Heerzug gegen Haffax - Ankunft und Lagerleben: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 3. Juli 2019, 11:44 Uhr


Steinbrücken, 1. Peraine 1039 – nördliche Wiese mit dem Lager des Adelsaufgebotes

Yeobdan, sorge bitte dafür, dass das Lager aufgebaut wird und wir nachher was zu Essen haben. Ich werde mit Aedin zur Burg gehen, um unsere Ankunft zu melden und dann sehen wir mal, ob sich meine Cousine schon eingefunden hat. Bis nachher“, sagte Baduar zu seinem Bannerträger, bevor er zusammen mit seinem Knappen in Richtung der Burg Flussfels davoneilte.
Das kleine Aufgebot des Hauses Eichstein, das aus Baduar selbst, seiner Lanze sowie zwei Knechten bestand, hatte eben nach einem langen Ritt das Heerlager des Koscher Aufgebotes bei Steinbrücken erreicht. Nachdem sie sich nach dem Lagerplatz des Adelsaufgebotes erkundigten, hatten sie ihren Lagerplatz in der Nähe des Zeltes von Graf Jallik zugewiesen bekommen. Laut den Angaben des Quartiermeisters lag nicht weit entfernt auch der Lagerplatz seiner Base Nale von Boltansroden, die jedoch noch nicht eingetroffen war.
Während Baduar seine Ankunft beim Heermeister meldete, sorgten seine Getreuen für den Aufbau des Lagers. Hier gingen die Verrichtungen noch etwas schwer von der Hand, doch das würde sich während der langen Reise nach Gallys sicher legen. Da der Aufenthalt von Baduar auf der Burg länger dauerte – neben dem offiziellen Teil nutzte man natürlich die Gelegenheit, um auch ein paar private und persönliche Worte zu wechseln und zu sehen, wer schon alles eingetroffen war – hatten es seine Getreuen bei der Rückkehr geschafft, die Zelte aufzustellen und das Lager einzurichten.
Und nun, als das Lager stand und man sich soweit eingerichtet hatte, war es Zeit, sich ein wenig umzusehen. Yeomar Bonninger und Hardubrand Sauerfold, zwei von Baduars Reisigen, hatten beschlossen, im Lager zu bleiben, der Rest zog aus, um nach Bekannten Ausschau zu halten. Außerdem hatten sie schon Gerüchte über das „Versorgungskommando Stahltopf“ aufgeschnappt, nach denen eine Gruppe hügelzwergische Köche im Tross eine mobile Schenke unterhielten – diesem vielversprechendem Gerücht sollte als nächstes nachgegangen werden

Cendrasch ritt durch den Nebel und suchte eine Art von Struktur in dem Chaos der Zelte auf dem Feldlagerplatz auszumachen. Der Sohn des Chrysoprax saß auf einem kräftigen Zwergenpony, an dem ein weiteres dieser Tiere festgebunden war. Letzteres trottete stoisch und gemächlichen Schrittes hinterher, mit reichlich Gepäck und einem kleinen Zelt beladen.
Der Angroschim selbst trug eine prächtige Vollkettenrüstung mit übereinanderlappenden Plattenteilen und einen reich mit zwergischer Ornamentik verzierten Brustpanzer. Dazu saß ein für sein Volk klassischer Helm auf seinem Kopf, welcher nur seine stahl- grauen Augen und den langen, wallenden, silbern glänzenden Bart aussparte.
Der Angehörige des Volkes der Amboßzwerge war müde und sehnte sich nach Schlaf, auch wenn es wie seit Wochen nur auf dem feuchten Boden seien würde. Der Weg war lang und beschwerlich gewesen und das permanente sitzen im Sattel gehörte nicht unbedingt zu seiner bevorzugten Fortbewegungsart. Sein Hinterteil schmerzte unerträglich, wie mittlerweile jeden Tag seitdem er unterwegs war. Als ausgebildeter Krieger und Mitglied des schweren Fußvolkes unter dem Banner des Hochkönigs war man eher das Marschieren gewohnt.
Er war von Okdrâgosch aus als Gesandter des Rogmarok ausgeschickt worden. Cendrasch sollte als Offizier im Heer des Kosch dienen und Albrax fortwährend via Boten Bericht erstatten.
