Hoher Besuch aus dem Berg

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Ausgabe Nummer 47 - Tsa 1031 BF

Hoher Besuch aus dem Berg

Moxolima von Koschim in Angbar


ANGBAR. Wenig erfährt man über die Reiche der Zwerge unter dem Berg, denn gewöhnlich bleiben ihre Pforten den meisten Menschen verschlossen, und die Angroschim selbst haben Besseres zu tun als anderen Geschwätz von ihren Angelegenheiten aufzudrängen. So ist auch nicht viel darüber bekannt, wie die Dinge in Koschim stehen, seit die Binge vom Alagrimm aufs Fürchterlichste verheert wurde. Der Bergkönig soll voll Gram um den Verlust seines getöteten Sohnes Gilmoxor erfüllt sein und vom Hass auf alles Drachische, heißt es nur.

Mancher noch so wackere Menschenherrscher wäre ob eines solchen Schlages gegen Volk und Familie wohl schier verzweifelt (man erinnere sich nur des Fürsten Alphak vom Eberstamm). Das Kleine Volk aber denkt wohl in anderen Maßstäben, wie sich jüngst beim Besuch einer hochrangigen Delegation aus Koschim in Angbar zeigte: Mehr denn ein Dutzend Angroschim waren es, die da mit einem Mal im derben Reisewams, mit schlichten Kapuzen und ihrem Gepäck auf dem Rücken durch die Hügel aufs Stadttor zu marschierten. Kein Bote oder Herold hatte ihr Kommen in Angbar angekündigt, denn das hatte ihre Anführerin nicht für nötig befunden. Sechs junge Zwerge trugen die Sänfte, in der sie saß: Moxolima aus der Sippe Trufax, die Gemahlin König Gilemons.

„Ich habe manchen Winter erlebt, zwei Söhne geboren, Angroschs Hammerschlag die Hallen von Koschim erschüttern gespürt und das Feuer des Alagrimm überlebt – da habe ich es nicht mehr nötig, meine Zähigkeit durch einen langen Marsch unter Beweis zu stellen, solange es in meiner Sippe noch jüngere Füße und kräftige Arme als meine gibt“, erzählte die Zwergenfürstin der Frau Thalessia vom Eberstamm später bei einem Krug Angbarer Dunkel.

Der Fürstinmutter war es zugekommen, den hohen Gast zu empfangen. Wer anders als sie hätte dies auch tun können? Doch war es ein Glück, dass Frau Thalessia in der Stadt weilte. Denn eigentlich hatte sie sich schon zum Erlenschloss begeben wollen, wo ihr Enkel Anshold und seinen Frau Nadyana in wenigen Tagen Ratschläge entgegen nehmen wollten, wie ihnen ein neues Erbprinzlein verheißen sein konnte (vergleiche die Titelgeschichte in dieser Ausgabe).

Als die Fürstinmutter dies der koschimer Zwergin mitteilte und sie zugleich bat, noch vom guten Räucherschinken zu nehmen, lächelte diese milde. „Ihr sorgt Euch um einen Erben Eurer Sippe? Aber dies müsst Ihr doch wohl kaum.“ So erfuhr das Fürstenhaus (und mit ihm ganz Angbar), dass Bergkönig Gilemon nach dem Tod seines Erben Gilmoxor zwei Neffen nach der zwergischen Sitte der Onkelwirtschaft an Sohnes statt angenommen hat. Die beiden junge Zwerge sind die Söhne von Gilemons Schwester Giliamorscha, die mit einem Mann der Sippe Koronam verheiratet ist. „So stehen die beiden jungen Burschen in der Erblinie der Bergkönigs, und wackere Kerle sind es allemal“, erläuterte Moxolima. Genauso könne es doch auch Herr Blasius tun, sprach sie weiter, und war aufs Erstaunlichste im Stammbaum des Hauses Eberstamm bewandert: „Er hat den Sohn seiner Schwester Thalia, seinen Vetter Voltan – auch wenn dieser ein Magier ist und ich nicht dazu raten würde – und obendrein noch den braven und bescheidenen Jungen, den ihr uns einmal als Boten schicktet...“ – „Angbart von Eberstamm-Auersbrück“, ergänzte der Erbgreve Grumosch Gimmelding, der Kraft seines Amtes und als entfernter Verwandter des hohen Gastes ebenfalls der Unterredung beiwohnte.

Während die Fürstinmutter noch über diesen Vorschlag der Zwergin nachsann, verblüffte diese sie ein zweites Mal. Genauso gelassen erklärte da Moxolima, sie wisse aber, dass ihr eigener zweiter Sohn Gaximdod noch am Leben sei. Der Zwilling Gilmoxors war in jungen Jahren nach einem Zwist mit seinem Vater in die Welt gezogen, da er als Forscher und Erfinder begehrte, neue Dinge zu sehen, die es unter dem Berg nicht gab. Seitdem hatte man in Koschim nichts mehr von ihm vernommen, ja, den Menschen war dieser zweite Sohn Gilemons völlig unbekannt. „Ich will ihn fragen, ob nun nicht die Zeit ist, zu seiner Sippe heimzukehren“, sprach die Mutter.

„Nach Xorlosch pilgern wir deshalb, in die alte Heimat unseres Volkes, um von Angrosch Rat zu erbitten, wo wir Gaximdod finden können.“


Burgholdin der Jüngere, nach Berichten vom Hofe