Unter Schurken - Reiter in der Nacht
Rena wurde durch eine Bewegung aufmerksam. Einer der Kerls, ein kräftiger, stiernackiger Glatzkopf machte gerade Anstalten, zur Türe zu gehen.
“Wulfman?“ schnarrte der Schleiffenröchter mit seiner harten Stimme.
“Geh’ nur’n paar Scheite frisches Holz holen“, grunzte dieser und gratzte sich am Bauch.
“Kalt wie im Firunsmond...“
“Schon recht. Und sag noch der Schlampe von Wirtin, sie soll ‘ne Kanne Wein bringen. Wir haben heut’ nacht auf ‘was anzustoßen – nicht wahr, Jergenquell“, meinte Schleiffenröchte und blickte Merwerd scharf an.
Er traut mir nicht so weit wie von der Hand zum Schwertgriff. Ich muß vorsichtig sein, fuhr es Merwerd Stoia durch den Kopf.
Langsam erhob er sich, bestrebt, keine allzu schnelle Bewegung zu machen.
“Ihr Leut’s, es ist schon späte Boronsstunde, und der Rabengott hat längst seinen Stab geführt. Vielleicht sollten wir morgen mit frischer Laune weitersprechen.“
Er sah ein dankbares Flackern in den Augen der anderen. Aus den Augenwinkeln verfolgte er, wie Rena gleichermaßen aufstand. Sie gingen hinter dem Wulfman geheißenen Schlagetot auf die Eingangstüre zu, um scheinbar ihre Sachen hereinzuholen.
Rahja hilf, und ich will Deinem Tempel drei Faß besten Rotweins stiften!
Wolfhardt warf die Worte gegen die Sphären. Seine Hand fuhr an die Harfe. Sein Tenor erscholl metallen über’s Gefilde:
So-ho laßt das Ja-agdho-orn denn e-erkliiiingen,
Wi-hill Firuns Werk u-huns wohl ge-eliiiiingen!
Die Reiter vor ihm auf dem Weg zügelten erschrocken die Pferde. Das vorderste stieg mit den Vorderhufen und hätte den Reiter schier abgeworfen. Im Hintergrunde hörte Wolfhardt den erschrockenen Ruf seiner Gefährten.
A-hauf, Ilma, löööst die Huuundestri-icke,
Seeeht die Bluuuutgier i-ihre-er Bliiiicke,
Laßt Aaaalbumiiiinens Wa-ha-haldeshaaallen
Von heeeetzendem Ge-hebeeeell erschaaaallen!
“Verdammt! Wer ist da!“ drang eine heisere Frauenstimme durch die Nacht. Im Hintergrunde, auf dem Hof, entstand emsige Bewegung.
“Ein Sänger nur, zu später Stund’!“ rief Wolfhardt den Fremden entgegnen. “Und wer seid Ihr?“
“Beim Firun! Nennt’ Ihr solch einen Empfang witzig, Schleiffenröchte?“ brüllte ein Mann.
“Haha, ich weiß wohl, wer Ihr seid, denn:
No-och rennt es freiii und staaark und schneeell,
Da-as Wild mit Naaaamen Jeeergenquell!“
“Bei allen Niederhöllen, was soll das?!“ ächzte die hohe Gestalt inmitten des Haufes.
“Baron, was...?“
Die Stimmen wirbelten durcheinander. Wolfhardt setzte zum Stoß an:
Da-ha naht Dein Eeende uuunheilsvoll
Durch unsre-her Waidleut streeeengen Groll!
Nun denn, die Meeeeute rasch e-hentlassen,
Voraaan, das Wild, wir wooolln es fassen!
“Ich kenn den Sang! Du Hund! – Ja, Albumin!“ kreischte derselbe Mann und trieb sein Roß in die Richtung des nächtlichen Sängers.
“Achtung, Dragosch!“ schrie Wolfhardt den Freunden zu und sprang vom Felsen. Sie mußten den Lärm gehört haben. Er rannte auf den Hof zu und zog im Rennen das Schwert.
“Dem nach! Nieder mit dem Sängerhund!“ gellte es hinterdrein...