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Version vom 20. Januar 2020, 18:49 Uhr
◅ | Nordmärker wollen dem Fürsten dienen |
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Die erste Nacht I | ▻ |
Der erste Bewerber
Müde und erschöpft erreichte der Bote die fürstliche Burg. Einen langen und schwierigen Weg hatte er hinter sich, war er doch im Auftrag seines Herrn nicht über den Greifenpass und damit über die Reichsstraße geritten, sondern hatte den beschwerlichen, aber auch kürzen Weg über den Quellpass und die Schwertschlucht gewagt.
Doch nicht irgendeinen beliebigen Boten hatte der Baron von Galebquell entsandt. Es war Hlûthard von Kiefernfeld, Edler von Lovast und Konnetabel der Baronie Galebquell. Der große sehnige Ritter war selbst ein Koscher, den es in die Nordmarken verschlagen hatte. Doch seine Familie war zu unbedeutend und zu arm gewesen, weshalb er sich selbst in die Welt gewagt hatte. Und schließlich war er in den Nordmarken als Burghauptmann zu Amt und Würden gekommen.
Doch seine jetzige Aufgabe war noch bedeutsamer: Denn nicht allein ritt er. Der Edle hatte einen jungen Begleiter. Es war der jüngste Sohn des Barons, Praiostan Ernbrecht von Leihenhof, Baronet zum Galebquell. Der bleiche Jüngling mit dem krausen dunklen Haarschopf und den großen dunkelbraunen Rehaugen hatte auf Anweisung seines Vaters diese weite Reise angetreten, damit auch er mehr von der Welt sah. Und jetzt ritt er neugierig, aber auch furchtsam auf seiner ruhigen Stute hinter dem Konnetabel her.
Und als sie Burg Fürstenhort erreichten, stockte ihnen der Atem. Klein wirkte die Stadt, über welche die Festung wuchtig und wachsam emporragte, an Greings schier unendlich tiefer Klamm. Hlûthard kannte die Legenden um den Drachen und wie er von Fürst Halmdahl besiegt worden war. Und so wirkte Fürstenhort noch trutziger und stärker in den Augen des Koschers, als die Feste ohnehin schon war. Hier residierte Fürst Blasius vom Eberstamm. Hlûthard und Praiostan ritten nun auf das Stadtor zu. Hier würden sie Gastung erfahren, denn die Koscher hielten Travias Gebote hoch in Ehren. Und hier würde Hluthard seinen Schützling – so er vor den Augen des Fürsten Gnade fand – in den Knappendienst übergeben.
„Dieser? Vielleicht. Sicher bin ich mir nicht, Oheim ...“ Zwei Männer beobachten von den Zinnen der Burg Zwingenberg, welche als Vorburg der Fürstenfeste die Stadt bewachte, die Ankunft der Reiter. Es waren nicht die einzigen Fremden, die sie an diesem Tage nahen sahen, erst als kleine Punkte in der Ferne auf Rittersteig, dann später, wenn sie die Rampe empor direkt auf das Stadttor zukamen. Meist waren es ein oder zwei Adelsleute mittleren Alters, manche von Baronsrang, andere nur einfache Rittsleute. Neben wenigen Dienstboten begleitete sie jeweils ein Mägdelein oder Knabe. Manchen sah man den Tatendrang an, die meisten aber blickten ähnlich verunsichert wie nun der junge Galebqueller.
„Du urteilst mir ohnehin ein wenig rasch, Halwart. Das ist ein Privileg der Jugend, aber wir wollen sie doch erst selbst in Augenschein nehmen“, entgegnete der ältere der beiden Männer, der die Spange eines Rondrageweihten am Mantel trug. „Und das letzte Wort hat immer noch der Fürst ... da bin ich einmal gespannt“, lachte der jüngere. „Ich habe mit ihm vereinbart, dass wir zuvor noch einmal gemeinsam Rondras Segen erbeten. Bald ist die Zeit dafür. Also lass uns gehen, Halwart“, antwortete der Ältere. Halwart vom Eberstamm nickte und biss die Zähne zusammen, als sie die Treppe vom Wehrgang herunterstiegen. Wieder durchfuhr ihn der Schmerz, der seit der winterlichen Schlacht im Finsterkamm nie ganz aus seinem Körper gewichen war. Die Heiler hatten keine dauerhafte Abhilfe schaffen können, so dass er nun einzig darauf hoffen konnte, dass die Zwölfe irgendwann ein Einsehen mit ihm haben würden. An ein Fortführen seiner Jahre als fahrender Ritter aber war nicht zu denken.