Am Ende seiner Geduld angekommen fluchte der Groschaboroschim mit lauter und tiefer Stimme, während er das Gespann zum Halten brachte und sich mit säuerlicher Miene wiederum umsah. “Bei den Mauern der schwarzen Trollfeste, wie finde ich so etwas wie die Heeresführung in diesem Chaos? Warum zum dreckigen Orken gibt es hier scheinbar nur Bierausschank und Garküchen?”
Einer der Helfer des Quartiermeisters, der gerade mit einem der von Cendrasch benannten Troßwagen zu tun hatte, der partout nicht seinen Platz räumen wollte, fuhr erschrocken herum, als er den Zwerg hinter sich fluchen hörte. Schlecht gelaunt drehte er sich zu dem Neuankömmlink um. „Fürwahr, daran scheint es uns tatsächlich nicht zu mangeln bisher, das ist jetzt schon der dritte, den ich im Laufe der letzten Stunde fortgeschickt habe. Und wenn er nicht bald seinen Platz räumt, dann lasse ich ihn mit Gewalt vom Lager entfernen. Hörst du das, Bürschen?“ sagte er in Richtung des Zwerges, bei den letzten Worten wurde er allerdings deutlich lauter und wandt sich an den unbelehrbaren Kutscher der Garküche hinter sich, der daraufhin murrend tatsächlich seine Kutsche in Bewegung setzte, nur um in einigem Abstand nahe einer Kutsche, auf der ein mobiler Ausschank aufgebaut war, erneut anzuhalten. Darum würde er sich später kümmern müssen, jetzt galt es erstmal, mit dem Neuankömmling weiterzumachen. „Und jetzt sagt Ihr mir mal, wer Ihr seid, damit ich euch einen Platz zuweisen kann“ wandt sich der Mensch dann wieder an den Zwerg vor ihm und schaute ihn dabei prüfend an.
Der Angroschim schien zunächst unschlüssig, wie er auf die harschen Worte des Menschen reagieren sollte, denn er ließ einige Momente verstreichen, in denen er reglos auf dem breit gebauten Zwergenpony saß. Doch dann zeigte er gepflegte, weiße Zähne, was möglicherweise auf ein Grinsen schließen ließ. Genau war dies jedoch dank des Helmes nicht auszumachen den er trug. Schließlich stieg der Zwerg aber behände ab, was scheppernde Geräuschen seiner Rüstung zur Folge hatte, trat auf den Quartiermeister zu und nahm währenddessen im Gehen seinen Helm ab.
Die Züge des Zwergen wiesen ihn als noch recht jung aus, jedenfalls nach Maßstäben ihres Volkes. Zu dem wallenden, silbern glänzende Bart, welcher schon vorher zu erkennen gewesen war, gesellte sich nun ebenfalls ein prächtiger, ausladender Schnauzer. Das Haupthaar hingegen war kurz und adrett zum Seitenscheitel drapiert. Die stahl- grauen Augen musterten den ihm Unbekannten, doch gaben sie, ebenso wenig wie seine Miene einen Einblick darin, was der Angroschim dachte.
Als er das Wort ergriff tönte diese in einem tiefen, wohlklingenden Bass. „Mein Name ist Cendrasch. Ich bin der Sohn des Chrysoprax und von Albrax, unserem Hochkönig von Okdrâgosch aus entstand worden, um dem Heer des Kosch als Offizier zu dienen. Ich führe ein gesiegeltes Schreiben mit mir, welches dem Heermeister erlauben wird, meinen Worten das entsprechende Gewicht beizumessen.
Mit wem habe ich das Vergnügen?“
Interessiert hörte der Soldat dem Zwerg zu. „Wohlan, Cendrasch, Sohn des Chrysoprax, dann wollen wir einmal sehen, wo wir dich unterbringen. Ein Platz im Aufgebot des Adels wäre wohl am besten angebracht. Bringt eure Sachen zu dem Lager dort und wendet euch dort an Meister Albrax, der wird Euch weiterhelfen. Sagt ihm, Weibel Gernold Buttersaum schickt Euch, das ist mein Name. Und wenn ihr dann einen Lagerplatz gefunden habt, meldet euch beim Stab auf der Burg“ gab er seine Anweisungen an den Zwerg und zeigte dabei zuerst in Richtung der Lagerfläche, auf der das Adelsaufgebot unter Graf Jallik von Wengenholm nach und nach seine Lager aufschlug, dann auf die Burg, auf der der Stab des Heeres sein Quartier hatte.
