Wengenholmer Geister - Im Wald da ist es einsam II
◅ | Im Wald da ist es einsam I |
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Des Ebers Stamm zur Ehre | ▻ |
Der Gefangene war mit den Nerven am Ende. Als glückloser Söldner hatte er sich auf einen zweifelhaften Auftrag eingelassen, aber nun drohte ihm der Zorn eines grausamen und rachsüchtigen Fürsten. Gemma, Gilborn Bocklings Hund unterbrach jedoch die weitere Befragung des Gefangenen, denn ihr Knurren wies die Adligen darauf hin, dass sich von der anderen Seite des Waldes her zahlreiche Gestalten den Holzhäusern näherten. Gespannt beobachtete die Gruppe die Neuankömmlinge. War das die Bande um Alphak von Steinklos und Gerwulf Waldstein? Eilig versicherte sich die Gruppe, dass auf ihrer Seite des Waldes keine Neuankömmlinge zu sehen waren. Mit einem Mal brachen die beiden verbliebenen Wachen zusammen, offenbar von Armbrustbolzen getroffen. Die Angreifer hatten sicherlich auf einen lautlosen Tod der Wachen gehofft, aber einer der beiden Söldner war offenbar nur verwundet worden und seine Schreie hätten selbst einen schlafenden Oger geweckt. „STEINKLOS UND TREUBLATT VORAN“ hallte es von der anderen Seite des Waldrandes her und zwei Dutzend Angreifer strömten auf die Hütten zu. Aus den beiden Hütten strömten halb angekleidete Gestalten und warfen sich den Angreifern entgegen. Auf eines der Hüttendächer bewegten sich einige Verteidiger und nahmen die Angreifer mit Bögen unter Beschuss.
Nur mit äußerster Willensanstrengung unterdrückte Tharnax einen derben Fluch. Er machte einen Satz ans Feuer, an dem seine Armbrust in einem Wachstuch eingeschlagen auf ihre Nutzung wartete. Der Bergvogt nahm die Fernkampfwaffe an sich und machte sich routiniert an ihren Spannvorrichtungen zu schaffen. Zuerst kam der Hebelfuss, dann die Kurbel. Die Geschwindigkeit mit der diese Arbeit von statten ging, vermochte wohl nur ein Zwerg mit jahrzehntelanger Erfahrung erreichen.
Als die Gandrasch gespannt war riss er sie hoch in den Anschlag und legte in einer fließenden Bewegung einen Bolzen aus seinem kleinen Köcher am breiten Gürtel ein.
„Da leck mich doch…“
Roban hastete zum Waldrand, um die Situation genauer sehen zu können. Die Angreifer suchten Deckung vor dem aufgrund der Dunkelheit eher unsicheren Beschuss. Nur wenige der Verteidiger hatten Fackeln mitgebracht, der größte Teil des Gefechtes lief im Halbdunkeln ab.
Der Koschtaler hastete zurück, die grobe Zange immer noch in der Hand, und blieb unmittelbar vor dem Gefangenen stehen. Mit der Linken zwang er dessen Lippen auseinander.
„In welcher Hütte sind der Ritter und der Heilkundige?“ schnappte er barsch. „Mach´s Maul auf, ehe ich nachhelfe!“
„Die zweite von links!“ stammelte der Söldner kaum verständlich. Weiter kam er nicht. Ein kräftiger Hieb mit der Zange raubte ihm das Bewusstsein.
„So, jetzt stört er nicht mehr! Also dann – nutzen wir die gute Gelegenheit und holen den Rohenforster und Harrad raus, solange unsere hinterkoscher Freunde so nett beschäftigt sind.“
„Klingt nach einem echten Roban-Plan!“ seufzte Halmar. „Falls das ein Plan sein soll!“
„Schnell rein, Gefangene greifen, schnell wieder raus. Und wenn jemand die Bogenschützen vom Dach holen könnte, wäre ich nicht abgeneigt!“
„Das ist dann wohl meine Aufgabe“, knurrte Tharnax zur Antwort. „Ich bleibe im am Waldrand in Deckung und hol sie aus sicherem Distanz runter.“
Es blieb ihnen keine Wahl. Roban hatte sich bereits auf den Weg über das verschneite Gelände gemacht. Halmar zog sein Schwert und folgte ihm. Es blieb nur zu hoffen, dass sie das Chaos nutzen konnten um sich der Hütte unbemerkt zu nähern. Zwischen den beiden Hütten herrschte bereits ein wüstes Kampfgetümmel und zu allem Überfluss fing ein der Hütten Feuer und erhellte den Kampf gespenstisch. Wer derzeit gewann konnte Halmar nicht sagen. Er hatte schon Schwierigkeiten die Kämpfenden zuzuordnen.
