Mit Vers und Reimen wohl verziert: Unterschied zwischen den Versionen
(Die Seite wurde neu angelegt: „{{Briefspielindex |Titel=Mit Vers und Reimen wohl verziert |Reihe=Kosch-Kurier 57 |Teil=9 |Datum=04.1036 |Zeit= |Autor={{Briefspieler|Benutzer:Wolfhardt| Wolfh…“) |
Keine Bearbeitungszusammenfassung |
||
Zeile 2: | Zeile 2: | ||
|Titel=Mit Vers und Reimen wohl verziert | |Titel=Mit Vers und Reimen wohl verziert | ||
|Reihe=Kosch-Kurier 57 | |Reihe=Kosch-Kurier 57 | ||
|Teil= | |Teil=8 | ||
|Datum=04.1036 | |Datum=04.1036 | ||
|Zeit= | |Zeit= |
Version vom 8. Dezember 2021, 08:34 Uhr
◅ | Mit Vers und Reimen wohl verziert |
|
Behaglich und gut koscher | ▻ |
Mit Vers und Reimen wohl verziert
Das „Dotterhaus“ zu Oberangbar
Ein trutziger alter Turm, das Urbild aller Bergfriede, so möchte man meinen, thront wie ein riesiger Humpen auf der Spitze des Oberangbarer Stadthügels. Efeu umrankt die verwitterten Mauern, Elstern und Eulen nisten im Gebälk, doch von dem Dach weht munter und frisch das Wappen der Baronie: das elfspeichige Wagenrad auf rotem Grund. Dies ist die „Alte Trutz“, in längst vergangenen Zeiten wehrhafter, doch wenig heimeliger Sitz der Barone, heute beherbergt der Turm nur noch die Wachstube und Waffenkammer der städtischen Garde sowie einige dunkle Kerkerzellen.
Die „Alte Trutz“ ist eines der wenigen ganz aus Stein errichteten Gebäude des Ortes, denn gutes Baugestein ist rar und entsprechend teuer in dieser Gegend, doch dafür gibt es reiche Vorkommen an Lehm und Stroh, und solides Bauholz wird regelmäßig aus Wengenholm die Ange herab geflößt. So kommt es, dass nicht Schindeln und Mauersteine, sondern farbenfrohe Fachwerkfassaden das Stadtbild Oberangbars prägen.
In diesem Stil ist auch der neue Baronssitz errichtet: ein stattliches, zweigeschossiges Herrenhaus mit einem Flügel zur Rechten und Linken, geziert von allerlei Erkern, Türmchen und ausladenden Dachgauben, welche die strenge Symmetrie der Anlage auflockern und ihr ein freundliches Aussehen verleihen. Hinzu kommt, dass die Fassaden in einem leuchtenden Goldgelb gehalten sind, weshalb der Volksmund dem Bau in seinem unnachahmlichen Schöpfungsgeist den Spitznamen „das Dotterhaus“ verliehen hat. In die dunklen Querbalken des Fachwerks hat der Baron Wolfhardt von der Wiesen Verse aus seinen eigenen Liedern und Balladen eingravieren lassen; die mit roter oder goldener Farbe ausgemalten Lettern sind besonders an sonnigen Tagen gut zu lesen: Hier ist mein Herd und mein Heim und Haus, ein Zitat aus dem „Lied des Heimkehrenden“, steht da an der südwärtigen Fassade geschrieben; gen Norden aber, nach Greifenfurt zu, prangen die Verse: So schön, so mild, so klug, so kühn, so stark, / Die Greifin, Irmenella, Stern der Mark!
Während manche der Untertanen diesen Zierrat für reichlich eitel halten, haben andere bereits begonnen, die Idee zu übernehmen und ihre eigenen Häuser mit frommen Sprüchen oder alten Bauernregeln zu schmücken. Keiner aber stört sich daran, dass über dem Portal des „Dotterhauses“ der altehrwürdige Satz Dûr koschima borod egrai steht.
Im Inneren des herrschaftlichen Hauses ist besonders das Musikzimmer zu erwähnen, das eine kleine, aber feine Sammlung von Saiten- und Blasinstrumenten beherbergt, die dem kunstsinnigen Baron nicht nur als Wandschmuck dienen. Rondragefälliger ist die Ausstattung des Speisesaales, die aus einer Reihe schöner Rüstungen und Waffen besteht. Diese Sammlung ist einer der zahlreichen Streitpunkte zwischen dem Herrn Wolfhardt und der Junkerin Cathine von Unterangen, der Tochter des vormaligen Barons Tradan; dieser hatte die Sammlung nämlich um einige wertvolle Stücke erweitert. Doch vor allem Frau Rondralieb, die Schwester des Barons, hat es bislang verstanden, alle Forderungen der Rivalin abzuschmettern, so dass die Sammlung noch immer ungeteilt im Speisesaal zu bewundern ist. Im linken Flügel stehen nicht nur für befreundete Adelige einige Gästezimmer bereit, sondern auch reisende Künstler und Gelehrte haben schon öfters gastliche Aufnahme gefunden.