Cendraschs Miene hellte sich auf. “Habt Dank Weibel, das werde ich sogleich tun. Dann neigt sich meine mir fast Unendlich anmutende Reise ja doch ihrem Ende entgegen.” Nur kurz zeigte sich Erleichterung auf den Zügen des Angroschim. Leiser und ein Stück weniger enthusiastisch fügte er an, “nun ja, zumindest fürs erste, bis wir gen Mendena aufbrechen werden.”
Schon wollte sich der Zwerg abwenden, da hielt er noch einmal inne, richtete erneut das Wort an den Soldaten. “Und Verzeiht mir mein ungebührliches Verhalten.” Ein Grinsen fuhr kurz durch das Gesicht des Angroschim. “Fluchen ist keine meiner Stärken behauptet zumindest mein König.” Er lachte, was einen tiefen, vibrierenden Ton entsprach. “Möge Angroschs Feuer dich immer wärmen! Auf bald.”

Nachdem Cendrasch bei Meister Albrax, welch charmanter Name, vorstellig geworden war, sein Lager am ihm zugewiesenen Ort eingerichtet und seine Gepäck abgelegt und die Ponys versorgt hatte, machte er sich sogleich auf den Weg zur Burg. Die Pflicht rief und gestattete ihm nicht sich vor der Meldung beim Heermeister aufs Ohr zu legen, auch wenn er hundemüde war und sein Magen bereit wie der eines ausgehungerten Tatzelwurms klang.
So trat Cendrasch gerüstet und mit dem Zwergenschlägel über der Schulter getragen an das Tor in der Wehrmauer heran und rief die Wachen an. “Heda! Angrosch zum Gruße Soldaten. Wie finde ich den Heermeister, ist er oder ein Vertreter seines Stabes zu sprechen?”
Auf der Burg herrschte eine angespannte Stimmung, da jetzt Anfang Peraine aus allen Teilen des Kosch nach und nach Bewaffnete eintrafen – und noch mehr als diese die verschiedensten Trosswagen, Marketender und anderes Volk, das hoffte, vom Heerzug profitieren zu können. Gerade die Angehörigen der letzteren Gruppen fügten sich nur murrend und zögernd den Anweisungen des Quartiermeisters und der Lagerwachen und so hatten diese immer wieder damit zu tun, diese von den Lagerplätzen zu vertreiben, die für die kämpfenden Truppen vorgesehen waren. Als Cendrasch sich der Burg näherte bekam er gerade noch mit, wie zwei der Lagerwachen einen jungen Menschen recht unsanft aus dem Tor der Burg beförderten und dieser daraufhin mitsamt seinem Bauchladen im Dreck landete. Mehr oder minder leise Verwünschungen fluchend rappelte sich der junge Mann wieder auf, um „den ungastlichen Ort, an dem die Gebote der Travia und des Phex mit Füßen getreten werden“ möglichst schnell zu verlassen und Abstand zwischen sich und die Wachen zu bringen, die ihm noch hinterher riefen, das er sich ja nicht mehr blicken lassen möge. Dann wandten sie sich dem Zwerg zu, dem sie aber nach einem kurzen Austausch in die Burg ließen und ihm den Weg zur Stube des Quartiermeisters wiesen, damit er sich dort melde.
Cendrasch fand den Weg ohne Schwierigkeiten. Bei der benannten Stube angekommen, stellte er den Hammer seitlich des Durchgangs ab und trat ein. Die Tür war nicht verschlossen, lehnte nur an. Der Angroschim räusperte sich sogleich, als er in den Raum schritt und Haltung annahm.
Sein Hochkönig hatte ihn gebeten doch zu versuchen einen guten Eindruck zu machen und diesen gut gemeinten ‘Rat' wollte Cendrasch so gut wie möglich folgen, auch wenn er ein Grinsen nur schwer unterdrücken konnte.
