Liebe geht durch den Magen

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Ausgabe Nummer 58 - Notausgabe - 1035-1038 BF

Liebe geht durch den Magen

Ein Wettkampf der kulinarischen Art

Schon in den Tagen der Altvorderen waren die Koscher Lande manches Mal Austragungsort von Wettkämpfen unter Adligen, bei denen weitaus mehr geprüft wurde als Schlagkraft und Kampferfahrung. Manch einer erinnert sich noch gern an den Wettstreit zwischen Erlan von Sindelsaum und Thalian Has von Hügelsaum um den Baronstitel von Sindelsaum, bei welchen verschiedenste Koscher Tugenden wie Trinkfestigkeit und Familiensinn auf die Probe gestellt wurden.

Als es für unseren allseits geliebten Fürsten Blasius vom Eberstamm im Götterlaufe 1035 BF darum ging, einen Gemahl für seine langjährige Hofdame Anglinde von Mackenstein zu suchen, lobte er seinerseits einen Wettbewerb aus, bei dem die Kontrahenten in einer eher ungewohnten Disziplin anzutreten hatten:

Nicht im Zweikampf und Lanzengang sollten sich jene messen, welche um die Hand der bildhaft schönen und wohl begüterten Anglinde anhielten, sondern mit Kochlöffel und Teigschaber. Einen Wettbewerb in der hohen Kunst der Zuckerbäcker sollte es sein, bei der die Kontrahenten beweisen sollten, dass sie das holde Fräulein nicht nur gegen leibliche Unbill schützen, sondern ebenso leiblich zu verwöhnen wussten.

Manch ein konservativer Außerkoscher mag den Kopf schütteln angesichts eines solchen Wettstreits, doch in den Koscher Landen muss ein Edelmann wohl mehr können, als sich im Zweikampf zu beweisen.

Dennoch schien dieser ungewöhnliche Wettstreit manch einen Freier von einer Teilnahme abzuhalten, und die dennoch hohe Zahl von Bewerbern wurde durch des Fürsten Weisheit ein weiteres Mal gesiebt. So waren es am Ende nur noch acht Adlige, welche sich in diesem traviagefälligen Gewerbe zu messen hatten.

Der Fürst selbst hatte seine Garde-Greven schon lange vor dem Wettstreit entsandt, um die Recken bei ihrer ungewöhnlichen Mission zu begleiten und zu beobachten — keinesfalls wollte der die Hand von Fräulein Anglinde dem Falschen versprechen, und so achteten die Greven nicht nur auf die Einhaltung der Regeln, sondern auch auf die charakterlichen Qualitäten ihrer Schützlinge. Als man sich endlich auf Burg Felsenried versammelte, merkte man einigen der angetretenen Edelmännern die Unruhe an, während andere die Ruhe selbst blieben.

Unter den strengen Augen des ersten Hofkoches Filbu, Sohn des Filib, der die einzelnen Bewerber vorstellte, begann nun der Kampf mit Zutaten und Küchenutensilien, und schon bald wurde ersichtlich, dass einige Anwärter nur geringe Aussichten hatten, mit ihren Backkünsten zu überzeugen. Das Schiedsgericht, bestehend aus seiner Durchlaucht selbst, dem Fürstlichen Säckelmeister Erlan von Sindelsaum, dem obersten Cantzler Nirwulf, Sohn des Negromon, und natürlich Fräulein Anglinde selbst, beobachtete die Bemühungen der Freier teils mit erwartungsfrohem Wohlwollen, teils mit eher bösen Vorahnungen.

Mochte man beim Kuchen-Dreierlei des Herrn von Grimsau noch voller Vorfreude auf die Verkostung warten — bei dem, was der Herr Grobhand von Koschtal an seinem Platz zusammenrührte konnte man allenfalls hoffen, dass die Schiedsrichter das Probieren unbeschadet überstehen würden. Der Herr von Vardock schließlich schien mehr darauf bedacht zu sein, rahjagefällig auszusehen, und kümmerte sich kaum um das geforderte Backwerk.

Zwei volle Stundengläser ließ man den Kontrahenten, mehr als genug, um ihr Werk zu vollbringen, und unbarmherzig verkündete Hofkoch Filbu dennoch schließlich auch das Ende der Zeit.

