Die Zweite Neufarnhainer Tafel - Anfang Phex auf Burg Birkendamm
Anfang Phex 1033 BF auf Burg Birkendamm:
”Vier Monate?” rief der Vogt von Moorbrück. Seine Stimme überschlug sich, feine Speicheltröpfchen regneten auf den Brief, auf den er mit empörter Miene starrte.
”Dieser unverschämte Kerl! Nicht mal in diesem verdammten Sumpfloch braucht eine Einladung so lang für die paar Meilen. Er hat sie absichtlich verzögert, um mir seine Verachtung …”
Sein Redeschwall stoppte abrupt, brüsk drehte er sich zur Schreiberin Devota Lichterlohe, die den Umschlag gebracht hatte und nun mit gesenktem Antlitz wartete, ob ihr eine Antwort aufgetragen würde.
”Raus!”, schnappte Vogt Gerling. Die Frau huschte aus der Schreibstube und zog die Türe hinter sich zu. Der Vogt warf den Brief zu Boden, ging einmal durchs Zimmer, hob ihn wieder auf und legte ihn auf den Schreibtisch. Erneut überflog er die Zeilen, trommelte dabei nervös auf die Tischplatte.
”Undankbarer Rüpel!”, entfuhr es ihm noch einmal. Dann drehte er sich um, ging auf die andere Seite der Stube zum Mohagoni-Kabinett, das so gar nicht zu den kahlen, feuchten Wänden seiner Residenz passen wollte, und angelte sich eine Flasche Koschwasser. Mit Gläsern gab er sich nicht erst ab, er zog den Korken heraus und setzte an.
”Wenigstens etwas Gutes gibt dieses Drecksmoor her”, murmelte er, schon sichtlich beruhigt, und setzte sich an den Schreibtisch.
”Nur die Ruhe, Gerling. Denk nach. Was hätte der Baron von Ulmenhain getan?”
Einige lange Augenblicke wiegte der Vogt seinen kleinen runden Körper schweigsam vor und zurück. Dann stahl sich ein hämisches Grinsen auf sein Gesicht.