“Orkendreck und Ogerkacke!” Der Bergvogt konnte das Fluchen nicht sein lassen. Nahezu ununterbrochen stieß er derbe Beleidigungen oder Verwünschungen aus.
Damit war er in bester Gesellschaft mit dem Koschtaler, der mit dem Wortschatz eines bornischen Walfängers in den Kampf stürmte. Statt sich auf einen einzelnen Gegner zu werfen, rammte er mehrere Gegner Schulter voran gegen ihre Kameraden und verursachte damit ein völlig unübersichtliches Knäuel aus Körpern und Gliedmaßen, in denen man weder Freund noch Feind unterscheiden konnte.
Das Gefluche half jedoch den anderen, zu erkennen, wo sich Roban und Halmar befanden. Sie selbst waren in einigem Abstand gefolgt und hatten vergleichsweise leichtes Spiel, bis zum Waldrand an die Hütten vorzudringen, denn um sie herum war das Chaos perfekt. Die Andergaster waren nicht auf einen Angriff von zwei Seiten im Halbdunkel vorbereitet gewesen; schließlich hatten sie damit gerechnet, dass ihr Alarmsystem sie warnen würde. Doch einer der Anführer hatte einen kühlen Kopf bewahrt und brüllte hastige Befehle, um gegen die Angreifer unter Steinklos und Treublatt vom anderen Ende des Waldes vorzugehen: Ulfried der Blutige...
Die Neuankömmlinge wurden nun ihrerseits durch diejenigen Söldner, welche sich nach der ersten Verwirrung wieder aufgerappelt hatten, in Gefechte verwickelt. Einer der Andergaster kam um die Hütte herumgeschlichen, wurde jedoch von Gilborn sofort bedrängt. Als ein Bolzen dicht neben ihrem Kopf in eine Hüttenwand einschlug, zog Niam blitzschnell eine Handaxt und schleuderte sie in Richtung des Daches, von dem der Schuss gekommen war. Ein Schrei, ein rollendes Etwas und eine kleine Schneelawine, die von dem Dach herunterkamen, bestätigten ihr, dass sie getroffen hatte. Sie lief auf die Stelle zu, an der der Aufschlag erfolgte. Aedin kämpfte derweil gegen einen Söldner, der sich als harter Brocken erwies und wuchtige Schläge mit einer Zweihandaxt austeilte. Ihm blieb lange Zeit keine andere Wahl, als außer seiner Reichweite zu bleiben. Plötzlich verzog der Hühne von Mann schmerzverzerrt das Gesicht und fiel nach vorn. Eine Axt steckte in seinem Rücken! Schnell kam der Werfer herangelaufen, nahm sich seine Waffe zurück und suchte sich einen neuen Gegner. Da hatte ihm Phex zugezwinkert!
Tharnax hatte bereits einige der gegnerischen Schützen von den Dächern geschossen. Sein dank der zwergischen Sinne ausgezeichnetes, verbliebenes Auge und die überlegene Reichweite seiner Gandrasch machen es möglich. Dennoch realisierte er, dass sein Gegenspieler, der Zwerg der auf den Namen Drugol hörte, nicht erreichbar war für ihn. Bereits zwei seiner Bolzen waren in die Hauswand eingeschlagen, auf dessen Dach er hockte.
“Woher weiß dieses elendige Sackgesicht, dass er auf dem hintersten Dach vor mir sicher ist, oder hält er sich nur in allerletzter Linie auf, weil er ohnehin die Hosen gestrichen voll hat?” Niemand beantwortete die Frage, die Tharnax aber eh mehr sich selbst gestellt hatte.
