Grimmige Sterne

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1034, Fürstenhort

Der Schwur

„Und das ist dein Ernst, mein Junge?“
„Ja, Schwertvater.“
„Du entscheidest damit nicht nur für dich. Bist du dir der Verantwortung bewusst, die da auf dich nimmst?“
„Ja, Schwertvater.“
„Das ist eine schwere Entscheidung, vor die du mich stellst und sie wird für einiges böses Blut sorgen. Hast du das vor deinem Entschluss bedacht?“
„Ja, Schwertvater.“
„Dann soll es so sein. Bist du bereit?“
„Ja, mein Fürst.“
Kuniswart, hole mir Mutter Berngundis. Der Junge hier will einen Schwur leisten.“

Vögtin einer Baronie

Flavia Mehring auf Munkelstein saß auf dem Holzstuhl ihres Onkels, auf dem jener das schicksalshafte Geflügel zu sich genommen hatte, an dessen Gebein er erstickte. Vom angeblichen Giftmord, und erst recht nicht durch ihren Vater, war sie nie überzeugt.

Der Brief, den der Bote am frühen Morgen vorbeigebracht hatte, lag entrollt auf ihren Knien. Seit Stunden las sie ihn immer wieder. Das Siegel war ihr wohl bekannt, doch hatte sie es seit Jahren nicht mehr gesehen. Der stilisierte Kopf einer Wildsau riss alte Wunden auf. Wunden, die wohl bis jetzt nie verheilt waren.

Sie konnte noch die Worte ihrer Schwester Fabiola hören, damals wie heute unverändert. „Diese Familie bringt der unseren nur Unglück und ich dulde nicht, dass du dich mit einem von ihnen abgibst.“

Fabiola hatte in gewissem Rahmen Recht. Seit sie ihn damals kennengelernt hatte, lief nichts mehr richtig in ihrem Leben. Ihr Aufstieg bei der Ferdoker Garde stockte seit Jahren. Die Frucht ihres Leibes war weggegeben, erst in die Hände der Traviakirche und dann ausgerechnet in die des Sindelsaumers. Und einen vergleichbaren Mann hatte sie seitdem auch nicht gefunden, nur kurzzeitige Zerstreuung.
Und jetzt war ihr Leben erneut an einem Scheideweg. Und wieder war es die Wildsau mit dem gebrochenen Spieß in der Schnauze, wegen derer sie über ihre Zukunft entscheiden müsste. Würde sie dem zustimmen, was ihr in dem Schreiben angeboten würde, so würde sie nicht, wie sie einst gehofft hatte, der grimmen Sau gleichgestellt sein, sondern untergestellt. Und noch dazu müsste sie Ferdok eintauschen gegen eine Randprovinz, die außer Bergen nichts zu bieten hatte.
Sie erhob sich von dem alten Stuhl, ging zu einem Fenster, um etwas frische Luft zu atmen. Und las zum wiederholten Male den Brief. Vögtin einer Baronie. Da der Baron geschworen hatte, erst sein Amt endgültig anzutreten, wenn die Neusiedlung im Moorbrückschen Sumpf auf eigenen Beinen stehen konnte. Also vermutlich nie. Vögtin einer Baronie. So nah war noch keines ihrer Geschwister gekommen. Trotzig ballte sie die Faust und zerknitterte das Scheiben dabei in ihrer Hand. Vögtin einer Baronie. Das würde ihr auch niemand mehr nehmen können, anders als einst ihr Kind. Flavias Entschluss stand fest. Und mochte es auch noch so kalt in Lûr sein. Sie würde Vögtin einer Baronie.