Mahnende Worte zur Praioswend’

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Ausgabe Nummer 46 - Rondra 1031 BF

Mahnende Worte zur Praioswend’

Ihre Gnaden Ulabeth vom Pfade hält die Neujahrspredigt in Angbar

ANGBAR. Erstmals seit Jahren wurde die Messe zum Neuen Jahr am Tag der Praioswende nicht von Lichthüter Tarjok Boquoi gehalten. Keine Geringere als die fürstliche Hofgeweihte Ulabeth vom Pfade hielt den Götterdienst an seiner Statt. Ernste Predigten waren die Angbarer schon von Hochwürden Tarjok gewohnt, doch derart mahnende Worte wie von der gestrengen Gnaden Ulabeth hatte man im hiesigen Tempel lange nicht mehr gehört:

Gareth in Scherben, Punin in falschem Glanz, die Lande hinter dem Kosch im Krieg, Wehrheim im Chaos, der Osten in Finsternis — seht nur um uns herum, allüberall herrscht Dunkelheit in der Welt. Darum ist es nur Recht, in Demut und Dankbarkeit zu versinken, dass diese Bitternis nicht auch unsere Lande heimgesucht hat. Denn hier walten noch fromme Herrscher und treue Vasallen, hier erstrahlt noch die Wacht des Götterfürsten am Greifenpass in neuem Glanz… So tragt auch ihr euren Teil dazu bei, dass die Gunst der Götter sich nicht wendet gegen uns. Denn auch wir sind nicht gefeit gegen Krieg und Not! Vergesset nimmer die mahnenden Flammen des Feueraaren! Weder Gold noch Glanz werden uns beistehen, sondern Redlichkeit und Opferbereitschaft. Weder Bier noch Braten führen zum Seelenheil, sondern Einsicht, Reue und Buße.“

So mancher der festlich herausgeputzten Bürger war derart beeindruckt, dass er mehr als sonst in die Opferschale fallen ließ, um den Ausbau des Greifenpasses zu unterstützen, und insgeheim schwor, seine Steuer in diesem Jahr ohne inneren Groll für die Wiedererrichtung des Fürstenschlosses zu geben. Doch mehr noch einte die Besucher des Praiosdienstes die Hoffnung, dass Hochwürden Boquoi bald von seiner Pilgerreise nach Balträa wiederkehren möge — und das Mitgefühl für den Fürsten, der es bei einer derart gestrengen Beichtmutter sicher nicht leicht habe.

Losiane Misthügel