Der Quartiermeister schaute kurz auf, als der Angroschim den Raum betrat und musterte denselbigen einen Augenblick. Er, ein Mensch, saß mit mißmutigem Gesicht an einem Tisch und hatte einen Haufen Pergamente vor sich, die dafür sorgten, das die ursprüngliche Oberfläche des Tisches fast nicht mehr zu sehen war. Inmitten der verschiedenen Pergamenthaufen fand sich ebenso ein Tintenfaß, daneben ein Halter für verschiedene Federkiele und weiteres Schreibgerät und -zubehör. Nachdem der Zwerg nach einem kurzen Augenblick des Anstarrens immer noch vor dem Schreibtisch stand, setzten sich die Lippen des mißmutigen Quartiermeisters in Bewegung: „Angrosch zum Gruße. Was kann ich für Euch tun?“
Sich noch einmal straffend ergriff Cendrasch im militärischen Ton das Wort. „Cendrasch, Sohn des Chrysoprax. Ich übermittle Grüße meines Hochkönig aus Okdrâgosch. Albrax entsandte mich als Offizier, um das Heer der Koscher zu verstärken und um ihm Bericht vom Feldzug zu erstatten.“ Der Angroschim trat vor und reichte dem Quartiermeister einen Brief, welcher das Siegel der Schwarzdrachenwacht, sowie das des Hochkönigs trug. „Hier meine Legitimation.“
Neugierig nahm der Quartiermeister den Brief entgegen und musterte ihn, bevor er dann das Schreiben öffnete und den Inhalt las. „Nun gut, Cendrasch, Sohn des Chrysoprax, habt Dank. Bezieht euer Quartier, wir werden Gedanken machen, wo wir euch am besten gebrauchen können. Habt Dank“ erwiderte er dann und wandte sich direkt danach wieder dem Haufen an anderen Papieren zu, die sich noch auf seinem Tisch stapelten.
Der Angroschim bedankte sich noch militärisch knapp, nickte zum Abschied und machte auf dem Absatz kehrt, um den Raum wieder zu verlassen. Er wollte die Geduld des Quartiermeisters nicht unnötig überstrapazieren, alles Wichtige war gesagt. Endlich konnte Cendrasch Lager beziehen und seinen arg strapazierten Hintern zur Ruhe betten. Er würde schlafen wie ein Stein, dessen war sich Cendrasch sicher.
Auf dem Weg zurück auf die Auen vor der Stadt erstand er noch einen dampfenden Laib Brot und etwas Hartwurst. Beides war zwar viel zu wenig gesalzen und auch ansonsten kaum für den Geschmack von Zwergen gemacht, aber dafür hatte Cendrasch vorgesorgt. Gewürze, primär verschiedene Salze und vor allem auch allerlei Zwiebelsorten gehörten zu seinem großzügigen Reiseproviant. So konnte er sich wenigstens eine wohlschmeckende Mahlzeit bereiten, bevor er sich schlafen legte.

Das Heerlager hatte schon angefangen Gestalt anzunehmen als Alvide von Eichental mit ihrem Trupp eintraf. Die dreihundert fürstlichen Infanteristen der Hellebardiere, Bergschützen und Söldnerkompagnie hatten ein äußerst ordentliches Lager aufgeschlagen und auch die übrigen Aufgebote hatten ordentliche Lager aufgeschlagen wurden die Plätze doch durch den Quartiermeister zugeteilt, während die Lagerwachen ein strenges Auge auf die Einhaltung von Ruge und Disziplin hatten. Der Wehrmeister war eindeutig ein Mann der alten Wehrheimer Schule. Alvide meldete sich beim Quartiermeister an und während ihre Leute das Lager aufschlugen stellte sie sich beim Wehrmeister vor. Sie salutierte zackig, doch Thorben Raul Baduar von Hammerschlag winkte ab und reichte ihr die Hand. „Gut dich zu sehen Alvide. Schade das dein Ehemann sich entschuldigen lässt, aber mit dir haben wir ja die Kriegstüchtigere unter euch beiden beim Heer.“ Alvide lächelte verschmitzt ob dieses Kompliments. „Wie viele Bewaffnete hast du mitgebracht Alvide?“ erkundigte sich der Heermeister. Alvide zögerte kurz. Es war ihr fast peinlich. „Zehn, murmelte sie.“ Thorben runzelte kurz die Stirn. „Zehn nur. Ich hatte mit mehr aus Sindelsaum gerechnet.“ Alvide schluckte. Erlan und sie hatten über die Zahlen viel gestritten, aber letztlich hatte er das letzte Wort gehabt. „Erlan fürchtet einen Einfall der Orks, oder ein Unglück wie im Jahr des Feuers und möchte in der Lage sein Sindelsaum zu schützen sollte es so kommen. Wie du weist werde ich bei den Schlachtreitern mitreiten, unsere Tochter Ifirnia marschiert bei den Hellebardieren mit und Angunde bei Jalliks Aufgebot.“ Thorben nickte abwesend. „Ist ja gut Alvide. Ich mache dir ja keine Vorwürfe. Die meisten anderen Adelshäuser machen es ja ähnlich oder schicken gar niemanden. Nur aus Nadoret und Uztrutz sind kampfstarke Kontingente gekommen, ansonsten besteht unser Heer hauptsächlich aus fürstlichen Truppen, aber seis drum. Kann ich dir ein Bier anbieten?“ Alvide nahm dankend an, während die beiden alten Bekannten die weiteren Pläne diskutierten.
