Sonnenfürsten
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Chronik
Als man mit einem Male die Rondrageweihten ehrlose Gesellen hieß (den Kronprinzen Rude hätten sie nämlich gemeuchelt), obzwar sie bei Treu und Glauben beteuerten, dies alles sei ein böswillige List ihrer Feinde, die Praiospriester aber die Getreuen der Leuin allesamt richten ließ, da war den Koscher Edlen guter Rat teuer. Das gemeine Volk fügte sich wohl in die neue Ordnung, die dem Götterfürsten gefälliger sei (nicht lange war es, da sie zu murren begannen, doch davon später).
Unter den Rittern, Junkern, Baronen und Grafen aber waren viele, die die Frau Rondra und den Herrn Praios gleichermaßen in Ehren hielten, ohne daß sie zu sagen vermochten, welche Gottheit ihnen lieber sei. So aber zerfielen die Edlen bald in solche, die sich der neuen Herrschaft dienlich zu sein mühten, und solche, die nicht von ihrem Glauben an die Leuin lassen wollte, und Kampf und Tod waren die Folge.
Die Angbarer Geweihten fielen auf den Stufen der Tempelburg, die hernach – gleich den Tempeln von Ferdok, Koschtal, Gerrun, Leuwensteyn und Alt-Garnelen – mit dem Greifensiegel verschlossen wird. Einzig Rondras Halle zu [[Rhôndur[[ blieb dank selten nachsichtiger Praioni verschont.
Ihrer Göttin treu blieb auch Leonore vom Eberstamm. Die Muhme des Fürsten Odoardo vom Eberstamm, selbst eine Geweihte der Leuin, verweigerte die Herausgabe der Reichsinsignien, die Kaiser Ugdalf ihr als Burggräfin zu Uztrutz in Verwahrung gab. Über ein Jahr lang ward die kaiserliche Pfalz von den Truppen des Priesterkaisers Noralec belagert, bevor die ausgehungerten Verteidiger einem verzweifelten Ausfall wagten – und allesamt niedergemacht wurden. Die Burg des ersten Rude hatte den Parteigängern des zweiten Namensträgers kein Glück gebracht. Seit jenem Tage verschwunden aber sind die alte Greifenkugel und die Gürtelschließe Rauls des Großen …
Leonores Schwestersohn Odoardo freilich – welcher in Gareth weilte und den Lichtboten wieder und wieder seiner Ergebenheit versichert – verlor zwar den Fürstentitel (doch nicht den Kopf, und dessen konnte ein jeder gewißlich froh sein in den Tagen der Priesterkaiser) und blieb nurmehr Burggraf der Mark Ochsenblut bei Gareth, wie alle seine Nachkommen, denn keiner von diesen sollte sich jemals wider die Geweihtenschaft empören.
Wie im ganzen Reiche herrschten auch im Kosch allein die Geweihten des Greifen in all ihrer strahlenden Schrecklichkeit. Einzig die Grafschaft Ferdok blieb als Lehen eines Graf-Inquisitors erhalten. Die nördlichen Baronien Wengenholms unterstanden hingegen dem Greifenfurter Hochgeweihten des Praios, Schetzeneck fasste die Kirche mit allem Land bis zum Zusammenfluß von Ange und Breite zusammen und hieß das Land fortan Lichtei Greifenpass. Verwalter dieser Herrschaft blieb Vinan V., der sich weihen ließ und die einst der Rondra geweihte Abtei Leuwensteyn bis 650 v. H. zu einer Zwingfeste der Sonnenpriester ausgebaute. Alsbald strahlte die Kuppel der Klosterkapelle in Gold, das einst Angbars Halle der Kämpfer schmückte.
Ihr hartes Los trugen die braven Koscher in praiosgefälliger Demut – doch nicht allein der zwiefache und bald abermals verdoppelte Gottesdank (wie der Zehnt geheißen) wog schwer. Streng waren die Gesetze der Priester streng, die Bußen hart und Barmherzigkeit ihnen fremd.
Von Kathay, dem zweiten der Priesterkaiser, erhoffte sich mancher im Koschland eine Milderung – war Seine Erhabenheit (heut’ mag man sich dessen nicht mehr rühmen) doch ein gebürtiger Bragahner! Allein, sein segensreiches Wirken beschränkte sich darauf, in seinem Heimatort den Bau einer weiteren Zwingfeste zu befehlen, den Koschern ersparte er kein Taggebet und keinen Kreuzer. Als der Erhabene im Götterlaufe 579 v. Hal mit prunkvoller Bagage das Reich durchzog, schickte er sich gar an, den Fortgang der Arbeiten selbstselbstens in Augenschein zu nehmen.
