Veränderungen - Zarte Rosen auf Burg Fürstenhort III

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Fürstenhort, 1029

Dann riss der freiende Ritter einen Moment die Augen auf, als fiele ihm etwas ein und mit gezieltem Griff zog er einen feinen Gegenstand aus seiner Gürteltasche, eingewickelt in ein besticktes Seidentuch.
»Diesen Ring, mein Sohn, übergibst du deiner Braut, wenn du von seiner Durchlaucht die Erlaubnis zum Traviabunde erhalten hast. Er gehörte vordem deiner Mutter und war seit jeher das Zeichen für die künftige Baronin von Galebquell, zum Hause Leihenhof zu gehören. Nun soll dieser Ring der Dame Jileia gehören.«
So waren die Worte seines Vaters gewesen und nun würde er seiner Liebsten diesen Ring, dieses Geschenk seiner Familie überreichen. Sein Lächeln wurde noch herzlicher, wenn es denn noch möglich war, strömte doch neben dem Gefühl der Erleichterung eine Welle des Glücks durch seinen Körper, erfasste jeder seiner Adern und hielt ihn in diesem Moment, der nur ihm und Jileia zu gehören schien, gefangen.
„Meine Liebe, Jileia. Dieses Geschenk hier soll dich der Treue meiner Familie versichern. Vor dir trug es meine Mutter Aelfhea und vor ihr meine Großmutter Ermenegild. Bitte, nimm diesen Ring an als Zeichen dafür, dass dir meine Familie schon jetzt die deine sein soll.“
Mit wenigen Handgriffen enthüllte er schüchtern einen goldenen Ring, breit und sicherlich von zwergischer Machart, dessen kreisrunde Siegelfläche das – so erkannte es Jileia mit gezieltem Blicke – das Wappen der Familie Leihenhof zeigte: Diagonal gespalten das Wappen, unten der laufende Widder und oben die drei Pfeile. Um das Wappen herum liefen zwergische Sigillen, die dem Kundigen den Wahlspruch der Familie verrieten. Feine Hand hatte die Wappenfläche sanft koloriert, sodass der golden gebliebene Widder nun auf blauem Grunde lief, während die blutroten Pfeile auf weißem Grund schimmerten. Jileias Blick glitt über dieses Schmuckstück und auch wenn sie durchaus die feine Arbeit erkannte, so war sie doch viel ergriffener von den Gefühlen, die hinter dieser Rahjasgabe standen. Eine jede Ehefrau der galebqueller Barone hatte diesen Ring getragen – und da sie wusste, dass es auch Baroninnen gegeben hatte, mutmaßte sie, dass auch Ehemänner diesen Ring erhalten hatten – und nun sollte sie ihn tragen. Würde sie ihn dereinst an ihre Schwiegertochter oder ihren Schwiegersohn weiterreichen?
Ihre feine Hand, schlank und von vornehmer Blässe, schob sich vor, der kostbar bestickte Saum ihres Ärmels flatterte durch die Bewegung. Roklan zögerte nun nicht länger, nahm den Ring mit seiner rechten und streifte seiner nunmehrigen Verlobten den Ring sanft über den Finger.
Er passte und das schwere Metall wurde rasch warm auf der Haut der Baronesse, die künftig auch Baronin werden würde. Jileia spürte, wie ihre Augen feucht wurden und als sie den Blick hob, erkannte sie, dass es Roklan ebenso erging. Sie würde an der Seite dieses jungen Mannes, der großgewachsen war und in dessen wunderschöne, lebhafte, gefühlvolle Augen sie versinken konnte, dereinst Baronin eines Landstriches werden. Sie würde ... sie würde Burg Fürstenhort verlassen ...
Jileias Blick suchte den ihrer Freundin Nadyana. Sie würde ihre Freundin verlassen. Die fürstliche Prinzessin lächelte ihrer Hofdame ermunternd zu. Ahnte sie, welche Gedanken die Baronesse bewegten? Da, Nadyana von Wengenholm nickte, als habe sie diese Gedanken gelesen und sie lächelte noch breiter, als wollte sie ihrer Freundin sagen: 'Es ist gut so.'
