Liebe geht durch den Magen - Waldbeerküchlein in Mistelstein

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Mistelstein, Ingerimm 1035 BF

"Ich soll was?"

Der Junker von Mistelstein starrte seine Vögtin entgeistert an. Fast hätte er sich an einem der Waldbeerküchlein verschluckt, die er gemeinsam mit der wie immer gut gelaunten Hügelzwergin bei einem Nachmittagstrunk verzehrte.

"Nur die Ruhe, Boronar", beschwichtigte Muroscha Apfelbach ihn, "ich weiß schon, wovon ich rede. Du bist ein Mensch, kein Angroscho, und deswegen hast Du nicht viele Jahrzehnte Zeit, um eine Frau zu finden. Dieser Backwettbewerb ist die Gelegenheit, um Dich bekannt zu machen. Ein Wink des Phex, dass gerade ohnehin ein Bote aus Sindelsaum zu uns wollte! So haben wir wohl schneller als alle anderen Bewerber von der Auswahlprozedur erfahren."

"Aber ich kenne die von Mackenstein doch gar nicht. Sie hat die 30 überschritten und ist sogar ein paar Götterläufe älter als ich!"

"Du wirst sie sicherlich während des Wettbewerbs kennenlernen, denn ich rechne doch damit, dass sie es sich nicht entgehen läßt, zumindest zeitweise selbst zugegen zu sein, schon allein um ihrerseits zu wissen, wer um sie wirbt! Und wie mir verschiedene Quellen berichten, ist sie über die Maßen schön! Noch bleiben ihr einige Jahre, um Kinder in die Welt zu setzen. Außerdem ist der Wettbewerb ein kluger Schachzug – dumm kann sie also nicht sein, wenigstens hört sie auf guten Rat."

"Bisher bin ich doch noch gar nicht als Bewerber in Erscheinung getreten. Wie wirkt es denn, wenn ich jetzt plötzlich ins Spiel komme?"

"Das zeigt doch nur, dass Du solche einfallsreichen Herausforderungen annimmst! Das erscheint mir zumindest besser, als vor Jahren mit Reichtum zu locken und nun notgedrungen backen zu müssen. Wer weiß, vielleicht zieht gerade deshalb so mancher seine Bewerbung zurück."

An dieser Stelle mussten beide Gesprächspartner eine Zwangspause einlegen. Zu verlockend war das frische Backwerk, das neben den namensgebenden Waldfrüchten auch noch Honig enthielt. Endlich gelang es Boronar, seine zwischenzeitlich schon arg verklebten Kiefer wieder auseinanderzubekommen.

"Also gut, nehmen wir mal an, dass ich den Wettbewerb gewinne. Dann werde ich auf Burg Felsenried ziehen müssen und kann nicht in Mistelstein bleiben."

"Aber Boronar, ich bitte Dich! Ich habe dieses Lehen über Hundert Götterläufe für den verwaltet, der einst zum Junker ernannt werden sollte! Bedenke selbst: Habe ich Dir nicht im vergangenen Jahr treu gedient?"

Boronar vom Kargen Land überlegte kurz, musste dann aber anerkennend nicken. Muroscha hatte ihn ohne jeden Groll darüber empfangen, dass er jetzt der Herr von Mistelstein war, und ihm eine Menge Ärger vom Hals gehalten. Sie würde ihn höchstwahrscheinlich überleben, so dass er sich zeitlebens keine Gedanken um einen neuen Verwalter machen musste. Ja, er hatte tatsächlich keinen Grund, daran zu zweifeln, dass sie eine gute Vögtin sein würde, wenn er selbst am anderen Ende des Koschs wohnen würde.

"Du hast recht, Muroscha. Ich würde ein gut bestelltes Lehen in die Ehe bringen. Aber was, wenn ich den Backwettbewerb verliere?"

"Auch das schadet Dir nichts, solange Du Dich nicht völlig blamierst! Schließlich hast Du nicht jahrelang auf die Mackensteiner Mitgift spekuliert! Wenn Du einen guten Beitrag ablieferst, wirst Du bei den anwesenden Richtern in Erinnerung bleiben – und wer weiß? Vielleicht ist das genau die Empfehlung, die Dir einst helfen wird, das Herz einer anderen Dame zu gewinnen."

Muroscha nutzte die Gelegenheit, um Boronars Becher erneut zu füllen. Dieser war nun endlich von ihrer Idee überzeugt.

"Also gut, so sei es! Damit ich einen guten Eindruck mache, gilt es nun zu überlegen, wen ich mir zur Unterstützung hole."

"Ich würde Dir gerne helfen, aber einer muss in Mistelstein Ordnung halten, während Du weg bist. Vielleicht frage ich einen Verwandten..."

"Das ist es!", rief Boronar triumphierend aus. "Heiliger Argelion, warum bin ich nicht gleich darauf gekommen?"

Muroscha blickte den Junker einige Momente verständnislos an, bis er es ihr erklärte.

"Mein Vater wohnt doch in Kargen und ist ein guter Freund der Hügelzwerge, die in der Nähe bei Skretin leben! Jetzt ist die Zeit gekommen, um die jahrelangen Kontakte einmal zu meinem Vorteil zu nutzen."

Die Angroscha erinnerte sich vage daran, dass ihr Herr so etwas erwähnt hatte, als er vor mehr als einem Jahr nach Mistelstein gekommen war. Mit einem lauten "Baroschem!" stießen die beiden an, bevor sich Boronar daran machte, erste Reisevorbereitungen zu treffen.