Zu Leuwensteyn im Vinansamtschen hatte die Hofgesellschaft Gastung genommen, als es einer Frau aus dem Volke gelang, an all den Geweihten, Greifenreitern, Söldlingen und Dienervolk vorbei unerkannt – mit sündiger Hexenkraft wohl, wie der Groß-Inquisitorius hernach verkündete – in das Gemach des Erhabenen Meisters Einlaß zu finden. Zu töten aber vermochte die Tochter Satuarias ihn nicht – es heißt, daß niemand anders als Graf Gurvan von Wehrheim, ein Wahrer der Ordnung, der Versuchung der Macht erlag und den verwundeteten Kaisers hinterrücks erschlug.
Aller Welt aber tat man kund, die Krötenhexe habe den Erhabenen gemeuchelt, und sie ward dafür gerichtet. Doch kein Fluch kam über ihre Lippen, da man sie blendete und ihr das Augenlicht nahm, bevor man sie den Flammen übergab. Ihr Scheiterhaufen war nur der Funken, der viele weitere entzündete: Rachsüchtig durchstreiften die Schergen der Inquisition das Land, ohne Gnade suchten sie wahrhaftige und vermeintliche Feinde ihrer Herrschaft zu strafen und „metenarische Zustände“ auszumerzen, wo immer noch eine Geweihte oder ein Baron Milde gezeigt hatte.
Im Dörflein Firnholm schließlich geschah es, daß die Geweihte Firuns – eine aufrechte Frau und fromm allen Zwölfen – sich weigerte, ihren Hut zu ziehen, als des Lichtboten Leib-Inquisitorius vorbeiritt. Als Ketzerin wurde sie gerichtet und der Tempel – ein kleines Holzhüttchen nur – ein Raub der Flammen. Im darauffolgenden Winter werden die Hochlande von Bären heimgesucht, einem erst, zweien dann, dreien hernach, vieren, fünfen und ungezählten mehr. So flohen die Menschen Firnholm und die Nachbartäler, denn auch diese ereilte bald darauf des Eisigen Jägers Fluch.
Da es aber an rechten Helden fehlte, die den Kampf wider die Tyrannei wagen wollten – die aufrechtesten waren der Inquisition leicht auszumachen und schnell gerichtet – , ward das Joch nicht abgeschüttelt, obzwar der Unmut schwelte wie der Brand eines Köhlers. Erst als Kunde von des Herrn Rohals Erhebung das Koschland umherging, ward die Zwingburg zu Bragahn geschleift und allerorten die Priester des Greifen davongejagt. In der verlassenen Abtei Leuwensteyn aber hauste fortan junges Volk, Rohalsjünger, die tagein, tagaus, nichts als musizieren, dichten und andere Leichtigkeiten kannten.
Ereignisse
658 v. H.
Belagerung von Alt Rudes Schild durch die Sonnenlegion der Priesterkaiser
Die Fürsten vom Erbenstamm werden zu Burggrafen in der Kaisermark degradiert.
641 v. H.
Erste Erwähnung der Ferdoker Garde, als sie sich in die Koschberge zurückziehen um dort die Rondranischen Ideale zu bewahren.
606 /605 v. H.
Während der Namenlosen Tage regnet es rund um Bragahn Breitmaulfrösche vom Himmel. Die Einheimischen haben wenig Zeit, über die possierlichen Tiere zu lachen, deren gierige Mäuler die Ernte verschlingen. Erst Born Blaubart gelingt es, der Plage ein Ende zu setzen.
580 v. H.
Kathay, der neue Bote des Lichts, befiehlt Bau der Feste Bragahn.
Einzelne Geweihte der Rondra und Gardereiterinnen aus Ferdok finden im unzugänglichen Roterz bei Zwergen Asyl.
579 v. H.
Attentat auf Priesterkaiser Kathay – „Sommer von Feuer und Blut“
578 v. H.
Firuns Fluch: Bärenplage im mittleren Kosch
527 – 404 v. H.
Regierungszeit Rohals