Ein „Palast“ der besonderen Art
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Ein „Palast“ der besonderen Art
Ritter Falks Trutzturm
Am Ufer des Großen Flusses, gegenüber der Stadt Nadoret, erhebt sich die unvergleichliche Residenz eines der sagenhaftesten Helden unserer Zeit: Der Trutzturm des Ritters Falk Barborn zu Siebental. Schon die Pracht des Untergeschosses verdeutlicht die ganze Ehrwürdigkeit dieses Anwesens: Ganz aus besten schetzenecker Holzplanken errichtet, ragt das Grundgeschoss der Wehranlage bis zu zweieinhalb Schritt in die Höhe. Der wackere Krieger teilt sich diesen Palast mit seiner Gemahlin Hopfwide und seinem Streitross, das hier bereits vor dem Einzug des Ritterpaars residierte.
Es scheint Koschern von Nah und Fern eine regelrechte Freude geworden zu sein, dem armen, aber beliebten Ritter ihre Achtung zu erweisen, indem sie dessen Wohnstatt um eine Kleinigkeit erweitern. Aus Vinansamt kamen Waldbauern und errichteten eine Palisade, der Baron Metzel von Uztrutz spendierte seinem einstigen Knappenherren einen behaglichen Kachelofen, ein Bragahner Wirt stiftete ein Fenster, das er aus alten Flaschenböden zusammenfügt hatte. Eine Zugbrücke, gefertigt aus einem Scheunentor, überwindet den vom Nadoreter Leichengräber ausgehobenen Graben. Auf dem einstigen Schindeldach schließlich sitzt nun, dank einiger Zimmergesellen auf der Walz, ein stattlicher Turm, verziert mit einem Erker, den ein Bootsbauer aus dem Rumpf eines altgedienten Fischerkahns gefertigt hat. Durch diesen Aufbau ist Ritter Falks Heimstatt auf eine Größe von fast zwölf Schritt angewachsen und unterragt die benachbarte Flusswacht Munkelstein nur noch um wenige Ellen.
Der besagte Steinturm von Munkelstein war noch vor 14 Jahren die Heimstatt des Ritters. Damals nutzte der hiesige Baron Graphiel von Metenar dessen Abwesenheit um den, seiner Meinung nach unfähigen und peinlichen, Vasallen loszuwerden. Er setzte ihn kurzerhand ab und ernannte die Jungfer Fabiola aus dem alten Hause Mehring auf Munkelstein zur Herrin des Turmes. Insgeheim mag der Baron gehofft haben, dass der entlehnte und heimatlos gewordene Streiter sein Glück in der Fremde suchen würde. Doch stattdessen quartierte sich der Ritter beharrlich in der benachbarten Behausung ein, um von dort aus seine alte Heimstatt zu belagern und eines Tages wieder zu erobern. Den Dorfbewohnern war die eitle neue Herrin ein Graus, weswegen sie den alten Falk von Beginn an insgeheim mit Speisen, Bier und einfachen Waren unterstützten. Bald kamen auch die ersten auswärtigen Freunde der amüsanten Eskapaden des wackeren Streiters, um Hilfe zu leisten. Je mehr sein provisorischer Unterschlupf zum gemütlichen Belagerungsturm heranwuchs, desto geringer wurden die Gelüste des Ritters, in das alte zugige Granitgemäuer zurück zu kehren. Mittlerweile hat er sein ursprüngliches Vorhaben vergessen… und die Jungfer Fabiola soll an so manchem kalten Wintertag neidisch auf den hölzernen Nachbarturm blicken, in dem sich ihr Widersacher derweil seine alten Glieder am Kachelofen wärmt.