Scharfe Differenzen auf dem Grafschaftskonvent der Gratenfelser

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Ausgabe Nummer 16 - Praios 1020 BF

Scharfe Differenzen auf dem Grafschaftskonvent der Gratenfelser

GRATENFELS / NORDMARKEN. Die Sonne strahlte vom Himmel, als wuerd’ PRAios selbst diesen ersten Tag im RONdramond 27 Hal segnen, an dem die Baroninnen und Barone, die Edlen und Voegte der Landgrafschaft Gratenfels ihren Einzug in die Stadt gleichen Namens hielten, um ihrem Lehnsherrn, dem Landgrafen Alrik Custodias, Rechenschaft fuer den vergangenen Goetterlauf abzulegen.

Die ganze Stadt war mit einem Trubel erfuellt, wie es ihn seit dem PHEx vor 16 Jahren nicht mehr gegeben hatte (als naemlich Seine Hochwohlgeboren die Herrschaft antrat). Fahrende Haendler aus Honingen und Elenvina, aus Angbar und aus Albenhus hatten ihre Staende aufgebaut und priesen lautstark ihre Waren. Wunderheiler warben fuer Alchemica und Tinkturen, Gaukelvolk zeigte seine Künste und Wahrsager orakelten ueber die Zukunft (und verhießen wenig Gutes in diesen Tagen, musz man sagen).

Jede Ankunft eines Adeligen aber war ein Hoehepunkt fuer sich. Seit dem fruehen Vormittag zogen die Gesandtschaften der 22 Gratenfelser Baroneien vom Stadttor zur graeflichen Residenz „Kargentrutz“. Die Ehrengardisten standen Spalier — schneeweiße Röcke mit dem Turmwappen trugen sie, blitzblank waren Rüstungen und Waffenzeug poliert — um die hohen Herrschaften zu ehren, zugleich aber, um das gaffend Volk daran zu hindern, den Aufzug derselbigen unbotmaeszig zu stoeren.

Schlieszlich, das Praiossrund hatte seinen hoechsten Stand bereits passiert, hatten sich 24 der 27 geladenen Adelsleut im Rittersaal eingefunden, und mit wohlgemessenen Worten eroeffnete der noch immer stattliche Landgraf den Grafschaftskovent des Jahres 27 Hal. Wie auch in den Jahren zuvor unterrichteten die Barone Seine Hochwohlgeboren vom ueberwiegend schlechten Zustand ihrer Finanzen.

Mit borongefaelliger Ruh liesz sich der der Landesherr von den Sorgen und — zugegeben wenigen — erfolgreichen Jahresabschluessen seiner Vasallen Kund tun. Seine Antwort auf die Forderung einiger besonders aermlich auftretender Barone um Bodar von Firnholz nach „graeflicher Unterstützung“ lautete wie folgt:

„Dafuer, daß Gratenfels als eines der fruchtbarsten Gebiete des Reiches gilt, von vielen im Isenhag und Albenhus — von den Hungerleidern auf dem Kosch moegen wir gar nicht reden* — als Kornkammer beneidet wird, dafuer sind Eure Ertraege wirklich gering. Doch solltet Ihr, anstatt in Eure eigene Schatulle einmal für Euer Lehen wirtschaften. Wenn Euch dies miszlingt, so koennen Wir gern Seiner Majestät, dem Reichsbehüter, die Einsetzung faehigerer Barone vorschlagen, so wie Wir’s vor fuenf Goetterlaeufen schon einmal taten.“

Hernach lauschte der Landgraf geduldig den Forderungen eines kleinen Teils der Adelsleut unter Wortfuehrung des Barons von Orgils Heim an, man solle beim kommenden Garether Hoftag fuer die Aufhebung des Landfriedens stimmen. Auf diese Forderung wurde in der muehsam zusammengestellten Gruszadresse an das Kaiserhaus jedoch nicht eingegangen.

