Da schlägt’s dem Faß den Boden aus
Ausgabe Nummer 33 - 1025 BF
- Die Entscheidung im Wettstreit um das größte Bierfaß Deres
Moorfurt, Metenar. Gar bunt geschmückt war das kleine Dorf Moorfurt am schetzenecker Ufer des Großen Flusses, direkt gegenüber des stolzen Nadoret gelegen, bereit das größte Fest seiner bislang noch kurzen Geschichte zu feiern. Die Junkerin Fabiola Mehring auf Munkelstein hatte geladen, denn man wollte an diesem Tag das größte Faß auf Deren enthüllen, mit gutem Bier befüllen und sicher noch am selben Tage leeren.
Eigens zu diesem Zwecke war Ritter Falk von Siebental in das Nadoretsche gefahren, um gutes Bräu zu kaufen, denn obschon er die Junkerin noch immer als unrechtmäßige Besetzerin seines Wehrturmes sieht und diesen seit Jahr und Tag belagert, wollte er sich doch als rechter Koscher erweisen und das Fest nicht verderben.
Auch der findige Flusshändler Ratzenbold ließ sich nicht lumpen und fuhr Köstlichkeiten aus allerlei Ländereien auf, die man zu guten Preisen erstehen konnte. Geladen waren alle, die kommen wollten, und man befände sich nicht im Koscherland, wenn diesem Aufruf nicht gar viele von Nah und Fern gefolgt wären. Unter den illustren Gästen waren keine geringeren als Iralda, die gräfliche Erbprinzessin von Schetzeneck, der darpatische Gesandte zu Angbar, Junker Edric von Firunslicht (von dem man sagte, er hätte nicht nur das Unternehmen mit Gold unterstützt sondern auch die Junkerin Fabiola mehr als einmal mit Rahjasblicken bedacht) und die Familie der Gastgeberin, darunter Mutter Leta, Bruder Fran und Schwester Flavia, welche der Junkerin in Liebreiz in nichts nachsteht.
Die freudigen Vorreden waren schon verklungen und das Tuch über dem wahrhaft gewaltigen Gefäß sollte fast fallen, als noch weitere und unerwartete Gäste der Einladung folgten. Aus dem Fürstenhortschen galoppierten die Ritter Trest von Vardock zu Porquidstreu und Bolzbold von Rüpeln heran –zum großen Erstaunen der Versammlung, waren es doch die Fürstenhorter, die sich bislang rühmen durften, das größte Bierfaß Deres stünde auf ihrem Grunde.
Der Wettstreit zwischen den Faßbauern hatte gar mitten im friedlichen Schetzeneck in den letzten Wochen mehrfach zu bösen Worten und Kneipenraufereien geführt, wie sie bei den hinterkoscher Bergburschen im Gratenfelsischen nicht schlimmer sein konnten. Was mochte der Auftritt der Lehnsleute des Fürstenhorter Vogts nun bedeuten? Der edle Polter von Pirkensee, der im Auftrag seines Grafen dessen Tochter geleitet hatte, trat schon schützend vor die Komteß, kannte er doch die Herren von Porquidstreu und Rüpeln als rechte Haudegen.
Der Ritter Trest aber grüßte, nachdem er seinen glänzenden Helm gelüftet und seine zurecht mit stolz getragene blonde Lockenpracht offenbart hatte, und hob an zu erklären: „Edle Jungfer von Mehring, wir sehen, unser Besuch überrascht Euch. Nun seid gewiß, wir Recken aus Fürstenhort sind weitaus bessere Verlierer, als man uns nachsagt. Denn obgleich wir selten verlieren, so haben wir doch den nötigen Respekt vor den Siegern nicht verloren, und so ziehe ich meine Hut vor Euch und dem größten Fasse.“
„Wohl gesprochen!”, rief da sein ungleich kleinerer Kumpan Bolzbold zu und wies den neben ihm stehenden Ritter Falk an, „Wohlan, so füllen wir das stolze Werk, das Bier soll nicht verderben.“
Da wollte der wackere Siebentaler nicht widersprechen und begann die Stricke zu lösen, welche bislang die Pyramide aus besten nadoreter Bierfäßlein auf seinem Karren vertäuten. Ei, welch Kobolds Schabernack mag es wohl gewesen sein, der den Turm sogleich zum wackeln und rollen brachte?
Der gute Falk warf sich noch kampfeserprobt in den Weg, doch wars zu spät: Wohl zwanzig Fässer und ein Ritter setzten sich polternd und donnernd den Hang hinab in Bewegung. Väterchen PHExens üble Laune wollte es, daß just dort das noch immer verhüllte Rekordfaß wartete.
Was war das für ein Geschrei und Gezeter als die Lawine krachend auf das riesige Holzrund auftraf, es zum Zittern und schließlich zum Stürzen brachte. Da lag es nun, das Wunder INGerimms, zerlegt in hundert Bretter – und dazwischen in einer Bierlache sitzend ein gar traurig blickender Ritter Falk, der gar manchem aus der Seele sprach: „Hollerbärnochmal, das schöne Bier!“
Da erhob sich erst das Kichern der Grafentochter, dem sich alsbald die Versammlung mit schallendem Gelächter anschloß. Es war doch ein zu komisches Bild den alten Kauz in seinem Schlamassel zu sehen – so daß man schnell das Unglück mit dem Riesenfaß hintanstellte. Einzig die Junkerin Fabiola fand’s gar nicht lustig und saß gram in ihrem Sessel.
Erst sehr viel später am Abend, als trotz allem das Fest seinen Gang ging – weil doch so viele einen weiten Weg gereist waren, Ritter Falk seine persönlichen Biervorräte stiftete und sich sowohl Ritter Trest als auch Junker Edric gar rührend um die Munkelsteinerin kümmerten, da wollte auch ihre Laune sich bessern. Denn, obschon das größte Faß nun weiterhin das Werk der Meister Wackerstrunk und Rotkoller im fürstenhorschen Borreling bleibt, so scheint die Junkerin weniger einen Wettstreit verloren als zwei Vertraute – oder gar Verehrer? – gewonnen zu haben.