Des Fürsten Willkommensgruß
„Dies sind Unser Verwandter Kuniswart, Rondrageweihter und Unser Seneschalk, sowie sein Neffe Halwart, der seinem Oheim Kuniswart als Burgsass hier zu Fürstenhort nachgefolgt ist“, wurden die beiden Edlen einige Zeit später von niemand geringerem als dem Fürsten vom Eberstamm selbst vorgestellt.
Nach alter Sitte hatte der koscher Herrscher darauf verzichtet, die zahlreichen angereisten Edlen auf Burg Fürstenhort zu empfangen. Erst die erwählten Knappen und Pagen sollten die alterwürdige Fürstenburg betreten, noch aber waren es nur Kandidaten für diese Ehre, die sich im Hof der düsteren Zwingenburg versammelt hatten. So hieß er sie von der großen Treppe des Sitzes des Landvogtes willkommen, seine beiden Verwandten und den Hofherold Hernobert von Falkenhag an seiner Seite. Dieser rief nun nach und nach die Namen der edlen Geschlechter auf, die den Fürsten um die Aufnahme eines Sprösslings bitten wollten und darum nach Fürstenhort gereist waren.
Der Fürst hatte nämlich kundtun lassen, dass er nach dem Schrecken, der im Jahr des Feuers über sein Land gekommen war, nun seinen Hof mit neuem Leben und tsagefälliger Hoffnung erfüllen und darob acht Knappen und ebenso viele Pagen aufnehmen wolle. Weil der Name Eberstamm ein alter und ehrwürdiger ist unter den großen Häusern des Reiches und Fürst Blasius selbst sich in den letzten Jahren als Mahner zu Einheit und Aufrichtigkeit manchen Respekt erworben hat, war nicht nur der Adel des Kosch seinem Ruf gefolgt, sondern auch mancher aus den benachbarten Nordmarken und den umkämpften Reichslanden im Osten.
Die Candidaten stellen sich vor
„Seine Hoheit, der Herzog Ehrenstein zu Tobrien, sendet Botschaft!“ rief Herold Falkenhag nun aus und begann mit dem Verlesen derselben. Mancher wunderte sich ein wenig, wusste man doch, dass des Fürsten Patenkind Jarlak von Ehrenstein seine Knappschaft nicht (wie man es einst vereinbart hatte) im Kosch verbringen sollte.
„Der gute Bernfried …“ seufzte der Fürst, als Falkenhag mit den Worten „„ … doch ich will ich Euch stattdessen zwei Knappen anempfehlen“, geschlossen hatte. Herr Blasius wandte sich den Überbringern zu, die verschiedener nicht hätten sein können: Hier die hochgewachsene Schönheit der Praiodane zu Stippwitz-Hirschfurten, Tochter des vormaligen Reichstruchsessen und Witwe des legendären Angbarer Stadvogts Eberwulf, dort der einäugige Kämpe Morling von Bockenburg-Sighelms Halm, der sein kleines Lehen und sein Weib im Tobrischen verloren hatte. „Euren Sighelm hätten Wir doch sowieso aufgenommen, liebe Frau Praiodane! Und Eure Tochter gewiss auch, wenn Ihr nur gefragt hättet oder Uns überhaupt einmal erzählt hättet, dass Ihre eine besitzt, wackerer Morling. Wie heißt das Mädchen?“ „Kunigelda, Durchlaucht“ gab Morling Auskunft und bedeutete ihr knapp, dass sie vortreten möge, worauf auch Praiodane zu Stippwitz eilends ihren Sohn vortreten und vor dem Fürsten das Knie beugen ließ. Auch die beiden künftigen Knappen waren grundverschieden: Sighelm zu Stippwitz ein pausbäckiger Knabe, Kunigelda von Sighelms Halm ein blasses, scheues Mädchen.
