Die Zweite Neufarnhainer Tafel - Aufregung: Unterschied zwischen den Versionen
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{{ | |Titel=Aufregung | ||
|Reihe=Die Zweite Neufarnhainer Tafel | |||
|Teil=15 | |||
|Datum=18.9.1033 | |||
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|Zusammenfassung=Unruhe ergreift das Fest. | |||
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So verloren die Mitglieder des Suchkommandos keine Zeit und packten in aller Eile mit dem nötigen Sachverstand alle die Ausrüstungsgegenstände ein, die ihnen im dunklen Sumpf behilflich sein konnten, wie Fackeln, Seile, ein wenig Proviant und Decken, für den Fall, dass sie gezwungen wären, in der Wildnis zu übernachten. Schlagartig war die Feststimmung verflogen, die Wachen an der Palisade verstärkt und die Tafel abgeräumt worden. So sehr Edelbrecht auch auf [[Etosch Gabelbart]] eingeredet und ihm eingeschärft hatte, er möge während Edelbrechts Abwesenheit die Aufsicht über die Siedlung übernehmen, der Angroscho hatte es sich nicht ausreden lassen, ebenfalls an der Suche nach dem kleinen Ausreißer teilzunehmen. Da Edelbrecht darüber hinaus auch auf den göttlichen Beistand Ingerimms zählte, bat er den Angroschgeweihten Dwarrosch ebenfalls um seine Mithilfe. Damit rückte Leubold Garnelinger gänzlich unverhofft zum Stellvertreter seines Herrn auf.<br>An anderer Stelle machte sich eine weitere Person reisefertig, ohne auf das Geschwätz der Anwesenden oder die missfälligen Blicke Edelbrechts zu achten: Danja. Mit der einfachen Frage, ob er denn nicht wüsste, dass man niemals mit einer geraden Anzahl an Personen reisen sollte, weil das Unglück mit sich brächte, packte sie den Borkinger bei seinem Aberglauben. ”Außerdem”; so fuhr sie fort ”mein Herr, mag es ja sein, dass ihr die arkanen Künste verabscheut. Wenn aber welche im Spiel sind, was in diesem Fall ja durchaus im Bereich des Möglichen liegt, dann könnt ihr sie noch so sehr verabscheuen, ihr werdet ohne eine Fachfrau nicht gegen sie ankommen.”<br>Entwaffnet von dieser Argumentation der gerissenen Maga, gab sich Edelbrecht geschlagen, so dass die elfköpfige Gruppe ohne weiteres Federlesen aufbrechen konnte. Kaum hatten sie unter der großen Anteilnahme der Dörfler das Tor Neufarnhains hinter sich gelassen, hatte die Stunde Erborns als Fährtensucher geschlagen: Er setzte sich an die Spitze der Gruppe, spähte behutsam in alle Himmelsrichtungen und fokussierte schließlich einen Punkt im Gras.<br>Reglos verharrte er einige Augenblicke, in denen sein Verstand fieberhaft zu arbeiten schien. Entschlossen nickte er und bedeutete seinen Begleitern ihm zu folgen. ”Unser Weg führt nach Osten!” verkündete er knapp und als Edelbrecht zu einer Frage anhob, fügte er erklärend hinzu: ”Seht hier ist das Gras stärker geknickt als an den anderen Stellen. Auch wenn wir bei unserer Rückkehr von der Jagd ebenfalls hier entlanggekommen sind, so kann die Spur nicht von uns stammen. Die Gräser hätten sich infolge der Feuchtigkeit dieses Ortes viel schneller schon wieder aufgerichtet. Auch ist derjenige, der hier vorbeigekommen ist, barfuß gelaufen, wie man hier sehr schön sehen kann. Ein bestiefelter Fuß hätte das Gras nie so zerrupft wie die Zehen eines Menschen.”