Das Eherne Angbar (3)
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Das Eherne Angbar (3)
Lange Zeit ist es her, daß wir in unserer Reihe einen Blick auf die Fürsten- und Reichsstadt taten — das wollen wir nun nachholen.
Glockenschmied Butterbrodt
Die Glockenschmiede des Tradan Butterbrodt erfüllt einen wichtigen Zweck: Die Bauern in den Bergen lassen ihr Vieh nämlich frei auf den Weiden herumwandern, damit es an die saftigsten Kräuter kommt. Am Abend werden die Tiere dann wieder eingesammelt, doch in den zerklüfteten Hängen ist es oft nicht leicht, sie alle wiederzufinden. Deshalb hängen die Bauern den Tieren Glocken um den Hals, die bei jedem Schritt schlagen und so anzeigen, wo die Trägerin sich aufhält.
Diese Glocken werden in der Manufaktur Butterbrodt hergestellt, aus Kupferblech, welches die Koschimer Zwerge liefern. Neun Gesellen arbeiten in dem langen Steinbau: Drei Schmiede hämmern das Blech zu Glockenform, drei weitere Schmieden den Klöppel in der Esse, und drei Arbeiter befestigen die Klöppel und die Halsbänder, die Tradan Butterbrodt bei der Gürtelmacherzunft anfertigen läßt.
Die Manufaktur stellt Glocken für den ganzen Kosch her und ist ein einträgliches Geschäft für ihren Besitzer - der selbst nicht an der Herstellung beteiligt ist, denn Tradan ist nicht Schmied, sondern Kaufmann. Die Schmiedezunft ist demzufolge über dieses Eindringen eines Pfeffersacks in ihre Domäne alles andere als erfreut. Schon seit längerer Zeit fordern die Zunftoberhäupter nicht nur der Schmiede beim Stadtvogt Maßnahmen gegen Herrn Butterbrodt. Aber der Vogt ist ja selbst ein Kaufmann.
Die beiden Alchemisten Elida Hopfman und Larosch, Sohn des Sandosch forschen in ihrer rußgeschwärzten Werkstatt am Seeufer nicht nach dem Stein der Weisen. Auch Kraft- und Schönheitstränke anderen überlassen sie andern. Das ungleiche Paar interessiert viel mehr, wie sich Speisen länger haltbar machen lassen, wie man verhindert, daß das Bier warm wird oder auf welche Weise die eisernen Kreuzer vor dem Rosten bewahrt werden können. Einige Resultate dieser Forschungen sollen ihren Weg über die Empfehlung Graf Orsinos bis in das Haus der kaiserlichen Familie gefunden haben.
Elida Hopfman, Tochter einer Brauersippe, und Larosch, Sohn des Sandosch, lernten sich in Koschtal kennen. Larosch, gerade von einer Abenteuerfahrt zurückgekehrt, schüttete einen Eimer aus dem Fenster, in dem er seine Axt gewaschen hatte. Das Schmutzwasser spritzte genau in einen Bottich mit frischem Gerstenextrakt, den Elida zu ihrer Mutter trug. Empört stellte Elida den Schuldigen und forderte, daß er den Schaden ersetze. Der aber zeigte ihr stattdessen ein Verfahren, wie sich das Wasser über dem Feuer wieder vom Extrakt trennen ließ. Diese Geschichte war der Anfang einer tiefen Freundschaft, die die beiden schließlich nach Angbar brachte, wo sie dank eines Darlehens der Familie Markwardt eine Werkstatt eröffnen konnten.
Obwohl die Forschungen von Hopfman und Larosch recht erfolgreich waren, sind die Schulden noch nicht abbezahlt, denn das Paar weiß zwar mit Mörser und Destillierofen umzugehen, nicht aber mit Dukaten. Die beiden hoffen, mit ihrem größten Projekt endlich alle Geldsorgen loszuwerden: ein Elixier, das schmutzige Kleider durch bloßes Eintauchen wie neu werden läßt, ohne daß die Waschweiber sich beim Schlagen die Knie wundscheuern und den Rücken krumm beugen müssen.