Der Einsiedler auf dem Großen Fluss

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Ausgabe Nummer 17 - Hesinde 1020 BF

Der Einsiedler auf dem Großen Fluß

Erneutes Efferdszeichen oder bloßer Wirrkopf?

GRANTELWEIHER. Im späten Boronmonde, als erstaunlich früh die ersten Eisschollen den Großen Flusse hinuntertrieben, sichteten die Bewohner des kleinen Ortes Grantelweiher ein merkwürdiges Floß auf dem kalten Strome. Der alte Norre wollte seinen schlechten Augen kaum trauen, als ihm gewahr wurde, wer dem Dorfe seinen Besuch abstatten wolle: „Bruder“ Emmeran nämlich.

Emmeran ist ein gar sonderbarer Zwerg, der sich seit vielen Götterläufen für einen „Erkorenen“ des Flußvaters hält, und mit seinem sonderbaren Gefährt, einem in langjähriger Arbeit mit unzähligen Flußmuscheln geschmückten Hausfloß, über den Großen Fluß „pilgert“. Zuletzt hatte man ihn hier vor über dreißig Jahren erblickt, und da ihn die Bewohner des Flußufers ohnehin nie „für voll“ genommen hatten, glaubte man schlicht, daß es den kauzigen Alten bei einer tückischen Stromschnelle „erwischt“ haben mochte.

Und nun, nach dieser langen Zeit stand er wieder genau so da, wie er damals hinfortfuhr, mit seinen verfilzten, viele Spann langen Haupt- und Barthaaren, und seinem knorrigen Stock:

„Der Flußvater hat mich, wie schon das güldene Fischlein (womit er wohl das im Kurier Nr. 15 geschilderte Efferdwunder meinte), geschickt, um Euch zu warnen. Er hat mir offenbart, daß auch jene, die an seinem jungen Ufern leben nicht von der Finsternis verschont bleiben werden, wenn sie nicht fromm sind und bereuen.

Doch all jenen, die reinen Herzens sind und glauben will er seine gütige Hilfe offenbaren. Darum wurde ich gesandt, mit Eurer Hilfe auf der Namenlosen Insel* eine Zufluchtsstätte einzig aus Flußmuscheln zu errichten, auf daß ...“, in diesem Moment aber begann die Mehrheit der inzwischen versammelten Dorfgemeinschaft herzlich zu lachen und wieder vor die warmen Kamine zu gehen.

Nur wenige wollten ob des allgemeinen Zweifels den Worten des seltsamen Gesellen Glauben schenken. So folgten am Ende nur zwei Grantelweiherer dem „Ruf des Flußvaters“. Doch Bruder Emmeran dürfte nicht aufgeben, nun auch in anderen Orten an den Ufern von Großem Fluß, Ange und Breite nach Helfern zu suchen, denn wer den Alten noch aus alten Zeiten kennt, der weiß, daß sich bei ihm wirrer Geist und zwergische Hartnäckigkeit paaren.

L. C.

  • Die „Namenlose Insel“ ist eine von den vielen Inseln und Felsen im Großen Fluß. Sie liegt gegenüber von Gerrun und soll schon gar manchem Treidler das Leben gekostet haben — woher wohl auch der finstere Name stammt. Jedenfalls ist dieses Gestein den Schiffern noch nie so recht geheuer gewesen, und man macht abergläubisch stets einen Bogen darum.