Ein Festtag im Zeichen der Rahja

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Ausgabe Nummer 51 - Praios 1033 BF

Ein Festtag im Zeichen der Rahja

Verbindung der Häuser Hirschingen und Borking

Hirschingen/Borking. Schon lange vor dem Ereignis, von dem ich heuer berichten möchte, waren zwischen den beiden Ortschaften Hirschingen und Borking in der Baronie Nadoret die Boten hin- und hergeritten und hatten eine Depesche nach der anderen ausgetauscht, die Junker Damian und Ritter Arbel einander sandten. Hin und wieder traf auch eine Nachricht aus Falkenhag ein, von wo letztlich auch die Zustimmung zu dem kommen musste, über das die hohen Herren alldieweil beraten hatten.
Die Bauern auf dem Feld zogen verschreckt die Köpfe ein, wenn wieder ein Reiter im schnellen Galopp auf die hoch über der Nesse gelegene Borkenhalle zupreschte. Was hatte der alte Damian nur vor, rätselte der einfache Mann auf dem Marktplatz, und im Gasthaus „Der goldene Schlüssel“ und den drei Tavernen des Ortes kursierten schon bald die wildesten Gerüchte. Der Junker wolle nun endlich Ernst machen und gegen die alte Vettel in Nadoret aufbegehren, er schare deshalb seine Freunde um sich. Nein, nein, er plane vielmehr seine Abdankung und suche nach einem Quartier, in das er sich zum Sterben zurückziehen könne. Mitnichten, er habe seine Finanzen einmal mehr zu stark strapaziert und bettele jetzt allerorten um milde Gaben... Doch alle diese Spekulationen gingen weit an der Wirklichkeit vorbei. Der Grund für den regen Briefwechsel zwischen Damian von Borking und dem mit ihm befreundeten Haus derer von Hirschingen lag viel weiter in der Vergangenheit, und keiner der eifrigen Zecher in den Wirtshäusern ahnte etwas. Bereits in den Tagen des Usurpators Answin von Rabenmund hatten sich die beiden Familien innig vereint und in ihrem Aufbegehren gegen den fehlgeleiteten Baron Dajin von Nadoret etwas geschworen, das nunmehr in die Tat umgesetzt werden sollte:

Im fernen Angbar hatte es Seiner fürstlichen Durchlaucht Blasius vom Eberstamm nämlich gefallen im verschneiten Hesinde während einer prächtigen Festivität seiner nunmehr einundzwanzig Götterläufe zählenden Leibknappin Emergunde, dem zweitjüngsten Spross des Hauses Hirschingen, den Ritterschlag und damit den Abschied zu geben. So mancher Knappe und Page des Fürsten mag innerlich gejubelt haben, stand die junge und ehrgeizige Kämpferin doch in dem Ruf, streng und unerbittlich zu sein, und machte diesem Ruf alle Ehre, wenn sie die Übungsgefechte der jüngeren beaufsichtigte. Bis zum Frühjahr war sie noch in Angbar verblieben, dann hatte sie Burg Fürstenhort verlassen und war nach Gut Hirschingen zurückgekehrt. Etwa zu dieser Zeit gelangten von Borking aus die ersten Briefe dorthin. Doch dann wurde der letzte Reiter Ende Ingerimm gesehen und es zog wieder behagliche Ruhe in den Orten ein. Bis zu jenen Tagen, von denen ich nun berichten möchte:

Der 16. Rahja 1032 BF war ein sonniger und milder Tag. Die Nesse plätscherte gemütlich vor sich hin und ergoss sich träge in den Großen Fluss. Ein Hauch von Frieden lag über Borking, als sich vom Süden her eine Gruppe Reiter rasch näherte. Wie erstaunten die redlichen Gardisten, als sie niemand Geringeres als den fürstlichen Hofherold und Erbvogt von Zwischenwasser Hernobert Korsten Greifswill von Falkenhag und seine Gemahlin Algunde erkannten. In ihrem Gefolge reisten nebst Ritter Abel und Ritterin Emergunde von Hirschingen etliches Gesinde, wohl etwa zwanzig an der Zahl. Wer hätte es wagen können, einem derart hohen Besuch den Eintritt nach Borking zu verwehren, und so beeilten sich die Gardisten, die hohen Herrschaften die Nesse überqueren zu lassen, auf dass sie zur Borkenhalle gelangen konnten. Oh wie groß war dort die Freude über ihr Eintreffen. Schnell wurde dem Dümmsten klar, dass es sich hierbei nicht um einen Höflichkeitsbesuch handeln konnte. Und in der Tat wurde das Geheimnis zwei Tage hernach geüftet.

In einer feierlichen Prozession schritten (!) die Familien von Borking und von Hirschingen von der Borkenhalle herab durch den Ort hinunter zum Traviatempel, allen voran der stolze, im Gesicht ob der Freude stark gerötete älteste Sohn des Junkerhauses Gerbald Bork von Borking. An seiner Seite hielt sich kerzengerade und stumm seine auserwählte künftige Gemahlin Emergunde Iralda Rondriane von Hirschingen. Hinter ihnen kamen paarweise Junker Damian und Seine Hochwohlgeboren Hernobert, Junkerin Algunde und Ritter Edelbrecht, der geradewegs aus Moorbrück angereist war, sowie Knappe Knurrbold und Ritter Arbel. Wie es schien, hatten sich die Herrschaften auf eine betont schlichte Feier geeinigt. Während Seine Gnaden Trautmann im Tempelinneren die Zeremonie leitete, ließen es sich die aufgeweckten Bürger Borkings nicht nehmen, in Windeseile den Ort zur Feier des Tages mit Blüten und bunten Wimpeln zu schmücken. Hernach nahmen sie Aufstellung vor der Tempeltür und warteten auf das Erscheinen des Brautpaares. Kaum hate dieses das helle Licht des Tages wieder erblickt, da ließen sie die jungen Herrschaften hochleben und brachten ihnen gar ein Ständchen zum Traviabund.

Lächelnd bedankte sich der Bräutigam durch ein Nicken und hieß die Menge zu schweigen. Eigentlich wäre es an seinem Vater als Oberhaupt Borkings gewesen zu der Menge zu sprechen, doch erhob niemand Einwände, als er, der um soviel Jüngere das Wort ergriff: „Ihr lieben Leute. Ihr kennt mich schon mein ganzes Leben lang und wisst, dass ich kein Mann großer Worte bin! Seid für eure Geste der Zuneigung und des Mitgefühls herzlich bedankt und seid versichert, dass wir, meine Gemahlin und ich, stets in Dankbarkeit an diesen euren Treuebeweis denken werden. So gehet hin und räumt uns gut die Tavernen aus. Trinkt zur Feier des Tages soviel ihr wollt, ich werde all eure Rechnungen begleichen und…“ der Rest ging im Jubel der Masse unter, die sich daraufhin schnell auf die Kneipen verteilte und während der Adel in der Borkenhalle für sich allein feierte, endete für uns der Tag in einem Gelage, das eines Koschers würdig ist.

Ludeger Bäumling