Liebe geht durch den Magen - Welches Herz bleibt hart bei einer Apfel-Weißwein-Tart?

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Lûr, im Ingerimm 1035 BF

„Nein, nein und nochmal nein!“
Rainfried schritt mit offensichtlich schlechter Laune vor seiner Großmutter im Kreis.
„Ich bin nicht den weiten Weg von Grimsaus Ehr hierher gekommen, um mir DAS anzuhören!“
Brodlind von Bärenstieg saß völlig ruhig in dem Sessel vor dem knisternden Kamin, und beobachtete ihren Enkel, wie er sich vor ihr echauffierte.
„Manchmal bist du deinem Vater sehr ähnlich, weißt du das?“
Der Grimsauer blieb wie angewurzelt stehen.
„Genauso sturköpfig, und genauso unvernünftig.“
„Sturköpfig, weil ich nicht das mache, was du willst?“
An der Schläfe Rainfrieds begann sich eine Ader deutlich abzuzeichnen.
„Unvernünftig, weil ich mich nicht verschachern lassen will wie ein Stück Vieh? Von meiner Großmutter?“
Seine Stimme wurde immer lauter. Brodlind blieb immer noch völlig ruhig.
„Nein, Enkel. Sturköpfig, weil du immer noch meinst, dass sich eine Rahjani für dich aufhebt.“
Rainfrieds Gesicht nahm die Farbe einer überreifen Pflaume an, und die Zornesader wurde noch prominenter.
„Und unvernünftig, weil du nicht sehen willst, dass das Haus Grimsau langsam einen Stammhalter braucht. Du wirst nicht jünger, und die Kraft in deinen Lenden wird auch irgendwann versiegen.“
Die Rötung im Gesicht des Grimsauers hatte seinen Ursprung nun nicht mehr in der Wut. Mit offenem Mund, ohne zu wissen, was er sagen sollte, starrte er seine Großmutter an.
„Nun stell dich nicht so dumm und mach den Mund zu. Du siehst lächerlich aus. Wenn dich so jemand sieht, könnte man meinen, du wärst als kleines Kind auf den Kopf gefallen.“
Schwer erhob sie sich mit Hilfe ihres Gehstocks aus dem Sessel. „Und außerdem wird es auch einmal Zeit, dass deine Schutzbefohlenen in diesem mehrfach verfluchten Sumpf zeigen, wozu sie fähig sind.“
Die Spitze des Gehstocks in ihrer Hand zeigte zu Rainfried.
„Wozu hast du Imker, wenn sie dir nicht Honig besorgen könnten. Wozu hast du Müller und eine Mühle, wenn du nicht feines Mehl bekommen könntest? Und was taugt das Bäckerspaar, wenn sie nicht Honig und Mehl und was weiß ich, was der Sumpf noch hergibt, in einen wahrhaft einzigartigen Kuchen verwandeln könnten? Tränke ihn mit Wein, damit er die Sinne der zu Gewinnenden benebelt und sie nur noch Augen für dich hat.“
Jetzt wurde auch Brodlinds Stimme etwas lauter.
„Und wenn das alles nicht langt, dann schneide dem hinterhältigen Goblin einfach den Kopf ab, und präsentiere ihn der Junkerin von Mackenstein! Dann weiß sie wenigstens, dass du ihr mit der Waffe zu Schutz eilen könntest!“
Die Gehstockspitze setzte mit einem lauten Pochen wieder auf dem Boden auf.
„Flavia!“
Die Tür öffnete sich nach einer kurzen Weile und Flavia Mehring auf Munkelstein betrat den Raum, die beiden Mitgleider der Familie Grimsau mit einer hochgezogenen Augenbraue beobachtend.
„Wir müssen noch heute ein wohlwollendes Antwortschreiben an den Fürsten schicken! Natürlich mit der Annahme des Wettbewerbs.“
Flavia nickte Brodlind kurz zu.
„Ich werde es sofort veranlassen.“
„Macht hier eigentlich jeder, was er will, und nicht das, was der Baron will?“
Rainfried hatte seine Fassung teilweise wieder gefunden und fixierte seine Großmutter herausfordernd.
„Darf ich daran erinnern, dass du nur pro forma Baron bist, bis Grimsaus Ehr auf eigenen Beinen stehen kann? Auf eigenen Wunsch, wie ich betonen möchte.“
Brodlinds Stimme wurde leise, als sie ihren Zeigefinger auf seine Brust drückte.
„Und wenn ich schon nicht die Stimme meines Enkels in den Gängen hier hören kann, dann soll es wenigstens die meines Urenkels sein.“
Sie hakte sich bei Flavia ein, und ließ Rainfried nun völlig sprachlos hinter sich stehen.
„Hilf mir bitte in die Schreibstube, Kind.“
Kurz bevor sie die Stube verließ, blieb Brodlind noch einmal stehen.
„Und du, Junge, mach endlich deinen Mund zu. Das sieht sehr unvorteilhaft aus.“

„Nein, nein und nochmal nein!“
Fabiola Mehring auf Munkelstein stand ruckartig von dem Tisch auf, auf dem ein Brief mit offensichtlich unerfreulichen Nachrichten lag. Sie fixierte das Schriftstück als wäre es eine giftige Natter.
„Das darf nicht sein! Nicht, wo wir schon so nah am Ziel sind! Wie kann sie sich nur so ungeschickt anstellen!“
Die Junkerin ging zum Fenster des Turmes, die Hände zu Fäusten geballt.
„Erst wirft sie sich an einen landlosen Adligen weg, und lässt sich ein Balg unterschieben. Und jetzt, wo sie sich einen Baron angeln könnte, schafft sie das Gleiche nicht.“
Sie schrie das Fenster frustriert an.
„Stattdessen lässt sie sich von der alten Schachtel herumkommandieren wie eine Kammerzofe! Wenn das unser Urgroßvater noch erleben müsste, er würde sich unser schämen.“
Sie eilte zum Tisch, griff mit der linken Hand nach dem Brief und knüllte ihn in Wut zwischen den Fingern zusammen.
„Drei Geschwister, und keines schafft es, die Würde des Hauses wieder herzustellen.“
Mitten in der Bewegung verharrte Fabiola.
‚Drei Geschwister‘, ging ihr durch den Kopf. ‚Warum sich darüber aufregen, dass der vermeintliche sichere Fang davon schwimmt. Man muss ja einfach nur dafür sorgen, dass ihn kein anderer Fischer bekommt.‘
„Soso, Der Baron von Lûr versucht sich auf Freiersfüßen.“
Auf Fabiolas Lippen kam ein Lächeln.
„Wollen wir doch einmal sehen, in wie viele Fettnäpfchen er mit eben jenen Füßen treten kann.“
Sie setzte sich wieder an den Tisch, glättete den zerknüllten Brief mit den Händen, legte ein frisches Blatt vor sich und begann zu schreiben.
„Geliebter Bruder, es hat sich eine Situation begeben, die deine schnelle Anwesenheit erfordert...“