Eine Tochter des Kosch kommt nach Hause
Eine Tochter des Kosch kommt nach Hause
Der Adel feiert Hesine vom Eberstamm
ANGBAR, Peraine 1043 BF. Am 25. Tag des Saatmondes hieß der Koscher Adel Hesine vom Eberstamm, die wiedergefundene Tochter Prinz Idamils, willkommen. Es war eine rauschende Feier und eine Gelegenheit, das eigene Haus und den Nachwuchs im besten Licht zu präsentieren.
Einen freundlicheren Frühlingstag hätte die Gebende Göttin kaum schenken können zum Fest, an dem Hesine vom Eberstamm in den Koscher Adel eingeführt wurde. In Angbar herrschte Hochstimmung, denn ein großer Teil der Barone und Junker der Provinz war in den letzten Tagen in die Capitale gereist und ließ die Geschäfte von Wirten, Schmiedinnen und Handelsleuten brummen. So versammelte sich eine Menge schaulustiges Volk am Fürstengarten, wo das Fest am Nachmittag mit einem Umtrunk und Büfett eröffnet wurde. Zwar wurde der Garten dazu abgeriegelt, aber an den Toren ließen sich Blicke auf die prächtigen Gewänder erhaschen, die manche Adligen für den Anlass hatten schneidern lassen.
Am meisten Eindruck machten gewiss die Baroninnen von Garnelhaun und Nadoret. Erstere trug ein Wams aus Samt und einen Rock aus Elfenbausch, die in so tiefem Garnelblau gefärbt waren, dass man glauben mochte, die Baronin trüge ein Stück des Abendhimmels am Leibe. Zweitere war in ein grünes Schleppenkleid gehüllt, das über und über mit silberdurchwirkten Rüschen, Schleifen und Borten besetzt war, so raffiniert platziert, dass sie alle Vorzüge der Baronin betonten und jede Schwäche geschickt verbargen.
Aufsehen erregten auch zwei Vettern aus dem Hause Rohenforsten, Alerich und Bosper. Die beiden Knappen trugen eng geschnittene Tabarden im Garether Stil mit Nerzbesatz und ausladende Samtbarette, die einem Prinzen wohl angestanden hätten und deren schneidiger Sitz von den stolzen Eltern stets geprüft wurde – eher zum Missfallen der jungen Männer.
Während des Umtrunks saß Hesine vom Eberstamm, der der ganze Trubel ja galt, unter einem Baldachin vor dem Tsatempel, zwischen Fürst und Fürstin, und nahm Glückwünsche, Komplimente und Geschenke der Gäste entgegen. Dabei zeigte sie sich bestens bewandert in Heraldik und Genealogie und konnte fast jeden Gratulanten mit Namen begrüßen.
Nach Sonnenuntergang verlegte sich die Feier in die Thalessia zum Ball. Gespannt wartete man darauf, wen Hesine als Partner des ersten Tanzes auswählen würde. Den jungen Adelssprossen und hoffnungsvollen Eltern stand jedoch eine Enttäuschung bevor: Die Debütantin, die übrigens selbst ein recht schlichtes grünes Wickelgewand mit dem Wappen ihres Hauses trug, bot die Hand ihrem Vetter, dem sichtlich überraschten Grafen der Hügellande. Seine Hochwohlgeboren bewies auf dem Parkett, dass er in Garetien nicht nur Bücher studiert, sondern auch einiges auf dem Feld der Galanterie gelernt hat.
Nach dem Grafen erhielten die Knappen Bolzer von Stielzbruk und Immo von Garnelhaun die Gunst der jungen Eberstammerin. Darauf zog sie sich vom Tanz zurück und verbrachte den größten Teil des Abends im Gespräch mit Frylinde von Salmingen und Halmdahl von der Wiesen. Trotz dieser Enttäuschung manch elterlicher Hoffnung wurde im Ballsaal fröhlich weiter gefeiert. Für Irritation sorgten einzig der Baron von Geistmark und der Erbvogt von Hammerschlag, die von Saal zu Saal zogen und misstrauisch Gäste und Bedienstete beäugten, ob sich nicht irgend ein Schurke eingeschlichen habe, um einmal mehr ein Fest des Hauses Eberstamm zu stören. Den Göttern sei Dank blieb ein lauter Streit zwischen Derya von Uztrutz und Graf Jallik von Wengenholm der einzige Zwischenfall.
Um Mitternacht beschloss Hesine vom Eberstamm die Feier, indem sie ein selbst verfasstes Dankgedicht vortrug, wovon uns ein Auszug zu drucken erlaubt wurde.
Kein Vater und kein Heimatland,
So bin ich hergekommen.
Ihr nahmt mich liebend bei der Hand
Und habt mich aufgenommen.
Mein Herz erfüllt mit Dankbarkeit
Ihr heute bis zum Rande –
Von nun an bin ich allezeit
Ein Kind der Koscher