„Seine Hochwohlgeboren, der Graf vom See!“ lautete der nächste Aufruf des Hofherolds. Graf Wilbur, selbst noch ein Knabe und begleitet von seinem Truchsessen Voltan von Falkenhag, dem Bruder des einstigen Grafen Orsino und des Hofherolds Hernobert, bat den Fürsten um die Aufnahme seiner Schwester Niope als Pagin, was dieser gerne gewährte.
Die ersten drei der künftigen Zöglinge zu Fürstenhort waren also gefunden. Doch nicht allen Bittstellern fiel die Aufnahme an den Hof des Fürsten ebenso einfach wie diesen, die aus derart edlen und wohlbekannten Geschlechtern stammten. Zudem hatte der Fürst entschieden, einen jeden Kandidaten zunächst selbst in Augenschein zu nehmen.
Als Praiostan von Galebquell an die Reihe kam, hatte der Konnetabel Hlûthard seine mächtige Pranke auf die Schulter des Knaben gelegt, fast schien es, als schob er ihn nach vorne. „Der Hlûthard von ... Wir wissen, Wir erinnern uns! Bald zwanzig Götterläufe muss es her sein, doch ist Eurer Gesicht ein wohlbekanntes!“ freute sich der Fürst und ließ sein Wohlwollen schon auf den Knaben übergehen. „Nun, er macht doch einen wackeren Eindruck, der Sohn Eures Barons, meint Ihr nicht, Vetter?“ Der angesprochene Rondrageweihte Kuniswart vom Eberstamm meldete Zweifel an: „Um einen Schwert oder auch nur einen Stecken zu führen, hat mir der junge Herr wahrlich noch nicht die kräftigen Arme, die es braucht. Was könnt Ihr denn, Knabe?“ Der junge Galebqueller stutzte einen Moment, dann begann er zum Erstaunen der Anwesenden, die äußere Mauer des Pallas emporzusteigen, zog sich mit einem Klimmzug zur Galerie herauf, umfasste dort einen Pfeiler und wäre wohl noch mehr als diese sieben, acht Schritt in die Höhe geklettert. „Holla, das reicht! Da haben wir schon beinahe einen neuen Hauptmann für die Bergjäger!“ rief der Fürst aus. „Seine Arme sind wohl kräftiger als Ihr dachtet, Kuniswart, und bis er vom Pagen zum Knappen wird, werden sie wohl noch zugelegt haben.“
Stolz präsentierte der Junker Raul von Wieselfingen seine Tochter Brinja „Ein wenig schüchtern ist sie noch ob der Ehre, die Durchlaucht ihr zuteil werden lassen, doch wird sich dessen gewiss als würdig erweisen ...“ „Das werden Wir sehen ...“ - Fürst Blasius, der manchen Hoftag erlebt hatte, ließ sich nicht allzu schnell von der gewandten Zunge des Garetiers erweichen.
So musste sich Brinja zunächst ein wenig gedulden, dann hieß sie der Fürst schließlich, sich mit drei anderen Maiden, der Baronstochter Ingrimiane von Stanniz, der kleinen Anglinde von Ödenhof aus Vinansamt und der Bürgertochter Elvine Scherflein (für die sich dem Vernehmen nach einige Offizierinnen der Ferdoker Garde verwandt hatten), im Wettlaufen, Weitspringen und Schleudern zu messen. Während hier mal die eine, dort die andere Maid vorne lag, war die die letzte stets dieselbe: Anglinde von Ödenhof.
Der Fürst rieb sorgenvoll sich seinen stolzen Bart, als die Mägdelein angestrengt und verschüchtert vor ihn traten. „Anglinde, Anglinde … Wir wissen nicht ... Ob dein Vater ...?“ Augenscheinlich wog seine Durchlaucht das für und wider ab und wusste sich keinen rechten Rat. Dies spürte selbst das Mädchen Anglinde und brach in Tränen aus, die nicht enden wollten.
