Bärenbrüder - Schlechte Ernte
Herbst 1028, Bärenstieg
Es war eine schwere Zeit für Ardan von Bärenstieg. Er hatte den Stammsitz seines Hauses wieder zurückerobert und wachte nun über das Land, dass seit Generationen seiner Familie gehörte. Immer wieder kam es zu Scharmützeln mit Räubern aus der Bande von diesem Ulfried. Der Kerl behauptete doch tatsächlich, ein Bastard von Ardans Vater zu sein. Das war vermutlich nur eine Ausrede, um die Gewalttaten zu rechtfertigen, aber ganz sicher konnte Ardan sich nicht sein.
Es war Herbst und die Ernte war mager gewesen. Er hatte eine schwierige Entscheidung fällen müssen, aber es war nun soweit. Er trat aus dem Bergfried heraus. Draußen standen die Waffentreuen Bärenstiegs. Sie waren ein rauer Haufen. Hier in den Ausläufern des Borrewaldes hatte das Leben ihnen noch nie etwas geschenkt, aber nun, nach dem Jahr des Feuers, war es noch schlimmer geworden. Die meisten der Bewaffneten hatten in den letzten Jahren mehr Gefechte gesehen als so mancher regulärer Soldat in seinem ganzen Leben. Immer wieder hatten sie sich Scharmützel mit Räubern geliefert.
Immerhin hatte der Oger Goro sie in den letzten Jahren verschont, dafür schien es dieser Ulfried umso mehr auf sie abgesehen zu haben. Zu den Bärenstiegern waren auch noch vier Zwerge aus Eberfels gekommen. Die beiden Dörfer hatten schon immer eng zusammengearbeitet und nun waren sie in derselben Sendschaft zusammengefasst worden.
Rechts und links von Ardan standen sein treuer Waffenknecht Idamil und seine Knappin Daria. Obwohl noch jung an Jahren war sie bereits eine abgebrühte Kämpferin. Noch einmal ließ Ardan seinen Blick über die etwa zwanzig Bewaffneten schweifen.
„Bärenstieger und Eberfelser“, rief er. „Hört mir zu. Ihr habt mich in den letzten Jahren immer wieder zu eurem Sendrich gewählt. Ich habe euch in so manches Scharmützel geführt und bisher ist es niemandem gelungen unsere Heimat erneut zu schänden.“
Er machte eine kurze Pause um die Worte sacken zu lassen. Viele Zuhörer nickten zustimmend.
„Dieses Jahr sieht es für uns nicht so gut aus. Die Ernte war schlecht und wir werden viel Vieh schlachten müssen. Das Korn wird kaum über den Winter reichen, geschweige denn für die nächste Aussaat.“
Besorgte Rufe erhoben sich aus der Menge. Ardan breitete die Arme aus und die aufkeimende Unruhe verebbte erneut.
„Ich habe jedoch in Erfahrung bringen können, dass sich der Hund Ulfried in Bocksrod eingenistet hat. Deshalb haben wir auch seit vier Wochen keine Nachricht mehr aus dem Ort erhalten. Er soll dort mit einem Großteil seiner Bande lagern. Alles in allem sind sie uns wohl an Zahl gleich. Was jedoch viel wichtiger ist ist, dass sie reiche Beute gemacht haben. Es gibt dort genug Korn um uns alle über den Winter zu bringen. Ihr wisst selbst, dass Bocksrod keine leichte Nuss sein wird, aber wenn ihr im Winter nicht eure Kinder vor Hunger sterben sehen wollt, müssen wir das Risiko eingehen.“
Die Waffentreuen blickten sich besorgt an. Es breitete sich keine Begeisterung aus, aber die Erkenntnis, dass Ardan Recht hatte, breitete sich langsam aus. Mora Hügelfold begann mit ihrer Axt auf den Schild zu schlagen. Sofort fielen Idamil und Daria ein, bis schließlich alle Versammelten in den Lärm einstimmten. Entschlossenheit war in ihren Gesichtern zu sehen.