<br>Beeindruckt nickte Edelbrecht. Es war sicherlich kein Fehler gewesen Erborn mitzunehmen. ”Also führt der Weg zum Steinkreis?” fragte er ahnungsvoll. ”Genau lässt sich das noch nicht sagen, wir müssen abwarten, vielleicht hat Arbel auch unterwegs seine Richtung geändert. Allerdings hat er einen ganz schönen Vorsprung herausgearbeitet, mindestens zwei Stundengläser, wenn ihr mich fragt.” ”Hoffentlich holen wir ihn noch rechtzeitig ein”, brummte Etosch. ”Das hoffe ich auch”, schnaufte Roban ”und dann ist eine gewaltige Tracht Prügel fällig. Unverschämter Bengel, was fällt ihm ein, einfach davonzulaufen und uns den Abend zu versauen?!”<br>Schweigend setzte sich die Gruppe wieder in Bewegung, stets Erborn folgend, der den Blick gen Boden gewandt immer neue Anzeichen für Arbels Vorbeikommen entdeckte. Nach etwa einer halben Stunde schien aus der düsteren Ahnung dumpfe Gewissheit zu werden: Immer weiter näherten sie sich der dunklen Silhouette des rätselhaften Steinkreises, der sich im Licht ihrer Fackeln schemenhaft aus der Finsternis der Nacht schälte. Käuzchen schrien und gelegentlich schreckte ein Rascheln die Suchenden aus ihren trüben Gedanken. | [[Briefspieltext mit::1033]], [[Handlungsort ist::Neufarnhain]] | ||
Als der Höhepunkt des Abends gekommen war und sich das ein oder andere Paar strahlend im Takte der Musik, die die Drei-Mann-Kapelle von sich gab, über den Dorfplatz schob, während so manch anderer glücklich und zufrieden den wohlgefüllten Wanst streichelte, ließ die Anspannung der drei Zwerge sichtlich nach, hatte doch auch Dwarrin schon wieder lächeln können. Und so sprach manch einer schon von einem äußerst gelungenen Fest, das in die noch junge Geschichte Neufarnhains eingehen würde, als ein schriller Schrei aus der Kate der Familie Beutelsaum zum Festplatz herüberhallte. Für einen kurzen Moment erstarben jegliche Bewegungen und Gespräche.<br>Aus der südlich gelegenen Hütte der Gerstenbauernfamilie kam die alte Firuna Beutelsaum gelaufen, so schnell es die Kraft ihrer Greisenbeine zuließ. Ihre Haare, die sie sonst zu einem strengen Dutt zusammengeknotet hatte, flatterten gelöst im Wind.<br>Schon von weitem rief sie zum Festplatz hinüber: ”Er ist fort, er ist fort!”<br>Aufgeregt liefen Kalmun und Mechtel ihr entgegen und bestürmten sie mit Fragen. Andere Neufarnhainer erhoben ihre Stimmen, so dass man kaum ein Wort verstand. Erst dem Angroschgeweihten Dwarrosch gelang es, die Menge so weit zu beruhigen, dass Firuna unter Keuchen und sichtlich nach Atem ringend die Worte hervorstoßen konnte: ”Arbel, ich kann meinen Enkelsohn nirgendwo finden.”<br>Erst da fiel der Festgesellschaft auf, dass sie den elfjährigen Knaben nicht mehr gesehen hatte, seitdem er sich gleich zu Beginn des Abends ein saftiges Stück vom Ochsen hatte abschneiden lassen. Wie selbstverständlich war man bislang davon ausgegangen, dass der Junge sich auf sein Nachtlager zur Ruhe begeben hatte. Schnell kamen alle Anwesenden der Bitte der verstörten Eltern nach und stellten die Siedlung auf der Suche nach dem Kind auf den Kopf. Aber Fehlanzeige – Arbel war nicht aufzufinden.