Derweil hatten die Sindelsaumer Waffenknechte ihr Lager aufgeschlagen und sich in kleinen Gruppen auf den Weg gemacht um das Lager zu erkunden. Eine Gruppe von ihnen traff auf die Eichsteiner Bewaffneten und da man sich von einer gemeinsamen Räuberhatz kannte gab es gleich eine Grund anzustoßen. Eine andere Gruppe um die langjährigen Kämpfer Ferling und Leuward hatten „die kleine“ Ifirnia getroffen und so gab es ein großes Hallo, war die Tochter Erlans doch nur mehr selten am Dachsbau, oder auf Barabein anzutreffen. Eine dritte Gruppe befand sich nach einer Rangelei mit Nadoreter Gardisten in der Arrestzelle. Der junge Marbold hatte sich sogar seine Nase gebrochen, doch auch die Nadoreter hatten einiges abgekriegt. Obwohl es zwischen ihren beiden Häusern nie eine Fehde gegeben hatte gab es doch immer wieder Reibereien zwischen den beiden aufstrebenden Adelshäusern.
So wie die Meldung aus Sindelsaum hörte es der Wehrmeister von vielen anderen Aufgeboten auch. Viele der Landwehren und anderen Kämpfer des Kosch würden in der Heimat bleiben, denn viele befürchteten, das während des Heerzuges der Kaiserin Agenten von Haffax tief im Mittelreich zuschlagen würden oder der Ork die Gunst der Stunde nutzen würde. Und auch wenn das Lager in Steinbrücken in den kommenden Tagen ordentlich wuchs, so war absehbar, dass das Aufgebot der Koscher nicht sehr groß werden würde. Dazu passte, das man auch immer wieder Gerüchte und missliche Äußerungen hörte – der Feldzug nach Mendena war notwendig, aber nicht beliebt, weder bei den regulären Soldaten noch beim Adel oder den Landwehren.
Umso härter war die Arbeit des Wehrmeisters und seines Stabes, die sowohl die Soldaten als auch den Adel und die Landwehren auf das Vorhaben einschworen und alles dafür taten, um die Moral und die Bereitschaft der Truppen zu halten und zu verbessern. Die Truppen, die sich bei Steinbrücken sammelten, konnten zumindest auf einen großen Troß und eine – typisch koscher – sehr gute Verpflegung mit gutem Speiß und Trank zurückgreifen. Es gab neben den üblichen Garküchen und Bierkutschen gar eine mobile Badestube, gute Troßbarbiere und auch weitere Annehmlichkeiten.
Es war wenige Tage später, da vernahm man im Lager ein tiefes Grollen aus der Ferne. Einige Soldaten suchten am Horizont nach Gewitterwolken, denn sie hielten das Grollen für fernen Donner. Der Himmel war klar, das Donnergrollen rollte jedoch wieder und wieder, in gleichmäßigen Impulsen über das Lager.