Da fasste Komtess Nadyana von Wengenholm ihren Gemahl Prinz Anshold, dem ältesten Sohn und Erben des Fürsten, kurz am Arm, flüsterte ihm etwas zu und erhob kurz darauf die Stimme: „Durchlaucht, wenn Ihr erlaubt ... Euer Sohn und ich wollen das Mädchen gerne nun oder vielleicht etwas später zu Erlenschloss als unsere Pagin aufnehmen. Dann ist sie nicht gar so weit von Ihren Eltern, wo sie doch noch so kleinjährig ist.“
Der Fürst lächelte zufrieden, als er die Frau seines Erbprinzen vernahm. Derart zuversichtlich hatte er sie nicht erlebt, seit der ihr Söhnlein Holduin in der Flammenhölle des Alagrimm den Tod fand. „Werte Nadyana, freilich … eine treffliche Idee! Oder was meint Ihr, Ritter Willan?“ wandte sich der Fürst an den Vater. Der Angesprochene verbeugte sich, und es schien, als könnte dieser Einfall auch Anglinde zum Glücke gereichen.
„Euch andere heiße ich gerne in den Reihen unseres Hofes willkommen. Die kleine Stannizerin mag ob ihres jungen Alters als Pagin dienen, ebenso die kleine Elvine, die Uns die wackeren Lanzerinnen anvertrauten – und wahrlich, wacker scheint sie zu sein, auch wenn ihr Blut bürgerlich ist. Brinja von Wieselfingen aber, mag in den Kreis der Knappen treten.“, sprach der Fürst mit spürbarer Erleichterung.
Selbstbewusst trat der tobrische Jüngling Geron Efferdan von Elstertreu vor den Fürsten und erbat selbst, sein Geschick mit der Klinge unter Beweis stellen zu dürfen. Auch Viridian von Albenbluth-Lichtenhof, Sohn eines nordmärker Ritters und einer Tochter des Ferdoker Handelshause Neisbeck, dessen prächtige garnelblaue Tracht in auffälligem Widerpart zu seinem leicht ausgezehrten Gesichte stand, wollte beweisen, dass er bereits zu fechten wusste.
„Nun denn, das wollen wir sehen – doch mit stumpfen Klingen, denn wir wollen nicht, dass am Ende gar ein Knabe eine Wunde zurückbehält. Man bringe zwei Turnierschwerter her!“ sprach der Fürst. Mit diesen droschen die beiden Burschen bald wacker aufeinander ein, auch wenn die die Klingen noch recht groß geraten für ihre Jünglingshände waren. Auch Lehrmeister Kuniswarts Blick sah zwar noch ungeschliffene Streiter, denen es noch viel beizubringen galt, doch nickte er anerkennend ob der guten Grundlagen. Das Waffenglück war auf der Seite des Tobriers: Auch wenn sein Gegner Viridian sich verbissen wehrte, musste dieser manchen Schlag einstecken. Viridan wollte aber vor den Augen des Fürsten bestehen und machte kein Zeichen des Aufgebens, so dass Geron immer wieder nachsetzte, bis Halwart vom Eberstamm auf Zeichen des Fürsten nach vorne trat und seinen Gehstock zwischen die beiden Kämpfenden hielt. „Gut gekämpft, bei Rondra, das genügt nun.“
Sofort wandte sich Geron dem Fürsten zu und nahm Haltung an, während sein Gegner erst einen Moment verschnaufen musste. „Gut gefochten, alle beide“, meint auch der Fürst. Er wandte sich Viridian zu: „Auch wenn es sicher noch manches gibt, was Ihr lernen könntet – als Unser Knappe.“ Dann sprach zu Geron: „Bei Euch ist es vielleicht etwas weniger, was den Schwertkampf angeht, und Euren Stolz braucht Ihr wohl auch nicht pflegen. Aber wisst, dass es noch anderen Tugenden bedarf, um einen Ritter aus Euch zu machen. Auch Ihr seid an Unserem Hof als Knappe willkommen.“