<br>”Dieser verflixte, von allen Göttern verlassene Bengel”, knurrte Leubold Garnelinger und fuhr an [[Hauptdarsteller ist::Edelbrecht von Borking|Edelbrecht]] gewandt fort: ”Er macht uns unser gesamtes Fest kaputt. Ihr solltet ihn übers Knie legen, Wohlgeboren.”<br>”Das setzt voraus, dass wir ihn erst einmal finden, Leubold”, antwortete dieser und schaute Xolberon fragend an, der gerade mit der Seilwinde des Brunnens aus der örtlichen Frischwasserzufuhr gezogen worden.<br>”Fehlanzeige, Wohlgeboren, das Kind ist auch nicht in den Brunnen gefallen, Haaaatschi!” entfuhr es dem Angroscho.<br>”Dann bleibt nur noch eine Möglichkeit”, schloss Edelbrecht und blickte prüfend an den [[Ortsnennung ist::Moorbrück]]er Himmel, an dem düstere Wolken aufgezogen waren.<br>”Arbel ist in den Sumpf gegangen, weiß der [[wikav:Namenloser|Namenlose]], was er dort zu suchen hat.”<br>In der Ferne blitzte es bläulich. Kam das etwa aus der Richtung des östlich gelegenen Steinkreises? Mechtel schluchzte auf, warf sich in die Arme ihres Gatten und weinte jämmerlich.<br>”Es bleibt uns nichts anderes übrig”, beschloss Edelbrecht ”wir müssen uns noch einmal nach draußen wagen und den Knaben suchen. Es ist zwar schon spät, aber eben deshalb wird der Kleine noch nicht weit gekommen sein. Wir müssen ihn finden, ehe das etwas anderes tut! Wer schließt sich mir an?”<br>"Ich!" dröhnte [[Nebendarsteller ist::Olgosch Sohn des Ogrim|Olgoschs]] tiefe und feste Stimme, als er laut vernehmbar seinen Krug auf dem Tisch abstellte.<br>"Das Bier ist nicht so stark, dass es meine Sinne vernebelt hätte", brachte er einen kleinen Seitenhieb in Richtung der unbekannten Bierpanscher.<br>"Meine Rüstung trage ich sowieso schon, ich hole nur eben meine Waffe!"<br>"Sehr gut, bei [[Akteursnennung ist::Ingerimm]]!", freute sich Edelbrecht über die Entschlossenheit des Zwerges. Dieser stapfte sogleich zur Unterkunft der Sauberbrodts.<br>”Ich natürlich auch!” röhrte [[Nebendarsteller ist::Roban Grobhand von Koschtal|Roban]] los, heiser wie ein Herbsthirsch. Den mangelnden Alkoholgehalt hatte er wider den guten Vorsatz doch einigermaßen durch die Menge des Bieres kompensiert, und so wurde aus dem entschlossenen Aufspringen eher das Schwanken, das ein wenig an die Kobra eines Schlangenbeschwörers erinnerte. Schon warfen die ersten Leute ihm besorgte Blicke zu, als zweifelten sie daran, dass ein betrunkener Ritter eine große Hilfe sein würde, aber Roban atmete ein paar Mal tief durch, riss sich zusammen und verfluchte innerlich die eigene Maßlosigkeit. Dass er aber auch die Finger nicht von der Sauferei lassen konnte!<br>Sogar Edelbrecht wirkte für den Moment unsicher, ob er das Angebot wirklich annehmen sollte, dann nickte er.<br>Ein Nicken [[Nebendarsteller ist::Reto von Tarnelfurt|Retos]] in Richtung Edelbrecht genügte, damit Reto und [[Nebendarsteller ist::Erborn Donnerbacher|Erborn]] sich bereit machten für eine nächtliche Suche im Moor.<br>Auch [[Nebendarsteller ist::Rainfried von Grimsau|Rainfried]] nickte Edelbrecht zu und wandte sich den Beutelsaumern zu.<br>”Wer mir seine Gastfreundschaft schenkt, kann jederzeit auf meine Hilfe hoffen. [[Nebendarsteller ist::Alma aus Grantelweiher|Alma]], [[Nebendarsteller ist::Rambox Sohn des Rumburak|Rambox]], macht euch aufbruchbereit.”