Jileia verstand – auch Nadyana hatte einst nicht nur ihre Familie im Wengenholm'schen verlassen, sondern auch ihre Hofherrin Markgräfin Irmenella von Greifenfurt, wecher sie eine Freundin gewesen war. Und von der Burg Fürstenhort war es ein längerer Weg in das greifenfurter Land als bis nach Galebquell.
Jetzt trat die Perainegeweihte vor. Jileia hatte sie schon erkannt, es war die Tante Roklans. Yvetta von Leihenhof, angetan mit dem schlichten Ornat der Priesterinnen der Frühlingsgöttin in frischem Grün, schob sich bis zu den beiden Liebenden vor.
„Meine Liebe, meine Nichte. Lass mich dich für meinen Bruder Willkommen heißen in unserer Familie, mit dem Segen der gütigen Mutter Peraine.“
Und sie breitete ihre Arme zu einem herzlichen Willkommensgruß aus. Ihr Gesicht strahlte vor Freude für ihren Neffen, aber auch für Jileia. Roklan indes sah doch ein wenig zu Boden, als er merkte, wie die Blicke zwischen Jileia und der Erbprinzessin hin und her glitten. Er konnte sich schon vorstellen, wie schwierig es für Jileia sein würde, den Hof zu verlassen und in ein fremdes Land zu gehen. War er doch auch in Darpatien zur Knappschaft gewesen und hatte die Nordmarken verlassen müssen. Und auch Nadyana von Wengenholm würde sicherlich ihre treue Hofdame vermissen, denn er wusste, was er an Jileia haben würde.
So fasste er sich erneut ein Herz, wie er es so manchesmal in den letzten Augenblicken getan hatte, und bat die Prinzessin um ihr Ohr.
„Bitte, Euer Liebden. Ich kann nur ahnen, welche Lücke Jileia hier hinterlassen wird. Kann ich etwas tun, um ...“
Er zuckte wie hilfslos mit den Achseln, die Worte steckten ihm im Halse fest. Nadyana lächelte mit fast frech funkelndem Blick.
„Auch wenn es nicht leicht sein wird eine neue Hofjungfer zu finden, die Jileia so treu und gut ersetzen wird, soll das nicht eure Sorge sein. Stattdessen ist es an euch beiden nun das göttliche Geschenk der Liebe zu genießen.“ ... dann hielt die Prinzessin für einen Moment inne als ein Gedanke in ihr reifte.
„Einen Gefallen aber könnt und müsst ihr mir tun...“
Roklan straffte seinen Körper in ritterlicher Manier, bereit der holden Dame wohl jeden Wunsch zu erfüllen.
„Die größte Freude, die Ihr mir bereiten könnt ist das Versprechen allezeit gut auf Jileia aufzupassen.“
Mit einer Miene zwischen Ernsthaftigkeit und heiterer Vorahnung der Antwort spiegelte sich auf ihrem Gesicht bei diesen Worten. Als er diesen Wunsch vernahm strahlte Roklan.
„Nichts lieber als das, Euer Liebden!“
Es folgten die herzlichen Glückwünsche des Fürsten und bald auch der Begleiter Roklans, die ihn nach einer Nacht in der Fürstenburg, nun in Begleitung seiner Braut, zurück nach Galebquell geleiteten. Wo für beide nun ein neuer Abschnitt ihres Lebens beginnen sollte. Perainhild von Leihenhof indes blieb auf der Burg Fürstenhort. Nadyana von Wengenholm, Jileia von Metenar und Roklan von Leihenhof kamen überein, dass die junge Baronesse Perainhild an Jileias Statt nun der Erbprinzessin dienen sollte. Ihre Liebden würde auf die korrekte Ausbildung der Baronesse achten und vielleicht würde sie ihr gar einen Ehegemahl heraussuchen aus den Reihen der koscher Edlen und Ritter. So begann auch für Perainhild ein neues Leben am Fürstenhofe.