Einige Minuten später, viele im Lager beendeten ihre momentane Tätigkeit und beobachteten abwartend die Umgebung, überquerte ein Trupp Musikanten den westlichen Hügelkamm. In Reih und Glied marschierte die Musikkapelle, die etwa zur Hälfte aus Zwergen bestand, Richtung Heerlager. Vornweg eine rothaarige Zwergin mit dicken Zöpfen, die den Takt mit einem Küs-Stab vorgab, flankiert von drei Bannerträgern. Die Musikanten, bestehend aus Krummhörnern, Pfeifenbälgen, Zwergenposaunen, Angroschschellen und Trommlern spielten einen fröhlichen Marsch. Am Beeindruckendsten war jedoch ein großer Ochsenkarren, der eine riesige Trommel, samt Trommler, nebst zweier meterlangen Hörner trug, deren tief dröhnender Klang, meilenweit übers Land rollte.
Kundige erkannten das Banner der Sippe Aswadurs und der Stadt Angbar. Das dritte Banner war nur den Wenigsten bekannt. Es war jenes der Angbarer Ingrimms-Tempelkapelle „Hammerklang“. Die Truppe marschierte ins Lager ein und hielt direkt vorm wartenden Quartiermeister. Die Zwergin stieß ihren Taktstab auf den Boden, woraufhin die Musik abrupt abbrach.
„Gascha Tochter der Gambira meldet sich mit den Marsch und Schlachtmusikanten Hammerklang zum Kampf bereit! – Ich bitte aufs Eindringlichste um einen trockenen Lagerplatz – wegen den Holzbläsern, ihr versteht?!“
In den nächsten Tagen sorgten die Musikanten mit ihrer Musik für gute Stimmung, bei der auch schon mal die eine oder andere Rauferei ausbrach. So hatten auch die Lagerwachen etwas zu tun, doch meist konnte man die Raufbolde am nächsten Tag mit einem ordentlichen Wolf und ermahnenden Worten aus den Arrestzellen entlassen.
Trotzdem gehörte es zu den Anweisungen des Wehrmeisters, im Lager konsequent für Ordnung zu sorgen. Kleinere Vergehen und typische koscher Eigenheiten wurden noch mit Ermahnungen oder einer Nacht in der Arrestzelle meist nachgiebig bestraft, aber bei schwereren Vergehen wurde unmittelbar hart durchgegriffen. Auch gegen missliche Äußerungen, die sich schlecht auf die Moral und die Stimmung der Truppen auswirkten, ging man vor und so durfte ein Offizier am eigenen Leib erfahren, wie es ist, wenn man hier in Steinbrücken am Pranger stand. Zudem wurde er degradiert und musste den weiteren Heerzug als einfacher Soldat bestehen. Die Gardisten, die für die Ordnung zuständig waren, versuchten schon hier und da ein Auge zuzudrücken, aber es gab Grenzen, die sie auch den hier versammelten Truppen schnell klar machten.

Nale von Boltansroden erreichte Steinbrücken erst gegen Mittag des 2. Peraine, aber das hatte sie schon mehr oder weniger so geplant. Zuerst einmal musste sie sich darum kümmern, wo sie ihr Lager aufbauen sollte, dann baute sie es zusammen mit ihrer ritterlichen Lanze auf. Auch ihr Page, Fernando Núñez von Graytenau, war dabei und half eifrig mit. Der kleine Almadaner zählte gerade einmal zehn Götterläufe und war schon jetzt ganz versessen darauf, endlich ein richtiges Schwert in den Händen halten zu dürfen. Und obwohl die Junkerin ihn dafür eigentlich noch für viel zu jung hielt und auch nicht vorgehabt hatte ihn so bald am Schwert auszubilden, hatte sie in Anbetracht des Heerzuges doch eingelenkt. Mit dem Knaben hatte sie verabredete, dass sein Training beginnen würde, sobald sie sich auf dem Heerzug befänden. Weiter hinauszögern hatte sie es beim besten Willen nicht können. Und sie verstand ihn ja, war sie doch genauso gewesen. Voraussetzung dafür war natürlich, dass er genau das tat, was sie von ihm erwartete und das, so fand sie, war auf einem Heerzug noch wesentlich wichtiger als sonst, schließlich lag er ihr am Herzen und sie wollte nicht, dass ihm etwas geschah.
