Liebe geht durch den Magen - Freier wider Willen

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Hohentrutz, 1035

Der Abend senkte sich auf Hohentrutz herab.
Mit frisch gestopfter Pfeife hockte Roban am Rand des Hügels und ließ den Blick über die bescheidenen Felder der Siedlung schweifen. Jetzt, im Rahja, wirkte alles beschaulich und hübsch. Das Moor war im abendlichen Dunst kaum mehr als solches zu erkennen, mehr eine stumme Bedrohung als eine wirkliche Gefahr.
Der Ritter setzte die Pfeife in Brand und blies die ersten Wolken in die Luft. Dann kniff er die Augen zusammen, sprang auf.
"Da soll mich doch...", brummte er unwillig und setzte sich in Bewegung. Von Rahja her kommend nahte ein einzelner Mann durch das Moor. Nicht das erste Mal, dass Reisende von Hammerschlag her nach Hohentrutz kamen, und eigentlich immer am Abend, denn selbst bei strackem Tempo brauchte man den ganzen Tag, um die Wegstrecke zu bewältigen.
Doch beim Näherkommen musste Roban feststellen, dass es dieses Mal kein einfacher Reisender war, der sich der kleinen Siedlung näherte. Der unverkennbare Greven-Stecken, den er bei sich führte, und die Kleidung mit dem Wappen des Fürsten wiesen ihn unverkennbar als Garde-Greven aus.
"Ist dies die Siedlung des Herrn Roban Grobhand von Koschtal?" rief er schon von weitem.
"Sie ist es!?"
Roban legte die Stirn in Falten. Ein Garde-Greven, hier in Hohentrutz, und er hatte auch noch hierher gewollt?
"Und seid Ihr selbst der Herr Grobhand von Koschtal?" fuhr der Greve fort.
"Bin ich!" sagte Roban vorsichtig. Hatte er was ausgefressen? In letzter Zeit hatte den Grafen Wilbur mit manch unfeinem Wort bedacht, seit der Sache am Trolleck, aber immer nur im Kreis seiner Siedler. War trotzdem was davon nach außen gedrungen, und hatte dieses Milchgesicht ihn gar beim Fürsten angeschwärzt?
Der Garde-Greve nannte seinen Namen, doch angesichts dessen, was er ihm anschließend offenbarte, vergass Roban ihn sofort wieder.
"Meine Aufgabe ist es, Euch während Eurer Brautwerbung für die Edle Anglinde von Mackenstein zu begleiten und zu beaufsichtigen!"
Der Ritter blinzelte einige Male verwirrt.
"Brautwerbung? Mackenstein?" wiederholte er. "Ich werde um keine Braut! Und diese Anglinde von Zackenschwein kenne ich gar nicht!"
"Mackenstein", korrigierte der Greve ruhig. "Und ich soll Euch dieses Schreiben von Eurem Vater aushändigen, sobald Ihr von meiner Aufgabe unterrichtet seid."
Der Greve zog einen gesiegelten Brief aus dem Wams. Das Siegelwachs trug das Wappen der Baronie Roterz. Roban erbrach es, las, schüttelte den Kopf, las noch einmal.
"Ich scheiß die Wand an", flüsterte er ungläubig.

Spät in der Nacht hockte Roban am Tisch und versuchte, seinen Frust mit den ohnehin schmalen Schnapsreserven zu ertränken. Wirklichen Erfolg hatte er damit nicht.
Die Nachricht von der Brautwerbung, zu der sein Vater ihn einfach gemeldet hatte, hatte im Kreis der Hohentrutzer zum Teil für ungläubiges Staunen, zum Teil für Belustigung gesorgt. Nur wenige hatten die Frage gestellt, was mit Hohentrutz war, wenn Roban wider Erwarten gewinnen sollte. Besonders viele Chancen billigte ihm wohl niemand zu, nicht einmal er selbst. Aber schon die bloße Möglichkeit...
"Versuchst du immer noch, dir die Sache schön zu trinken?"
Danja hatte ihre Nische verlassen und zog sich jetzt einen Schemel heran.
"Klappt sowieso nicht", brummte Roban mürrisch. "Mich einfach verheiraten zu wollen...ich fass es einfach nicht! Wie komm ich aus der Geschichte wieder raus!"
Danja schmunzelte ein wenig.
"Dies, werter Roban, sollte dir ein Leichtes sein. Mag diese Zuckerbäckerin, die dein Vater dir zur Seite stellt, auch noch so versiert sein – wenn du dich gegenüber dieser Dame einfach so benimmst, wie du es meist zu tun pflegst, hast du weniger Chancen als ein blinder Ork auf dem Greifenfurter Marktplatz! Es sei denn, diese Anglinde ist vom gleichen Schlag wie du, dann bist du so gut wie unter der Haube. Kennst du die Dame überhaupt?"
"Ach, nicht die Spur!" fuhr Roban kurz auf. Einige protestierende Schnarcher von diversen Schlafstätten veranlassten ihn aber, die Stimme gleich wieder zu senken.
"Was weiß ich, was das für eine Bratpfanne ist. Vermutlich fett wie ein Oger und hässlich wie die Nacht, sonst müsste sie ja nicht so einen saudummen Wettbewerb vom Stapel lassen! Backwettbewerb, wer kommt denn auf so einen Mist! Anständige Adlige tragen ein Turnier aus, einen Zweikampf, ein Gestampfe – sie duellieren sich doch nicht mit Pfannenwender und Teigrolle!"
"Zumindest scheint die Dame recht kultiviert zu sein", grinste Danja. "Und in diesem Fall, werter Roban – sei einfach zu selbst, und du bist ausgeschieden, noch ehe sie den ersten Bissen des Backwerks herunter geschluckt hat. Das ist so sicher wie der Gong-Schlag in der Praios-Messe!"
Roban rang sich ein schiefes Lächeln ab. Das klang beinahe schon zu einfach. Hoffentlich kam er auf diese Weise wirklich aus der Sache wieder heraus. Und das möglichst so elegant, dass ihm sein Vater nicht anschließend die Hammelbeine lang zog.