Der Schatz unter der Eiche
Aus Koscher Sagenwelt: Der Schatz unter der Eiche
Der Rabbatzmann hat schon so manchem Wanderer einen Streich gespielt. Mit Sicherheit ist er auch für die folgende Geschichte verantwortlich, die einem Sauhirten im Wengenholmschen widerfuhr.
Dieser hütete in Walde seine Schweine, als er zwischen den Wurzeln einer großen, alten Eiche eine Truhe entdeckte. Er öffnete sie und traute seinen Augen kaum, denn sie war bis zum Rande angefüllt mit blanken Talern. Schon wollte er sie frohgemut nach Hause tragen, aber sie war zu schwer für einen allein. Da schloss er die Truhe wieder und verbarg sie mit Zweigen, Laub und Erdreich, damit in der Zwischenzeit kein andrer sie fände. So schnell ihn seine Füße trugen, rannte er nach Hause und holte seinen Bruder, damit der ihm hälfe. Manch andrer hätte sich vielleicht zuerst die Taschen vollgestopft; doch da er seinen Schatz so gut wie sicher glaubte, tat er’s nicht. Das sollte sich als übel erweisen.
Denn wie die Brüder etwas später an die Stelle kamen, da sahen sie wohl die alte Eiche, aber zwischen ihren Wurzeln war nichts als Gras und Farn und ein paar blaue Waldblumen. Da begann der herbeigeholte Bruder laut zu schimpfen, weil er meinte, der Sauhirt habe sich einen Schabernack mit ihm erlaubt. Dieser aber schlug sich voll Ärger an die Stirn und wünschte, er hätte wenigstens ein paar Taler, um die Geschichte zu beweisen.
Doch wer weiß, ob die überhaupt noch da gewesen wären und sich nicht in wertlose Kiesel verwandelt hätten, wie’s bei Kobolds- und Feengeschenken zu geschehen pflegt.
Aufgezeichnet von Karolus Linneger