Die beiden Zauberbecher
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Die beiden Zauberbecher
In einem Koscher Gasthof
Nahm einst ein Herr Quartier,
Ein Kusliker Magister,
der war ein Fremder hier.
Er trug zwei Augengläser
Auf seinem Nasenbein,
Und mit gestelzten Schritten
Trat er zur Tür herein.
Kaum saß er an dem Tische,
Da rief er: „Ach, Herr Wirt!
Von Eurem Bier aus Ferdok
Hätt’ ich gern eins probiert!“
Das hörte nun ein Krambold,
Ein armer Wandersmann,
Der sich zu seinem Kummer
Nur Wasser leisten kann.
So kam er denn ins Grübeln
Und strich sich seinen Bart —
Er war ein Boltansspieler,
G’rad recht nach Phexens Art.
Dann nahm er rasch zwei Becher,
Geschnitzt aus Eschenholz
Und trat zum Tisch des Fremden
Und sagte ihm voll Stolz:
„Mein Herr, seht diese Becher —
Sie haben Zauberkraft,
Verwandeln schlichtes Wasser
In gold’nen Gerstensaft.
Will man mit Bier sie füllen,
So wendet sich das Blatt:
Statt Ferdoker Gebrautem
Man nur noch Wasser hat.“
Da sah der Herr Magister
Die beiden Krüge an
Und meinte zu dem Krambold:
„Ich bin ein kluger Mann!
Und hab’ schon viel vernommen
Von Zauber und von Spuk,
So will ich einmal prüfen,
Ob’s wahr ist oder Trug!
Herr Wirt, füllt diese Becher
Mit Wasser und mit Bier.
Für mich das Naß des Brunnens,
Das Bier dem Wand’rer hier.
Denn in den zwei Gefäßen
Voll alter Zauberkraft
Wird Bier zu klarem Wasser,
Und Wasser Gerstensaft.“
Sie taten’s und sie tranken –
Das war ein Schelmenstreich:
Das Wasser blieb das Wasser, Und
auch das Bier blieb gleich!
Der Fremde merkt’ den Schwindel,
Doch sagte er kein Wort,
Er schwieg, stand auf und zahlte Und
ging betreten fort.
Der Krambold aber grinste,
Als er ein Schlückchen nahm —
Da er durch seine Klugheit
Zu diesem Tranke kam.
Und die Moral, ihr Leute,
Von unserer Geschicht’?
Im Kosch wird Bier zu Wasser
In tausend Jahren nicht!