Überraschungsbesuch auf Burg Salmingen

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Ausgabe Nummer 80 - Efferd 1047 BF

Von edelsten Geschlechtern: Überraschungsbesuch auf Burg Salmingen

Baron Hagen legt seine Ämter nieder

SALMINGEN, Praios 1047 BF. Mit einem völlig überraschenden Schritt überrumpelte Baron Hagen von Salmingen-Sturmfels seine Familie und Getreuen. – Hesindiane von der Steckenklamm, Hauptfrau auf Burg Salmingen, berichtet als Augenzeugin von dem Ereignis.

Wir waren alle etwas überrascht, als Seine Hochgeboren Hagen von Salmingen-Sturmfels, gefolgt einzig von seinem treuen Waffenmeister Korbrandt von Bösenbursch, an einem hochsommerlichen Nachmittag hoch zu Ross auf seiner Burg Salmingen in der Baronie Dunkelforst eintraf.

Kein Bote hatte die Ankunft des Barons, der seit Jahren fast nur in den umkämpften Landen im Osten und Norden des Reiches weilte, in seiner Koscher Heimat angekündigt. Hagens Gattin, Baronin Ansoalda von Leihenhof, und seine Mutter, Frylinde von Salmingen, waren höchst erfreut über die unerwartete Anwesenheit des Ehemanns und Sohnes.

Schade war nur, dass die beiden Kinder nicht ebenfalls anwesend waren. Tochter Bernhelmine war mit ihrem Knappenvater, Geron von Bärenstieg, in den Wengenholm gezogen, um sich der Fehde der Bärenstieger gegen die Stadt Auersbrück anzuschließen. Sohn Rotgar hingegen weilt im Horasreich, im fernen Kuslik, denn seit Kurzem studiert der mit Madas Gabe gesegnete Knabe dort an der altehrwürdigen Halle der Metamorphosen.

Schnell wurde auf Burg Salmingen getuschelt, dass Hagen und Korbrandt – die in Tobrien und der Wildermark so viele Jahre Seite an Seite gegen Dämonen und ihre Schergen gestritten hatten – nun auf dem Weg gen Süden seien, in die Wüste Khôm. Denn es machten auch im Kosch Gerüchte die Runde über eine unheimliche Bedrohung aus dieser Gegend, über ungekannte Schrecknisse, die angeblich einen hohen Blutzoll unter den novadischen Götzenanbetern forderten. So hatte es bereits im Herbst 1046 BF einen Rat von Gesandten der beiden Kaiserreiche im südalmadanischen Omlad gegeben, zu dem Tulameth saba Malkillah von Gareth – Tochter des Kalifen der vom zwölfgöttlichen Glauben Abgefallenen und Schwägerin von Kaiserin und Königin Rohaja – geladen hatte.

Beim abendlichen Essen im eilig für den seltenen Anlass hergerichteten Grafensaal der Burg Salmingen schien Hagen seltsam angespannt und ungewöhnlich distanziert. Geradezu abwesend neben seiner Frau am Kopfende der U-förmigen Rittertafel sitzend, nahm er nur wenige Bissen vom Wengenholmer Wildspieß an Weinsoße, bekanntermaßen eine seiner Lieblingsspeisen, zu sich und sprach auch dem guten Ferdoker nur zögerlich zu. Es wurden einige höfliche Anekdoten ausgetauscht, der Baron erkundigte sich nach seinen in der Ferne weilenden Kindern und alten Freunden aus dem Kosch, Frylinde wiederum nach dem Stand des Wiederaufbaus in Baruns Pappel und speziell nach einem Tempel, den sie dort gestiftet hatte. Schon bald wurde tuschelnd spekuliert, weshalb der Baron eigentlich nach Dunkelforst gekommen sei, denn offensichtlich hatte er weder Interesse am neuesten Koscher noch am tobrischen Tratsch. Ein jeder war verwundert, dass Hagen nicht zur Sache kam, denn er war bekanntermaßen niemand, der Dinge hinter dem Berg hält, ganz im Gegenteil.