Wütend lud er die Armbrust nach und schritt dann kurzentschlossen in Richtung der Hütten, wo das Gefecht tobte. Er musste die Distanz verkürzen, wollte er Drugol treffen, soviel war klar.
Inzwischen erhellte die brennende Hütte die Szenerie. Aus allen Behausungen strömten Leute heraus. Die Bauern suchten ihr Heil in der Flucht, liefen vor den Kämpfen davon und versuchten, in den Wald zu gelangen. Angreifer und Verteidiger waren in heftige Zweikämpfe verwickelt. Dazwischen zischten vereinzelte Armbrustbolzen.
Gerade als er am Waldrand angekommen war, musste Tharnax hilflos mit ansehen, wie einer der Bolzen seines Gegners in Halmar sein Ziel fand. Er vermutete, dass es das Bein gewesen war welches getroffen wurde, denn der Adlige knickt zu einer Seite hin weg, schaffte es aber dennoch sich hinter eine Hausecke zu werfen, um nicht noch einen Schuss auf sich zu ziehen. „Widerwärtiger Goblinpfurz.“
„Schießt die auf den Dächern herunter!“, brüllte Alphak von Steinklos von der anderen Seite seinen Leuten zu. Auf jener Seite des Waldrandes rückten nun ihrerseits zwei Schützen vor, die in sicherer Entfernung von den Nahkämpfen ihre Armbrüste neu gespannt hatten. Die Disziplin der Angreifer hatte derweil die Söldner langsam, aber sicher in die Richtung gedrückt, aus der die Gesandten des Fürsten gekommen waren. Einzig Ulfried der Blutige kämpfte unverdrossen wie ein Fels in der Brandung weiter.
Auch Roban war in den Fokus der gegnerischen Schützen gelangt. Tharnax sah Funken sprühen, als ein weiterer Bolzen – wohl nur durch Zufall – von der Klinge des Ritters abprallte. Sofort schlug Roban die Hand mit dem Hammer vor die Stirn.
„Du Eimer Rattenscheisse! Das wirst du bezahlen!“ hörte der Angroscho Roban brüllen. Erst fürchtete er, das Auge des Koschtalers sei getroffen, doch statt zu wanken, verschaffte der Verletzte sich mit einigen über Kreuz geführten Hieben Luft gegen seine Gegner. Blut lief ihm von einer tiefen Schramme auf der Stirn in die Augen, doch hatte er mehr Glück als Verstand gehabt. ‚Keine große Kunst bei diesem Verrückten‘, dachte der Bergvogt bei sich.
Tharnax hob die Armbrust in den Anschlag und wollte gerade mit dem Zielvorgang beginnen, als ihn ein Pfeil streifte. Deutlich spürte er den Einschlag auf den Toschkril-Plattenteilen über seiner Brust. Sofort setzte er sich wieder in Bewegung, ohne nachzudenken, es war Instinkt. Er saß auf dem Präsentierteller und würde keinen freien Schuss bekommen, ohne nicht selbst zur Zielscheibe zu werden. Man hatte ihn jetzt im Visier.
Erneut fluchte der Bergvogt. “Stinkende Trollpisse.” Er wurde gezwungen einen großen Bogen um die Kämpfenden zu machen. Sich in den Nahkampf verwickeln zu lassen war keine Option. Er durfte sich nicht von seinem Ziel abbringen lassen. Dieser Gegner musste fallen. Doch durch seinen Umweg geriet Drugol in den Windschatten einer anderen Hütte, die sein Schussfeld verdeckte. Das war nicht gut.
Ingramosch wich behände den Kämpfen aus und sah, wie einige Schritte von ihm entfernt ein Mann ausglitt, zu Boden fiel und augenblicklich einen tödlichen Schlag abbekam. Das Schwert des Toten war lag nur einen Schritt von Ingramosch entfernt. Rasch hob er es auf. „Schnell, weiter!“, ermahnte ihn Boromil. Er selbst ging voran und achtete auf mögliche Angreifer, die sich ihnen in den Weg stellen würden.
