch von Herzen mit den Zwölfen Eure Tochter