Erst nachdem die Lakaien den letzten Gang des Abendessens aufgetragen hatten, erhob sich der Baron, über ihm die gewölbte Decke mit den vielen Dutzend persönlichen Wappen aller bisherigen Baroninnen und Barone von Dunkelforst. Er schaute kurz nach oben, auf die tausendjährige Geschichte seines Hauses, dann zu dem gänzlich mit Silber beschlagenen Grafenthron hinter ihm und den prächtigen Marmorstatuen der vier Salminger Grafen. Schließlich sprach er mit der lauten Stimme eines befehlsgewohnten Hochadligen und Offiziers – aber es klang für die, die ihn gut kannten, wie auswendig gelernt:

„Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass mein Herz der Himmlischen Leuin gehört. Vor über einem Jahr bereits reiste ich nach Perricum, um dort von Ihrer Erhabenheit höchstselbst die niederen Weihen zu empfangen – ich bin ein Löwenritter, ich trage die Halskette mit dem Löwinnenkopf – und werde am Tag des Schwurs in Gareth ordiniert werden. Aus diesem Grund habe ich mich entschieden, allen weltlichen Verpflichtungen zu entsagen und mich ganz dem Dienst an der Herrin Rondra und ihrer heiligen Kirche zu widmen. Dies fällt mir nicht leicht, aber ich weiß meine Baronien bei meinen beiden Kindern in besten Händen: Meine Tochter Bernhelmine soll Erbin meines vor nun sieben Jahren befreiten tobrischen Lehens werden, mein Sohn Rotgar soll über die Salminger Stammlande im Kosch herrschen – das Haus Salmingen wird noch mindestens weitere tausend Jahre fortbestehen! Und, so die Götter wollen, werden wir dereinst auch wieder die Herrschaft über Dohlenfelde erringen, die meinem Haus entrissen wurde. Bei Rondra, dies ist mein Wille.“

Während er sprach, löste Hagen die Siegelringe der Baronien Dunkelforst und Baruns Pappel von seinen Fingern und legte sie vor sich auf die Tafel. Seine Hand ruhte nun fest auf dem Knauf des Schwertes Hlûtharhilf, das er seit der Ermordung seines Vaters Bernhelm führt – und das selbst nach der Niederlage in der Schlacht auf dem Schönbunder Grün in Dohlenfelde nicht zurückgegeben worden war.

Als Baron Hagen die beiden Siegelringe auf den Tisch legte, verschluckte ich mich fast an einem Stück Butterböser Süßkuchen, und vielen anderen ging es ebenso, es fiel gar ein Krug mit gutem Bier um, was bekanntermaßen großes Unheil verheißt. Insbesondere Ansoalda wirkte völlig vor den Kopf gestoßen und konnte ihre Überraschung – ich möchte fast sagen, ihr Entsetzen – nicht verbergen, jede Farbe war ihr aus dem Gesicht gewichen. Frylinde hingegen saß stumm und mit versteinerter Miene da – sie hatte entweder vorher schon Bescheid gewusst oder sie war erheblich besser darin, ihre Überraschung zu verbergen.

Der Hofstaat, inklusive meiner Wenigkeit, wurden noch vor dem Hollerbeerenschnaps, der gerade ausgeschenkt werden sollte, von Frylinde mit einer strengen Geste hinauskomplimentiert. Die schwere, doppelflüglige Tür zum Grafensaal wurde mit lautem Knall von Hagens Waffenmeister zugeschlagen, nachdem dieser als Letzter den prachtvollsten Raum der Burg verlassen hatte. Durch die Tür aus schwerem Steineichenholz vernahmen wir, wie Baron Hagen mit seiner Gattin und seiner Mutter lautstark stritt.

Später hörte ich zudem von einer Pferdemagd, dass Baron Hagen auch den Traviabund mit seiner Gattin auflösen möchte. Offenbar betrachtet er auch diesen als weltliche Verpflichtung, welcher er entsagen möchte, um sich ganz in den Dienst der Sturmherrin zu stellen. Oder aber, so munkelt man, verbindet Hagen mehr mit seinem langjährigen Waffenmeister und besten Freund?

Bereits im Morgengrauen des nächsten Tages reisten Hagen und Korbrandt mit unbekanntem Ziel ab. Einige Tage später kam es zu einem Treffen der von den Ereignissen sichtlich mitgenommenen Ansoalda mit ihrer Tochter Bernhelmine und deren Knappenvater Geron von Bärenstieg.

Die drei kamen überein, dass vorerst Ansoalda für ihre Tochter die Amtsgeschäfte im Tobrischen übernehmen sollte, denn Bernhelmine hatte ja ihren Ritterschlag noch nicht erhalten. Nach diesem Treffen machte sich Ansoalda mit ihrer Dienerschaft und einem halben Dutzend meiner Gardisten auf den weiten Weg nach Baruns Pappel. In Dunkelforst übernahm derweil Frau Frylinde bis auf weiteres die Amtsgeschäfte für ihren Enkel Rotgar, so wie sie es ohnehin in den vergangenen Jahren für ihren zumeist fern seines Koscher Lehens weilenden Sohn Hagen getan hatte.

Hesindiane von der Steckenklamm