Immer mehr Gegner kamen jetzt in Tharnax‘ Nähe. Die Armbrust wurde zu einem Risiko. Sicher, ein Schuss, ein Toter, doch danach würde er Spannen müssen oder zum Hammer greifen, doch beides würde vermutlich zu lange dauern. Nein, er durfte kein Risiko eingehen. Notgedrungen legte er also im laufen an und fällte mit dem Projektil seiner Gandrasch den nächststehenden Gegner von hinten. Ehre gab es nicht im Krieg, es galt zu überleben. Mehrere tausend Jahre hatten dies die Angroschim gelehrt. Danach legte seine Armbrust in einem Gebüsch ab und griff nach dem Kriegshammer in dem Eisenring an seinem Gürtel und setzte den eingeschlagenen Weg eilig fort. Der Kampf tobte zwischen den Hütten.
Roban erwehrte sich mit weit ausgreifenden Hieben gegen eine wachsene Übermacht von Gegnern. Noch hielten die Kreise von Schwert und Hammer die Feinde in respektvoller Distanz – niemand wollte der erste sein, der von einem der Hiebe gefällt wurde. Und zugleich wussten sie, dass Roban dieses Tempo nicht ewig würde durchhalten würde. Sie mussten nur warten, bis seine Arme schwer und seine Deckung damit löchrig wurde. Tharnax musste sich sputen, wenn er nicht zu spät kommen wollte.
Roban musste zurückweichen, Schritt für Schritt, bis fast an die Wand der Hütte, wo der verletzte Halmar kauerte. Eine Sölderin wollte nachsetzen, um dem langsam ermüdenden Ritter den Rest zu geben. Geschickt wich sie einem schräg geführten Schwerthieb aus, wollte die Deckung Robans unterlaufen, als der Hammer sie seitlich gegen das Knie traf. Schreiend knickte die Frau um, ihre Waffe fiel in den Schnee. Einer ihrer Kameraden stürzte vor, nur um in Robans Schwertspitze zu blicken. Für einen Wimpernschlag herrschte eine gespenstische Stille, bis der Söldner zupackte und seine verwundete Gefährtin außer Reichweite des tobenden Ritters mit dem mittlerweile blutüberströmten Gesicht zerrte.
„Sieht schlecht aus!“ stöhnte Halmar hinter Roban. Er hatte seine Bolzenwunde nur notdürftig versorgen können. Der Blutverlust würde ihn wohl nicht töten – aber Möglichkeiten zu sterben waren trotzdem noch genug vorhanden.
„Schön, dass du noch untertreiben kannst!“ knurrte Roban und nutzte die Atempause, um sich mit dem Handrücken Blut aus den Augen zu wischen. „Wir sitzen bis zum Hals in der Scheiße und versuchen, Kniebeugen machen!“
Sie hatten die zweite Hütte erreicht! Ingramosch sah sich hektisch um. Es liefen immer noch einige Gefangene weg, denen aber weder die Angreifer noch die Verteidiger große Beachtung schenkten. „Viburn!“, schrie Boromil. „Im Namen des Fürsten, wo seid Ihr?“ Aus dem Schatten des Eingangs schnellte ein Mann im Wappenrock des Hauses Rohenforsten hervor, die bloßen Hände angespannt erhoben. Als er erkannte, dass er seinerseits einem Ritter im Wappenrocken gegenüberstand, atmete er sichtbar aus. „Bei Rondra, Ihr kommt zur rechten Zeit!“ Schnell reichte Boromil ihm das Schwert des gefangenen Söldners, woraufhin Viburn halb fröhlich, halb grimmig grinste. „Ah, endlich!“ „Wo ist Harrad?“, fragte Boromil drängend. „Direkt bei Euch.“, rief eine Stimme – und der verlorene vom Eberstamm trat nun ebenfalls aus der Hütte. Ingramosch gab ihm das Schwert, das er von dem Toten aufgesammelt hatte. „Bei den Zwölfen, wir hatten schon das Schlimmste befürchtet...“, setzte Boromil an, doch Harrad winkte ab und erwiderte nur: „Zeigen wir es diesem Söldnerpack!“
Diesmal war dem Bergvogt das Glück hold. Am Ziel angekommen erkannte er, dass eine Leiter angestellt war. Drugol war allein auf dem Dach und viel zu sehr mit sich selbst, sowie zielen und armbrustspannen beschäftigt, um ihn zu bemerken. Tharnax ergriff die Gelegenheit beim Barte und stieg hinauf.