Es war also nicht verwunderlich, dass Fernando nachdem sie das Lager aufgestellt hatten und seine Pagenmutter endlich mit allem mehr oder weniger zufrieden schien, sich an selbige wandte und sie auf ihre getroffene Vereinbarung hinwies.
„Ich habe es nicht vergessen!“, versicherte sie ihm nickend und ließ sich das Turnierschwert mitsamt passendem Gürtel bringen. Diesen legte sie dann Fernando an, der sie mit seinen saphirblauen Augen ungläubig musterte, als hätte er überhaupt nicht damit gerechnet, dann jedoch legte sich ein zufriedenes Lächeln über sein Gesicht.
„Also“, hob die Junkerin an, „Du hast ja schon auf Burg Rabenfels mit einem Holzschwert geübt, aber das hier ist etwas ganz anderes! Zieh es aus der Scheide, fällt dir was auf?“
Und der Knabe tat wie ihm geheißen und bemerkte: „Es ist viel schwerer...“
Nale von Boltansroden nickte: „Und deswegen musst du auch anders damit umgehen. Also, das machst du so...“
Und sie zeigte ihm zuerst einmal den richtigen Umgang, die richtige Haltung, wie man es aus der Scheide zog und wieder hineinsteckte und das machte sie bis das Abendmahl anstand.
Danach schickte sie Fernando zur koscher Geweihtenschaft: „Schau doch nach, ob meine Brüder und meine Base bereits eingetroffen sind und richte ihnen meine herzlichsten Grüße aus, gerne werde ich die nächsten Tage mal bei ihnen vorbeischauen. Ich werde so lange zu meinem werten Vetter gehen und dich dort erwarten.“
„Ja, Euer Wohlgeboren“, nahm Fernando den Auftrag an und machte sich auf den Weg.
Und Nale machte sich auf den Weg zu Baduar, dass dieser bereits da war stand außer Zweifel – sie kannte ihren Vetter.
Am frühen Abend des 2. Peraine hatte sich das Lager schon ganz ansehnlich gefüllt und neben den vielne Bewaffneten, die nach und nach ihre Lager aufbauten, füllte sich auch die Plätze, die der Quartiermeister für die einzelnen Lager der Kirchen vorgesehen hatten, langsam mit Leben. Der Quartiermeister hatte die einzelnen Lager zwischen den Lagerplätzen der Aufgebote verteilt, so das göttlicher Beistand überall nahe war und die Geweihten über das Lager verteilt. Auch wenn die einzelnen Gruppierungen unter sich blieben, sorgte der Heermeister und der Quartiermeister durch ihre Lageraufteilung dafür, das sich die verschiedenen Gruppierungen schon hier miteinander bekannt machen und sich kennenlernen konnten – man wollte ein geeintes Heer in Richtung Osten führen, dafür musste man die übliche Grüppchenbildung überwinden. Dabei darauf zu achten, dass sich die einzelnen Gruppen zwar vermischten, aber trotzdem auf größere Fehden etc. Rücksicht zu nehmen, war nicht immer einfach.
Zwischen dem Aufgebot des Adels und dem großen Lager der fürstlichen Schlachtreiter fand der Page der Boltansrodnerin schließlich das Lager des Praios. Prächtig war es hergerichtet, den die Praioskirche hatte neben der Bekämpfung der dunklen Bedrohungen im Osten auch das ehrgeizige Ziel, ihren Ruf und ihr Ansehen im Kosch zu verbessern. Daher zeigte man Präsenz, bot geistlichen Beistand, aber auch mal tatkräftige Mithilfe, wenn die Situation dies zuließ.
