Prüfstein der Geduld

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Ausgabe Nummer 36 - Peraine 1027 BF

Prüfstein der Geduld

Suche nach dem Artefakt der Heiligen Ingrimiane dauert an

BRN. TWERGENTRUTZ. So viel begangen und befahren die Reichstraße über den Greifenpass den größten Teil des Jahres ist — als eine der beiden großen Verbindungen vom Westen des Reiches in die Inneren Provinzen —, so spärlich wird der Verkehr in den Wintermonaten. Ja, wenn es Herrn Firun gefällt, nicht nur die hoch aufragenden Spitzen der Koschberge, sondern auch die Täler und Sättel, durch die sich die Passstraße schlängelt, über und über mit Schnee und Eis zu bedecken und Lawinen drohen, dann hilft auch der Schippdienst nicht, zu dem die Hörigen der Dörfer und Weiler am Pass verpflichtet sind. Spärlich nur wagen einzelne Reisende die Querung: alte Krambolde, erfahrene Beilunker Reiter oder übermütige Wandergesellen und Abenteurer. Wer auf dem Pass von bösem Wetter überrascht wird, sitzt mitunter Tage in einer halbleeren Herberge fest, bevor ans Weiterreisen zu denken ist. In diesem Winter aber konnten sich einige Wirte über mangelnde Kundschaft nicht beklagen: Denn die Suche nach dem Schleifstein der Heiligen Ingrimiane war bei Wintereinbruch noch nicht abgeschlossen, und eine nicht geringe Schar Menschen und Zwerge dennoch nicht gewillt, von ihrem ingerimmgefälligen Tun abzulassen.

Wir erinnern uns: Wieder einmal war das zu Angbar bewahrte Artefakt der Heiligen Ingrimiane durch hunderte und tausende von Waffenweihen bis zu einem winzigen Kiesel abgeschliffen. Jenen trug man, wie es der Brauch vorsieht, zu einem Hang am Greifenpass und ließ ihn herabkullern, auf dass er den Weg zu einem neuen, von der Heiligen gesegneten Schleifstein weise. So war dies seit dem Wirken der Heiligen jedes Mal geschehen, und stets hatte man spätestens nach einer oder zwei Wochen den erwählten Stein gefunden.

In diesem Jahr allerdings war den Ingerimmsjüngern kein schneller Erfolg beschieden, und als sich abzeichnete, dass sie womöglich vor dem Winter kein Glück haben sollten, reisten einige weniger Standhafte enttäuscht nach Hause; eine noch größere Anzahl von Gläubigen aber kam eben nach Twergentrutz, um die Aufgabe doch noch zu erfüllen.

Der erste Schnee war gefallen und liegen geblieben, da traten deutliche Meinungsverschiedenheiten auf: Die einen wollten den Worten der Geweihten Ingrimiane Lohsack folgen. Die Schülerin des Ibralosch, Sohn des Igen, forderte von den Gläubigeren ein inbrünstigeres Preisen des Gottes, das seinen Ausdruck unter anderem im nächtlichen Suchen bei Fackelschein und lauten Gesängen zu Paukenklang und Ambossschlag fand.

Ein anderer Teil der Pilger entschloss sich hingegen, auf die Findigkeit von Meister Growunom zu vertrauen, der mittels Rechenkünsten und einem möglichst durchdachten Suchsystem den neuen Schleifstein aufzuspüren gedachte. Diese anfänglich kleinere Gruppe wuchs deutlich an, nachdem die Äbtissin vom Traviagefälligen Kloster der Inniglichen Heimkehr Unserer Schwester Vieska von Wengenholm, in welchem der Großteil der Pilger Obdach gefunden hatte, die Geweihte Lohsack aus ihren Mauern verwies. Die heißblütige Priesterin hatte sich geweigert, ihre Ingerimmsdienste wie gefordert weniger lautstark zu feiern, was nach Ansicht der Äbtissin verhinderte, den Pilgern anderer Götter, die den Zwölfergang wanderten, und einfachen Reisenden die traviagefällige Erholung auf ihrem beschwerlichen Wege angedeihen zu lassen. So verteilten sich Ingrimiane Lohsack und ihre Getreuen auf andere Herbergen bis hinunter nach Trottweiher, und es entbrannte ein stiller Wettstreit, welche der beiden Pilgergruppen den Heiligen Schleifstein finden sollte.

Bisher ist dies aber noch niemanden gelungen, doch hat die Suche und der Streit der Ingerimmsjünger für Unruhe am winterlichen Pass gesorgt. Es heißt es, dass die Brüder und Schwestern vom Orden des Hüters von ihrem in einem Nebental verborgenen Kloster aus die Anstrengungen der Ingerimmsjünger argwöhnisch beäugen, zumal, seit sich der Zwerg Growunom mit der Zauberin Domaris getroffen haben soll, die in einem Turm am Pass haust. Die kleine Schar der Golgariten, die auf der Burg des Barons von Twergentrutz ansässig ist, und der Baron selbst sind hingegen noch kaum in Erscheinung getreten.

Die Landsassen kratzen sich da zuweilen am Kopf. „Vielleicht war es doch ein Segen des Heiligen Kupperus, als das große Beben anno 10 den Pass sperrte“, meinte die Altmeisterin Trave Grunstrott sogar: „Der Überfall des Greifax, das seltsame Treiben von Golgariten und Bannstrahl-Kriegern in den Ruinen der Burg Koschwacht, der von Thorwalern aufgesperrte Stauweihers, was eine ganze Ladung Trottler Käse hinab gen Angbar schwemmte, und zuletzt der Durchzug von nordmärker und albernischen Heerscharen (wenn auch im Frieden) — all das und mehr noch wär’ uns erspart geblieben in den Jahren seitdem.“

Burgholdin der Jüngere