Nach diesem Kampfe brannte auch Berwin, ein schielender aber kräftiger Bursche und Enkel des hiesigen Vogtes Roban von Treublatt, darauf sein Kampfeskönnen zu beweisen, packte sich Polter von Plötzbogen – den Enkel des einstigen Ferdoker Stadtvogtes – und stellte sich mit einer stumpfen Version eines Morgensterns in Kampfpostition. Noch ehe er zum ersten Schlag ausholen konnte, gebat ihm jedoch der Fürst Einhalt: „Zügelt Euch, kleiner Treublatt. Dass Ihr ein wackerer Kämpfer seid, haben wir schon des öfteren vernommen, als einige der Kinder unseres Dienstvolkes mit blauen Flecken aus dem Ort gekommen sind. Das braucht ihr nicht zu beweisen. Euch, werter Polter, gebührt Unser Respekt, dass Ihr es ohne zu zögern gegen den ungleich kräftigeren Berwin aufnehmen wolltet – Gerne werden Wir euch in Unsere Obhut nehmen und die Tugenden des Rittertums vermitteln.“
Von der kampflosen Entscheidung überrascht, traten die beiden etwas zögerlich zurück in die Reihen, wobei man dem kleinen Treublatt unschwer ansehen konnte, dass er nur zu gerne sein Können bewiesen hätte.
So blieb Niope vom See unzweifelhaft die edelste unter den künftigen Zöglingen, aber auch mancher Spross aus Baronshäusern wie Ingrimiane von Stanniz und Efferdane von Sighelms Halm (welches mit Niope und Kunigelda von Bockenburg-Sighelms Halm gleich zwei entfernte Basen unter angeommenen Zöglingen wusste) fand Aufnahme. Neben Koschern waren auch Geschlechter aus Garetien, Tobrien und dem alten Darpatien (Isilde von Raukenfels aus der Baronie Bergthann, welche die alte Baronin Efferdane von Eberstamm-Ehrenstein ihrem Neffen Blasius empfohlen hatte) vertreten. Mancher aber war fürbaß erstaunt, als von den neuen Knappen und Pagen am Ende gleich fünfe aus den Nordmarken stammten!
Für das meiste Aufsehen hatte Bodar von Firnholz der Jüngere gesorgt – denn nicht wenige Koscher Edlen erinnerten sich sofort an den knorrigen Großvater des Gratenfelsers, der sich noch vor wenigen Jahren auf Adelstreffen ohne Scheu immer wieder gern daran erinnerte, wie er einst auf Graf Baldur Greifax von Gratenfels' Feldzug gegen Wengenholm begleitet hatte. Mancher gab zu Bedenken, dass der alte Firnholz später wohl trotz seiner unverhohlenen Abneigung Baldurs Nachfolger Alrik Custodias aus der Gefangenschaft des Jergenquell herausgehauen und sich dafür gar dem nicht minder ungeliebten Grafen Jallik von Wengenholm unterstellt hatte
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Dennoch: Kaum hatte sich der kleine Bodar in der Reihe der aufgenommen Zöglinge eingegliedert, suchte er die Nähe des Galebquellers, der aus befreundetem Haus stammte. Beide stießen sich in die Rippen und verbargen ihr Grinsen nicht, als die ihnen bekannte Calderine Vea von Lilienthal vor den Fürsten trat – allein, denn weder Eltern noch Verwandte hatten sie begleitet.
Ein Lachen störte schließlich sogar den Fürsten. Kuniswart vom Eberstamm warf einen missbilligen Blick auf die künftigen Zöglinge, musterte insbesondere den Enkel des Landvogts von Treublatt, Berwin – doch gerade dieser stand mustergültig stumm und gerade, und auch sonst war kein Schuldiger auszumachen. Trotz dieser Unruhe aber gelang es Calderine, den Fürsten durch die Schilderung ihrer Reise und ein Zeugnis ihrer Reiterkunst für sich einzunehmen.