Gerade als er auf das nur mit einer leichten Schräge versehene Holzschindel-Dach übersetzen wollte geschah das Unglück. Gleich die erste Schindel war morsch und knackte mit einem lauten Geräusch unter seinem Gewicht. Diesmal fluchte er nicht, doch das half nichts. Der Schütze war auf ihn aufmerksam geworden und schwenkte die Armbrust in seine Richtung. Keine Zeit zu reagieren. Schon knallte die Sehne, ein schneller, nicht sonderlich gezielter Schuss. Die Distanz war zu gering, der Einschlag dadurch zu hart. Platte und darunter liegendes Kettengeflecht nahmen dem Bolzen viel seiner Wucht, doch trotzdem drang er hindurch und fuhr Tharnax ins linke Schlüsselbein. Sein Glück, dass Drugol nicht den Torso getroffen hatte.
Der Bergvogt fiel durch die Wucht des Bolzens rücklings vom Dach und landete krachend auf dem Rücken. Alles wurde einen Moment lang schwarz um ihn. Dann folgte der Schmerz, er war überall und allgegenwärtig. Zum Glück hatte zumindest der innen gefütterte Helm seine Kopf geschützt. Dennoch dröhnte er, als sei eine Horde schwere Reiterei drüber hinweg galoppiert.
Und dann war sein Gegner auch schon über ihm, hielt einen Lindwurmschlägel in der rechten und grinste hämisch. “Hier endet dein Weg alter Mann.”
Tharnax versuchte sich zur Seite zu wälzen, um hoch zu kommen, doch seine Beine waren taub. Seine Hände griffen um sich, wollten etwas packen, an dem er sich hätte wegziehen können. Seine Rechte fand den Hammerstil. Die Schlaufe um den Griff hatte verhindert, dass er ihm während des Falls abhanden gekommen war, auch wenn er aus Reflex die Hände geöffnet hatte. Details konnten entscheidend sein.
Schon war Drugol über ihm. Er trug eine schwere, einblättrige Axt. Der Hieb erfolgte ohne Zögern, ohne taktieren. Sein Gegner wollte töten, nicht spielen oder verhöhnen. Tharnax bekam den Griff zu fassen und riss den Hammer im sprichwörtlich letzten Moment nach vorn. Stahl schlug auf Stahl und beiden Kontrahenten spürten die Wucht in den Knochen. Drugols Axt war durch den Hammerkopf zumindest soweit abgelenkt worden, dass sie nicht in Tharnaxs Kopf endete, sein Helm hätte der Schneide sicher nicht ausreichend Widerstand entgegensetzen können. Die überlappenden Toschkrilplatten seines Torsoschutzes vermochten es hingegen und verhinderten so eine vorzeitige Entscheidung des Kampfes.
Tharnax warf sich mit aller Kraft zur Seite und entging so einem zweiten, weniger präzisen Hieb, den Drugol wohl mehr aus Wut derart unwirsch geführt hätte und der nun in gefrorenen Boden fuhr. Zornerfüllt brüllte der Angroscho. “So stirb doch endlich.”
Der Bergvogt hingegen hatte durch diesen Fehler Drugols die Zeit gewonnen, die er benötigt hatte. Ihm tat immer noch alles weh, sein Schädel dröhnte und seine Beine waren halb taub, doch er hatte es geschafft auf die Füße zu kommen.
Tharnax lief rückwärts dem Waldrand entgegen, weg von dem Getümmel. Er wollte weiter Zeit gewinnen. Leider erkannte Drugol diese Absicht und stürmte auf ihn los.