<br>So verloren die Mitglieder des Suchkommandos keine Zeit und packten in aller Eile mit dem nötigen Sachverstand alle die Ausrüstungsgegenstände ein, die ihnen im dunklen Sumpf behilflich sein konnten, wie Fackeln, Seile, ein wenig Proviant und Decken, für den Fall, dass sie gezwungen wären, in der Wildnis zu übernachten. Schlagartig war die Feststimmung verflogen, die Wachen an der Palisade verstärkt und die Tafel abgeräumt worden.<br>So sehr Edelbrecht auch auf [[Nebendarsteller ist::Etosch Gabelbart]] eingeredet und ihm eingeschärft hatte, er möge während Edelbrechts Abwesenheit die Aufsicht über die Siedlung übernehmen, der Angroscho hatte es sich nicht ausreden lassen, ebenfalls an der Suche nach dem kleinen Ausreißer teilzunehmen. Da Edelbrecht darüber hinaus auch auf den göttlichen Beistand Ingerimms zählte, bat er den Angroschgeweihten Dwarrosch ebenfalls um seine Mithilfe. Damit rückte Leubold Garnelinger gänzlich unverhofft zum Stellvertreter seines Herrn auf.<br>An anderer Stelle machte sich eine weitere Person reisefertig, ohne auf das Geschwätz der Anwesenden oder die missfälligen Blicke Edelbrechts zu achten: [[Nebendarsteller ist::Danja Salderken|Danja]]. Mit der einfachen Frage, ob er denn nicht wüsste, dass man niemals mit einer geraden Anzahl an Personen reisen sollte, weil das Unglück mit sich brächte, packte sie den Borkinger bei seinem Aberglauben.<br>”Außerdem”; so fuhr sie fort, ”mein Herr, mag es ja sein, dass ihr die arkanen Künste verabscheut. Wenn aber welche im Spiel sind, was in diesem Fall ja durchaus im Bereich des Möglichen liegt, dann könnt ihr sie noch so sehr verabscheuen, ihr werdet ohne eine Fachfrau nicht gegen sie ankommen.”<br>Entwaffnet von dieser Argumentation der gerissenen Maga, gab sich Edelbrecht geschlagen, so dass die elfköpfige Gruppe ohne weiteres Federlesen aufbrechen konnte. Kaum hatten sie unter der großen Anteilnahme der Dörfler das Tor Neufarnhains hinter sich gelassen, hatte die Stunde Erborns als Fährtensucher geschlagen: Er setzte sich an die Spitze der Gruppe, spähte behutsam in alle Himmelsrichtungen und fokussierte schließlich einen Punkt im Gras.<br>Reglos verharrte er einige Augenblicke, in denen sein Verstand fieberhaft zu arbeiten schien. Entschlossen nickte er und bedeutete seinen Begleitern ihm zu folgen.<br>”Unser Weg führt nach Osten!” verkündete er knapp und als Edelbrecht zu einer Frage anhob, fügte er erklärend hinzu: ”Seht hier ist das Gras stärker geknickt als an den anderen Stellen. Auch wenn wir bei unserer Rückkehr von der Jagd ebenfalls hier entlanggekommen sind, so kann die Spur nicht von uns stammen. Die Gräser hätten sich infolge der Feuchtigkeit dieses Ortes viel schneller schon wieder aufgerichtet. Auch ist derjenige, der hier vorbeigekommen ist, barfuß gelaufen, wie man hier sehr schön sehen kann. Ein bestiefelter Fuß hätte das Gras nie so zerrupft wie die Zehen eines Menschen.”<br>Beeindruckt nickte Edelbrecht. Es war sicherlich kein Fehler gewesen Erborn mitzunehmen.<br>”Also führt der Weg zum Steinkreis?” fragte er ahnungsvoll.<br>”Genau lässt sich das noch nicht sagen, wir müssen abwarten, vielleicht hat Arbel auch unterwegs seine Richtung geändert. Allerdings hat er einen ganz schönen Vorsprung herausgearbeitet, mindestens zwei Stundengläser, wenn ihr mich fragt.”