Fast einen Eklat provozierte Baron Wunnemar von Ambelmund (der zugunsten Ihrer Hochgeboren Veriya von Trappenfurten den Platz zur Rechten des Landgrafen hatte raeumen müssen) beim vermeintlich nichtigen Topicum „Verschiedenes“. Eindringlich wies er darauf hin, dasz der in Ambelmund lebende Herr Argolf tatsaechlich ein Sohn des in der Answinzeit verschwundenen Ignavus von Kahnhalt zu Trappenfurten sei. „Jetzt ist aber Schluß, von Ambelmund!“ unterbrach der Landgraf ungehalten die schier endlose Rede des Barons. „Ihr strapaziert unsere Geduld! Die Sache ward an hoeherer Stelle in der Hauptstadt entschieden.“

„Aber Euer Hochwohlgeboren, ich habe hieb- und stichfeste Beweise, daß Argolf von Kahnhalt Anspruch auf das Lehen seines Vaters — nämlich die Baronie Trappenfurten — hat.“

Der Landgraf seufzte: „Wir sind verwundert, daß Wir Euch noch immer belehren müssen, Baron. Im Falle des Verschwindens eines Lehnsvasallen prueft allein der Kaiser oder sein Vertreter nach zweijähriger Wartefrist, wer als Nachfolger für das Lehen in Frage kommt.“

„Aber Kahnhalt ist ein altes und ehrwürdiges Haus“, warf Ulfried von Orgils Heim ein.

„Wie’s sich beim gleichzeitigen Verschwinden Ignavus’ und der Trappenfurter Staatsschatulle am Ende der answinistischen Usurpation zeigte“, fuegte laechelnd Veriya von Tsafelde an. „Seine kaiserliche Majestät hat mich fuer wuerdig befunden, die Nachfolge derer von Kahnhalt in Trappenfurten anzutreten. Wenn Ihr’s nicht ertragen koennt, dasz eine Frau wie ich in dieser Runde sitzt, dann moegt Ihr dem Konventum ferne bleiben.“

Eine kurze Pause folgte. Dann fuhr die Baronin, noch immer laechelnd, fort: „Oder wollt Ihr das Wort unseres Herrn und Reichsbehueters in Frage stellen?“

Der Ambelmunder lief vor Wut rot an, konnt’ aber keine passende Antwort finden. Da hieb auch schon der Landgraf auf die Tafel: „Jetzt ist aber wirklich genug! Baron Wunnemar, setzt Euch und haltet den Mund. Die Baronin hat recht, der Reichsbehueter hat entschieden, und Wir werden seine Weisungen durchsetzen! Wir wollen kein Wort mehr in dieser Sache hoeren.“

Am folgenden Morgen wurden die Schloszbewohner und Gaeste durch lautes Geschrei und Geklopfe geweckt. Der Laerm kam eindeutig aus dem Gemach der Trappenfurter Baronin! Lautstark und ausgesprochen zornig forderte sie alle in der Naehe weilenden Personen auf, endlich ihre Zimmertüre zu öffnen. Zwischendurch schimpfte sie, ebenso lautstark, doch weitaus derber, auf eine zweite, sich in ihrem Zimmer befindliche Person.

Nachdem die tobende Edeldame befreit war, konnte endlich etwas Licht in die Affaire gebracht werden. Offenbar hatte sich der Kutscher des Barons von Firnholz, vom immensen Alkoholgenusz in der Gesindestube verwirrt, justament im Zimmer der Baronin zur Nachtruhe begeben, die Tuere zugesperrt und den Schluessel verlegt.

Aus der zusammengelaufenen Menge wurden zwar in andere Richtungen gehende Spekulationen geaeuszert, bis Baron Hadomar von Urbeltor, der Verlobte Ihrer Hochgeboren Veriya, einen Laesterer aus dem Gefolge des Ambelmunders mit einem ansatzlos gefuehrten Kinnhaken in MARbos Arme geschickte hatte und die Anzueglichkeiten verstummten. Dennoch beschraenkte Ihre Hochgeboren an diesem zweiten und letzten Tage des Konvents den Kontakt mit den uebrigen Adeligen auf ein Minimum und reiste in aller Eile ab.

Die Versammlung kommentierte Ulfried von Streitzig von Orgils Heim: „Wohl hat der Landgraf abermals seine Autorität untermauert. Aber sollten sich Hochwohlgeboren über die Maszen auf Seiten neuen Edelleute stellen, will er nicht die Angehörigen alter und ehrenweter Adelshaeuser vor den Kopf stoszen. Herr Alrik hingegen sitzt noch keine zwanzig Goetterlaeufe auf dem Grafenthron. “

W. S.

* Hier bedient sich Se. Hwg. in der Tat trefflicher Ironie, um seine Vasallen zu besserer Wirtschaft anzuhalten — Anm. d. Schriftleitung.