Viermal brach das Rad
Viermal brach das Rad
Die alte Garde im Haus Treublatt ist abgetreten
„Im Boron zu Boron gegangen” das lässt sich gleich über vier betagte Angehörige des Hauses Treublatt sagen. Damit verlässt auf einen Schlag die „alte Garde“ dieses Geschlechts die Bühne der Geschichte. Den Anfang machte Celissa von Treublatt;am 1. Boron entschlief sie friedlich auf ihrem Abort. Ihr Bruder Roban soll untröstlich gewesen sein und sehr um seine jüngste Schwester getrauert haben.
Nur zwei Tage später,am 3.Boron, schloss der gräfliche Archivar Erzbart von Treublatt im stolzen Alter von 79 Jahren auf Schloss Grauensee für immer die Augen. Ein Kanzleighilfe fand ihn leblos in seiner Schreibstube, mit dem Kopf auf einem Folianten liegend. Er war bereits verstorben, bevor er überhaupt vom Tod seiner Schwester erfahren hatte. Doch es war noch nicht vorbei mit den Schicksalsschlägen für das Haus Treublatt, denn am 9.Boron trat Eichbart von Treublatt seine Reise über das Nirgendmeer an. Der Leiter des fürstlichen Strafsteinbruches zu Heisenbinge hatte sich im kalten Wetter einen schlimmen Husten eingefangen und bereits einige Tage das Bett hüten müssen. Trotz seiner 82 Jahre hatte er sich nämlich nicht nehmenlassen, persönlich im Steinbruch nach dem Rechten zu sehen, und war dabei vom kalten Winterregen gründlich durchnässt worden. So kames, dass Landvogt Roban von Treublatt innerhalb von nur acht Tagen alle seine lebenden Geschwister verlor. DerLandvogt war außer sich vor Trauer und bösen Ahnungen, ergaben die Todesdaten seiner Geschwister zusammengezählt doch die Zahl 13.
So war der Landvogt überzeugt davon, dass der Namenlose höchstselbst, oder aber ein abgefeimter Mörder, hinter ihm herwar. Darum verwandelte er über die nächsten Tage die Burg Zwingenberg in eine regelrechte Feste. Seine treusten Ritter hielten Wacht, und der alte Fuchs erdachte sich allerlei Fallen, um den Mördern zustellen. Leider vergaß Seine Wohlgeboren eines Nachts selbst eine dieser Maßnahmen. Er hatte nämlich die Böden so blank polieren lassen, dass sie zu einer veritablen Rutschbahn wurden; im Dunkeln verlor er so den Halt und schlug derart heftig mit dem Kopf auf dem Boden auf, dass ihm das Leben entwich und auch der Ritter Trest von Vardock, der vor seiner Türe Wache gehalten hatte, ihm nicht mehr helfen konnte.
Gemäß dem bereits Tage vor seinem Tod geäußerten Wunsch des Landvogtes schickte Ritter Trest nach den besten Ermittlern im Land und ließ die Burg sowie den Leichnam seines Herrn auch von Geweihten und Magiern untersuchen, doch niemand konnte Hinweise auf einen Mord finden.
Landvogt Roban war mit seinen 87 Jahren ja auch schon im weit fortgeschrittenen Alter gewesen, und da konnte ein einfacher Sturz durchaus zum Tod führen.
Mit dem Hinscheiden der Geschwister tritt eine ganze Generation im Haus Treublatt ab. Das kinderreiche Geschlecht muss darum aber nicht um seine Existenz besorgt sein: Ritter Eichbart wird seine Enkelin Govena nachfolgen, die Tochter des vogelfreien Eberhelm von Treublatt. Govena hatte just im Rondra den Ritterschlag von ihrem Vetter und Knappenvater Gisbrun erhalten. Gisbrun derweil machte sich auf den Weg ins Erlenschloss, um dort beim Fürsten vorzusprechen - gewiss mit dem Ziel, das Amt des Fürstenhorter Landvogtes zu erbitten. Obgleich dieser Posten nicht erblich ist, hat es seit über hundert Jahren ein Mitglied der Familie von Treublatt ausgefüllt. Wer Erzbart als gräflicher Archivar nachfolgen wird, verlautete bisher nicht vom Grafenhof.