<br>”Hoffentlich holen wir ihn noch rechtzeitig ein”, brummte Etosch.<br>”Das hoffe ich auch”, schnaufte Roban ”und dann ist eine gewaltige Tracht Prügel fällig. Unverschämter Bengel, was fällt ihm ein, einfach davonzulaufen und uns den Abend zu versauen?!”<br>Schweigend setzte sich die Gruppe wieder in Bewegung, stets Erborn folgend, der den Blick gen Boden gewandt immer neue Anzeichen für Arbels Vorbeikommen entdeckte. Nach etwa einer halben Stunde schien aus der düsteren Ahnung dumpfe Gewissheit zu werden: Immer weiter näherten sie sich der dunklen Silhouette des rätselhaften Steinkreises, der sich im Licht ihrer Fackeln schemenhaft aus der Finsternis der Nacht schälte. Käuzchen schrien und gelegentlich schreckte ein Rascheln die Suchenden aus ihren trüben Gedanken. |
Aktuelle Version vom 2. April 2022, 13:10 Uhr
Als der Höhepunkt des Abends gekommen war und sich das ein oder andere Paar strahlend im Takte der Musik, die die Drei-Mann-Kapelle von sich gab, über den Dorfplatz schob, während so manch anderer glücklich und zufrieden den wohlgefüllten Wanst streichelte, ließ die Anspannung der drei Zwerge sichtlich nach, hatte doch auch Dwarrin schon wieder lächeln können. Und so sprach manch einer schon von einem äußerst gelungenen Fest, das in die noch junge Geschichte Neufarnhains eingehen würde, als ein schriller Schrei aus der Kate der Familie Beutelsaum zum Festplatz herüberhallte. Für einen kurzen Moment erstarben jegliche Bewegungen und Gespräche.
Aus der südlich gelegenen Hütte der Gerstenbauernfamilie kam die alte Firuna Beutelsaum gelaufen, so schnell es die Kraft ihrer Greisenbeine zuließ. Ihre Haare, die sie sonst zu einem strengen Dutt zusammengeknotet hatte, flatterten gelöst im Wind.
Schon von weitem rief sie zum Festplatz hinüber: ”Er ist fort, er ist fort!”
Aufgeregt liefen Kalmun und Mechtel ihr entgegen und bestürmten sie mit Fragen. Andere Neufarnhainer erhoben ihre Stimmen, so dass man kaum ein Wort verstand. Erst dem Angroschgeweihten Dwarrosch gelang es, die Menge so weit zu beruhigen, dass Firuna unter Keuchen und sichtlich nach Atem ringend die Worte hervorstoßen konnte: ”Arbel, ich kann meinen Enkelsohn nirgendwo finden.”
Erst da fiel der Festgesellschaft auf, dass sie den elfjährigen Knaben nicht mehr gesehen hatte, seitdem er sich gleich zu Beginn des Abends ein saftiges Stück vom Ochsen hatte abschneiden lassen. Wie selbstverständlich war man bislang davon ausgegangen, dass der Junge sich auf sein Nachtlager zur Ruhe begeben hatte. Schnell kamen alle Anwesenden der Bitte der verstörten Eltern nach und stellten die Siedlung auf der Suche nach dem Kind auf den Kopf. Aber Fehlanzeige – Arbel war nicht aufzufinden.
”Dieser verflixte, von allen Göttern verlassene Bengel”, knurrte Leubold Garnelinger und fuhr an Edelbrecht gewandt fort: ”Er macht uns unser gesamtes Fest kaputt. Ihr solltet ihn übers Knie legen, Wohlgeboren.”
”Das setzt voraus, dass wir ihn erst einmal finden, Leubold”, antwortete dieser und schaute Xolberon fragend an, der gerade mit der Seilwinde des Brunnens aus der örtlichen Frischwasserzufuhr gezogen worden.