„Die Nordmärker, natürlich ... da kommt ja einiges auf uns zu“, wunderte sich Emergunde von Hirschingen, die Leib-Knappin Seiner Durchlaucht. „Lasst doch, wenn die Hinterkoscher unserem Fürsten dienen wollen“, grinste Halmbart von Herbonia, neben Emergunde bisher der einzige Knappe des Fürsten, erfreut darüber, dass Emergunde einmal mehr als harsche Worte für ihn übrig hatte: „Durchlaucht nimmt ja auch deswegen eine ganze Schar Knappen auf, damit er später zahlreiche Rittergefolgschaft hat.“
Ein Raunen ging durch die Menge, als der Name von Bärenstieg aufgerufen wurde. „Bei Firun, ich habe wohl vernommen, dass mancher hier im Hügellande nicht gut heißt, wie mein Bruder bei uns im Wengenholmschen gegen das Gesindel aus Borrewald und Finsterkamm streitet!“ sprach der Ritter Geron gerade heraus. „Doch ist unser Land mehr und mehr von diesen bedroht, weshalb wir sie unsere Äxte und Pfeile zu spüren bekommen sollen, wenn sie sich zeigen. Wem dass nicht passt, der mag gerne kommen und probieren, ob er auf eine andere Weise vermag, was mein Bruder tut. Wir aber sind aufrechte Koscher und von edlem Blute, deswegen will ich Euch bitten, Durchlaucht, nehmt meine Tochter Elida an Euren Hof.“
Der Fürst betrachtete das Mädchen, dessen Reisekleidung sich speckig gegenüber den Festgewändern ausnahm, in die manch andere Kandidaten gekleidet waren, und nickte dann. Elida nahm Aufstellung bei den anderen Auserwählten, wobei sie unter den Paginnen die Älteste war, den Bogen eines Erwachsenen über der Schulter. Später erzählt man, der fürstliche Kammerherr Polter von Stielzbruk sei ein wenig zurückgeschreckt, als ihm das Kind ihm auf die Frage „Hast du dir damit schon was geschossen, Kind?“ drei Finger entgegengestreckt und dabei so ernst genickt habe, dass man meinen konnte, sie spräche von leibhaftigen Goblins oder gar Menschen.
Auf in ein neues Kapitel
So waren die Reihen der jeweils acht Knappen und Pagen geschlossen und so mancher Adelsspross musste enttäuscht die Heimreise antreten, weil er im Vergleich nicht standhielt. All diejenigen suchte der Fürst am Abend noch selbst in ihrem Quartier auf und legte ihnen ans Herz, im kommenden Jahr wieder vorstellig zu werden, wenn sie dies wünschten.
Die Auserkorenen aber versammelten sich nun am Fürstenplatz, dem Herzen der Stadt. Um sie gruppierten sich, festlich mit dem Grün-Schwarz des Hauses Eberstamm geschmückt, die wichtigsten Gebäude des Ortes. Der trutzige und etwas düstere Sitz des Vogtes, die Burg Zwingenberg, die für Märkte und Feiern genutzte Landhalle, das Haus des Ingerimm, der Fachwerkbau der einzigen Herberge „Zu den drei Gänsen“, in denen die meisten Adeligen untergebracht waren, die Statue des Fürsten Holdwin und schließlich das Ritterhaus, welches von vier Erkertürmen gekrönt seine prächtigste Seite dem Platz zuwendete. Über all dem thronte die mächtige Burg Fürstenhort, welche – von einer tiefen Klamm vom Ort getrennt – sich an den Rand der basaltgrauen Berge schmiegte, ja gleichsam unbezwingbar wirkend aus ihnen gewachsen zu sein schien.
Im Ritterhaus sollten die künftigen Knappen und Pagen nun ihre erste gemeinsame Nacht verbringen, ehe es am folgenden Morgengrauen galt erstmals auf die Burg Fürstenhort selbst zu ziehen und die Ausbildung zu beginnen. Vor diesem ersten Schritt in Richtung Erwachsenheit stand jedoch zunächst die schwere Aufgabe an von den Begleitern Abschied zu nehmen, die sie bis hierher gebracht hatten...
Fortsetzung unter Die erste Nacht
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