Die Freier traten nun einzeln vor, um ihre Werke zu präsentieren und dem Schiedsgericht vorzulegen. Schon bald konnte man am Backwerk gewaltige Unterschiede in Sorgfalt und Kunstfertigkeit erkennen. Das als „Roterzer Beerengipfel“ deklarierte Machwerk des Herrn Grobhand von Koschtal war derart unzumutbar, dass auch einige überaus ehrliche Worte (die das Wohlwollen des Fürsten, keinesfalls aber die des Vaters des Moorbrückers erregten) nichts mehr zu retten vermochten. Den Göttern sei es gedankt, dass der Fürst beim Verkosten dieser kulinarischen Katastrophe keinerlei Schaden erlitt.

Das Kuchen-Dreierlei des Herrn von Grimsau und der Skretiner Brombeerkuchen des Boronar vom Kargen Land vermochten schon eher das Wohlwollen der Schiedsrichter zu finden, während der eher gewöhnliche Kuchen des Herrn von Vardock ebenso wenig zu punkten schien wie seine Worte. Ganz anders Wilbur von Nadoret, der nicht nur mit einem ordentlichen Backwerk, sondern auch mit einer verhältnismäßig langen und wohlgesetzten Rede zu überzeugen wusste. Iber Bockling und Edelfried von Butterbös konnten angesichts dieser Leistung kaum noch etwas hinzufügen, so dass es schließlich einzig am Schiedsgericht war, die schwierige Entscheidung zu treffen.

Weitere zwei Stundengläser zog sich das Schiedsgericht zurück, um zu probieren, zu beratenund schließlich beim gemeinsamen Abendmahl die Entscheidung zu verkünden, die von den Teilnehmern voller Unruhe erwartet wurde. So zögerte Fürst Blasius die Verkündung des Urteils auch nicht unnötigt lang hinaus, sondern erklärte verdientermaßen den Edlen Wilbur von Nadoret zum Sieger des Wettstreites — eine Entscheidung, die auch dem Fräulein Anglinde sichtlich zusagte. Bei der anschließenden Feier sah man das künftige Ehepaar denn auch mit glücklichen Gesichtern nebeneinander am Kopf der Tafel sitzen, und das aufgetafelte Festmahl tröstete all jene, denen das Glück des Sieges nicht vergönnt gewesen war.

Bleibt von Seiten des Kosch-Kuriers nur, dem künftigen Paar den Segen der unteilbaren Zwölfe zu wünschen, seinen geliebten Fürsten für seine Weisheit und Weitsicht zu loben, und schließlich dem Kosch zu gratulieren, dessen Adel nicht nur mit dem Schwert, sondern auch mit dem Kochlöffel zu überzeugen mag.

Tradan Schmalklos

Die Teilnehmer im Einzelnen

  • Trest von Vardock
  • Etilian von Lindholz-Hohenried
  • Rainfried von Grimsau
  • Edelfried von Butterbös
  • Boronar vom Kargen Land
  • Wilbur von Nadoret
  • Roban Grobhand von Koschtal
  • Iber Bockling

Anmerkung der Schriftleitung:

Unbestätigten Gerüchten zufolge soll es für die interessierten Zuckerbäcker bereits einen kleinen Octavband geben, den man in gut sortierten Angbarer Buchläden erstehen kann. Dort aufgelistet sind alle Rezepte des Wettbewerbes, die sich Filbu, Sohn des Filib, von den Teilnehmern diktieren ließ. Einzig der „Roterzer Beerengipfel“ wird angeblich aus unerklärten Gründen nicht aufgeführt, aber man munkelt in kulinarischen Kreisen bereits von geheimen Zutaten und uralten Rezepturen, die man außerhalb des Amboss nicht preisgeben möchte.

Meisterinformationen

Der „Roterzer Beerengipfel“ beruht keineswegs auf irgendeinem geheimen Rezept oder ausgefallenen Zutaten. Vielmehr verhält es sich so, dass der damit angetretene Roban keinerlei Lust verspürte, nach seiner brachialen und hochverdienten Niederlage noch irgendetwas mit Backwerk zu tun zu haben, was über das Essen hinaus ging. So konnte Hofkoch Filbu allenfalls einige ihm bis dato unbekannte Schimpfworte erlernen, ehe der Ritter das Gespräch in seiner gewohnt unwirschen Art beendete.