”Fehlanzeige, Wohlgeboren, das Kind ist auch nicht in den Brunnen gefallen, Haaaatschi!” entfuhr es dem Angroscho.
”Dann bleibt nur noch eine Möglichkeit”, schloss Edelbrecht und blickte prüfend an den Moorbrücker Himmel, an dem düstere Wolken aufgezogen waren.
”Arbel ist in den Sumpf gegangen, weiß der Namenlose, was er dort zu suchen hat.”
In der Ferne blitzte es bläulich. Kam das etwa aus der Richtung des östlich gelegenen Steinkreises? Mechtel schluchzte auf, warf sich in die Arme ihres Gatten und weinte jämmerlich.
”Es bleibt uns nichts anderes übrig”, beschloss Edelbrecht ”wir müssen uns noch einmal nach draußen wagen und den Knaben suchen. Es ist zwar schon spät, aber eben deshalb wird der Kleine noch nicht weit gekommen sein. Wir müssen ihn finden, ehe das etwas anderes tut! Wer schließt sich mir an?”
"Ich!" dröhnte Olgoschs tiefe und feste Stimme, als er laut vernehmbar seinen Krug auf dem Tisch abstellte.
"Das Bier ist nicht so stark, dass es meine Sinne vernebelt hätte", brachte er einen kleinen Seitenhieb in Richtung der unbekannten Bierpanscher.
"Meine Rüstung trage ich sowieso schon, ich hole nur eben meine Waffe!"
"Sehr gut, bei Ingerimm!", freute sich Edelbrecht über die Entschlossenheit des Zwerges. Dieser stapfte sogleich zur Unterkunft der Sauberbrodts.
”Ich natürlich auch!” röhrte Roban los, heiser wie ein Herbsthirsch. Den mangelnden Alkoholgehalt hatte er wider den guten Vorsatz doch einigermaßen durch die Menge des Bieres kompensiert, und so wurde aus dem entschlossenen Aufspringen eher das Schwanken, das ein wenig an die Kobra eines Schlangenbeschwörers erinnerte. Schon warfen die ersten Leute ihm besorgte Blicke zu, als zweifelten sie daran, dass ein betrunkener Ritter eine große Hilfe sein würde, aber Roban atmete ein paar Mal tief durch, riss sich zusammen und verfluchte innerlich die eigene Maßlosigkeit. Dass er aber auch die Finger nicht von der Sauferei lassen konnte!
Sogar Edelbrecht wirkte für den Moment unsicher, ob er das Angebot wirklich annehmen sollte, dann nickte er.
Ein Nicken Retos in Richtung Edelbrecht genügte, damit Reto und Erborn sich bereit machten für eine nächtliche Suche im Moor.
Auch Rainfried nickte Edelbrecht zu und wandte sich den Beutelsaumern zu.
”Wer mir seine Gastfreundschaft schenkt, kann jederzeit auf meine Hilfe hoffen. Alma, Rambox, macht euch aufbruchbereit.”
So verloren die Mitglieder des Suchkommandos keine Zeit und packten in aller Eile mit dem nötigen Sachverstand alle die Ausrüstungsgegenstände ein, die ihnen im dunklen Sumpf behilflich sein konnten, wie Fackeln, Seile, ein wenig Proviant und Decken, für den Fall, dass sie gezwungen wären, in der Wildnis zu übernachten. Schlagartig war die Feststimmung verflogen, die Wachen an der Palisade verstärkt und die Tafel abgeräumt worden.
So sehr Edelbrecht auch auf Etosch Gabelbart eingeredet und ihm eingeschärft hatte, er möge während Edelbrechts Abwesenheit die Aufsicht über die Siedlung übernehmen, der Angroscho hatte es sich nicht ausreden lassen, ebenfalls an der Suche nach dem kleinen Ausreißer teilzunehmen. Da Edelbrecht darüber hinaus auch auf den göttlichen Beistand Ingerimms zählte, bat er den Angroschgeweihten Dwarrosch ebenfalls um seine Mithilfe. Damit rückte Leubold Garnelinger gänzlich unverhofft zum Stellvertreter seines Herrn auf.