Das Lager umfasste göttergefällige zwölf Rundzelte, von denen das größte gen Praios ausgerichtet als Feldkapelle diente, während die anderen elf kleineren der Unterbringung von Personal und Material diente. Alle Zelte standen rund um einen kleinen Platz, auf dem einige Praioten in Gesprächen mit dem einen oder anderen Adeligen oder anderem Geweihten vertieft waren. So war Gerdin Berwangk gerade ins Gespräch mit zwei Rittern der fürstlichen Schlachtreiter vertieft, während der schon betagte Duridan von Wildreigen gerade mit Alma Iralda von Eichstein, die kommissarisch den Angbarer Praiostempel führte, über ihre bisherige Tätigkeit, ihre Erfahrungen und ihre Aufgaben auf dem Feldzug sprach. Während Duridan als ältestem und erfahrendstem Geweihten nominell die Führung zustand, würde sie sich um viele der praktischen und organisatorischen Angelegenheiten kümmern und den schon älteren so als seine Stellvertreterin und rechte Hand entlasten. Die beiden waren gerade fertig und Alma wandt sich zum Gehen, als sie den Pagen ihrer Base sah und ihn herwinkte. „Ah, der junge Herr von Graytenau. So ist meine Base vermutlich auch angereist, nehme ich an?“ Wie immer wirkte sie streng und ihr Tonfall war ernst.
„Praios zum Gruße, Euer Ehrwürden von Eichstein“, begrüßte Fernando die Base seiner Pagenmutter höflich, dann nickte er und antwortet: „Ja, so ist es. Ihre Wohlgeboren lässt Euch die besten Grüße übermitteln und hofft, dass Ihr gut hier in Steinbrücken angekommen seid, des Weiteren würde die Junkerin die nächsten Praiosläufe gerne einmal bei Euch vorbeischauen.“
„Dann überbringt Eurer Pagenmutter doch meine Einladung, morgen am Sonnengruße teilzunehmen. Ich würde mich freuen“ erwiderte die Praiotin und wollte gerade noch etwas hinzufügen, als ein junger Praiot zu den beiden geeilt kam: „Verzeiht die Unterbrechung, Luminifera, aber Eure Anwesenheit wird benötigt. Es schien dringend zu sein“ Daraufhin wand sich Alma an den jungen Almadaner: „Entschuldigt mich bitte und richtet meiner Base meine besten Wünsche aus, ich freue mich, sie morgen früh zu sehen.“ Dann wand sie sich ab und folgte dem jungen Praioten.

Morling von Bockenburg-Sighelms Halm stapfte missmutig auf das Zelt mit dem Steinbockwappen zu. Mit einer stillen Handbewegung grüsste der Rondrageweihte den Ritter Angfold Bockzwingel, der seinerseits das Fetten seines Schwertes unterbrach und eine Verbeugung andeutete. «Euer Gnaden», sagte der Ritter, «was drückt Euch aufs Gemüt? Das Wetter kanns nicht sein, das müsste Euch an Eure Heimat erinnern ...»
Morling unterbrach ihn unwirsch: «Spart Euch euren Witz, Ritter. Meine Heimat, in der Tat! Die Kaiserin ruft endlich zur Befreiung Tobriens, und was trägt mein guter Vetter dazu bei? Keinen müden Reisigen sendet der Baron der Geistmark, von ihm selbst ganz zu schweigen! Nicht einmal das Banner der Sighelms Halm sehe ich hier wehen.»
Angfold wand sich unter dem erregten Blick des Rondrianers. Weshalb musste er an Stelle des Barons diesen gerechten Zorn ausbaden? «Nun ja, Hochgeboren halten Reichsangelegenheiten in Elenvina fest», wiederholte er die lahme Ausrede seines Lehnsherrn. «Baronin Mechtessa hält derweil auf Hochgeborens Wunsch Wacht wider den Ork in der Geistmark ...»
Von Morling erhielt er nur ein wütendes Zischen als Antwort. Beschwichtigend fuhr der Ritter fort: «Wenn wir auch zurzeit nicht unter dem Banner der Geistmark lagern, so stehen doch da drüben die Zelte Firutins von Wengerich und dahinter jene der Boltansrodnerin. Bescheiden wie unsere Baronie, aber nicht weniger willig als jeder Ferdoker oder Hügelländer, unser Bestes im rondrianischen Streit zu geben!»
«Da Ihr gerade von der Göttin sprecht», entgegnete Morling etwas besänftigt, «morgen wird Schwertbruder Leodan von Tandosch den ersten Göttinnendienst für die Gläubigen im Lager zelebrieren. Sorgt dafür, dass Eure Waffenknechte dort vollzählig teilnehmen. Ja, auch die Angroschim!» Angfold Bockzwingel deutete erneut eine Verbeugung an.