Tharnax trat einige Schritte beiseite und ließ ihn ins Leere stürmen. Flüche und Beleidigungen sparte sich der Bergvogt, auch wenn ihm spontan sehr viel eingefallen wäre, was er Drugol hätte an den hässlichen Kopf werfen wollen. Doch im Kampf musste er haushalten, er war nicht mehr der jüngste, hatte ein paar Pfunde zuviel auf den Rippen und ja, war dadurch ein wenig kurzatmiger wie früher.
Der nächste Ansturm erfolgte. Diesmal wich Tharnax nicht aus, sondern trat seinem Gegner unvermittelt zwei schnelle Schritte entgegen, blockte dessen Hieb und stieß ihn von sich. Drugol war nur kurz überrascht über diese Reaktion und gab sich keine Blöße, wie der Bergvogt es sich erhofft hatte.
Der Kampf entbrannte. Dem was Drugol an Kraft voraus hatte, setzte Tharnax Besonnen- und Zähigkeit entgegen. Der Stahl sang sein Lied. Immer und immer wieder prallte Axt und Hammer aufeinander, glitten die Stiele der Waffen aneinander ab, verhakten sich Blatt und Kopf, nur um ruckartig wieder voneinander getrennt zu werden.
Beide setzten einfache Treffer, konnten dadurch das Gefecht jedoch nicht endgültig für sich entscheiden. Irgendwann jedoch unterlief Tharnax ein Fehler, geboren aus schwindenden Kräften und rasselndem Atem. Der Block war nur ungenügend. Die Axt, bewusst mit dem Nacken voran geführt, traf seinen Oberschenkel. Plattenschutz und Kettenhose verhinderten einen Bruch, doch die augenblicklich einsetzende Taubheit ließ ihn einknicken. Erneut schlug der Bergvogt auf dem Boden.
Drugol lachte hämisch und trat Tharnax mit den stahlbeschlagenen Stiefeln in die Seite, so dass er schmerzerfüllt aufschrie und sich auf den Rücken wälzte.
Drugol hob die Axt über den Kopf. Nur noch wenige Herzschläge, dann wäre es vorbei. Eine Chance blieb. Der Bergvogt packte die Griffschlaufe des Kriegshammers und ließ ihn nach vorne schnellen, indem er ihm wie eine Schleuder einsetzte. Als er losließ machte sich die kopflastige Waffe selbstständig und flog in gerader Linie von unten auf seinen Gegner zu.
Es gab ein unschönes Geräusch, doch für Tharnax war es wie die Klänge eines Pfeifenbalges. Der Hammer traf Drugols Kinn, doch hielt er sich nicht mit diesem auf, sondern drang tief in den Kopf seines Gegners ein. Er war tot, bevor sein Körper auf dem Boden aufschlug.
Als die Söldner in der Nähe mitbekamen, wie einer ihrer Auftraggeber sein Endes fand, überlegten sie nicht lange und gaben Fersengeld. „NEEEIN!“, rief Ulfried der Blutige, der mit hassverzerrtem Gesicht auf Tharnax zulief, welcher noch immer am Boden lag. Doch nun kamen Aedin, Niam und Gilborn heran, die durch die fliehenden Söldner plötzlich keine Gegner mehr hatten. Ulfried erkannte trotz seines Zorns, dass er auf verlorenem Posten kämpfte. Er änderte rasch die Richtung und schloss sich den Andergastern in Richtung Wald an. Und so war plötzlich alles vorbei.
Mit Schwert und Fackel, flankiert von den Schützen und weiteren Bewaffneten, trat ein Mann an Roban und Halmar heran – Alphak von Steinklos. Als er sah, in welchem Zustand die beiden waren, rief er nach einem Heiler.
Harrad und seine Begleiter hatten sich wacker geschlagen und ein gutes Stück Weg von den Hütten weg zurückgelegt. Nun nährte sich ihnen eine größere Gruppe Bewaffneter. „Nicht so eilig!“, rief ihr Anführer, „wir wollen doch sehen, mit wem wir es zu tun haben!“ Auch hier wurden nun Fackeln entzündet und ließen das Gesicht von Eberhelm von Treublatt erkennen. „Wenn die Herrschaften mir zu den anderen folgen würden?“, bedeutete er mit einer Geste.