An anderer Stelle machte sich eine weitere Person reisefertig, ohne auf das Geschwätz der Anwesenden oder die missfälligen Blicke Edelbrechts zu achten: Danja. Mit der einfachen Frage, ob er denn nicht wüsste, dass man niemals mit einer geraden Anzahl an Personen reisen sollte, weil das Unglück mit sich brächte, packte sie den Borkinger bei seinem Aberglauben.
”Außerdem”; so fuhr sie fort, ”mein Herr, mag es ja sein, dass ihr die arkanen Künste verabscheut. Wenn aber welche im Spiel sind, was in diesem Fall ja durchaus im Bereich des Möglichen liegt, dann könnt ihr sie noch so sehr verabscheuen, ihr werdet ohne eine Fachfrau nicht gegen sie ankommen.”
Entwaffnet von dieser Argumentation der gerissenen Maga, gab sich Edelbrecht geschlagen, so dass die elfköpfige Gruppe ohne weiteres Federlesen aufbrechen konnte. Kaum hatten sie unter der großen Anteilnahme der Dörfler das Tor Neufarnhains hinter sich gelassen, hatte die Stunde Erborns als Fährtensucher geschlagen: Er setzte sich an die Spitze der Gruppe, spähte behutsam in alle Himmelsrichtungen und fokussierte schließlich einen Punkt im Gras.
Reglos verharrte er einige Augenblicke, in denen sein Verstand fieberhaft zu arbeiten schien. Entschlossen nickte er und bedeutete seinen Begleitern ihm zu folgen.
”Unser Weg führt nach Osten!” verkündete er knapp und als Edelbrecht zu einer Frage anhob, fügte er erklärend hinzu: ”Seht hier ist das Gras stärker geknickt als an den anderen Stellen. Auch wenn wir bei unserer Rückkehr von der Jagd ebenfalls hier entlanggekommen sind, so kann die Spur nicht von uns stammen. Die Gräser hätten sich infolge der Feuchtigkeit dieses Ortes viel schneller schon wieder aufgerichtet. Auch ist derjenige, der hier vorbeigekommen ist, barfuß gelaufen, wie man hier sehr schön sehen kann. Ein bestiefelter Fuß hätte das Gras nie so zerrupft wie die Zehen eines Menschen.”
Beeindruckt nickte Edelbrecht. Es war sicherlich kein Fehler gewesen Erborn mitzunehmen.
”Also führt der Weg zum Steinkreis?” fragte er ahnungsvoll.
”Genau lässt sich das noch nicht sagen, wir müssen abwarten, vielleicht hat Arbel auch unterwegs seine Richtung geändert. Allerdings hat er einen ganz schönen Vorsprung herausgearbeitet, mindestens zwei Stundengläser, wenn ihr mich fragt.”
”Hoffentlich holen wir ihn noch rechtzeitig ein”, brummte Etosch.
”Das hoffe ich auch”, schnaufte Roban ”und dann ist eine gewaltige Tracht Prügel fällig. Unverschämter Bengel, was fällt ihm ein, einfach davonzulaufen und uns den Abend zu versauen?!”
Schweigend setzte sich die Gruppe wieder in Bewegung, stets Erborn folgend, der den Blick gen Boden gewandt immer neue Anzeichen für Arbels Vorbeikommen entdeckte. Nach etwa einer halben Stunde schien aus der düsteren Ahnung dumpfe Gewissheit zu werden: Immer weiter näherten sie sich der dunklen Silhouette des rätselhaften Steinkreises, der sich im Licht ihrer Fackeln schemenhaft aus der Finsternis der Nacht schälte. Käuzchen schrien und gelegentlich schreckte ein Rascheln die Suchenden aus ihren trüben Gedanken.