Feldzug im Wengenholm - Zwei Fäuste gen Norden
◅ | Drei Einhörner |
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Von Sindelsaum nach Angbar | ▻ |
Die Gegend um den Angbarer See im Sommer 1033 nach Bosparans Fall
Leises Pfeifen begleitete die zwei Reiter auf ihrem Weg nach Norden.
Anglinde Grobhand von Koschtal machte aus ihrer guten Laune keinen Hehl, und wenn ihre große Schwester Rondramin es schon abgelehnt hatte, die Moral während des Marsches durch Gesang zu heben, so konnte sie doch zumindest pfeifen.
Untermalt wurde die Melodie, ein Heldenlied, dass sie irgendwann einmal von einem Bänkelsänger gehört hatte, vom Klappern der Hufe und dem Schlurfen ihrer drei Waffenknechte, die sie zum Turnier und auch später gen Wengenholm begleiten würden.
Stolz und drohend prangte auf Schilden und Waffenröcken die geballte Faust der Grobhands, Zeichen der Stärke, des Kampfgeistes und der Unbeugsamkeit, die ihre Familie stets ausgezeichnet hatte.
Zwei Ritterinnen, drei Waffenknechte, das mochte nicht viel sein, aber auch der Große Fluss bestand nur aus vielen kleinen Tropfen, und für Anglinde war es keine Frage, dass sich auf dem Fürstenturnier mehr als genug Streiter sammeln würden, um den Feind in Wengenholm wegzufegen wie der Rondras Sturmwind welkes Herbstlaub.
Und sie hoffte inständig, selbst die ein oder andere Glanztat vollbringen zu können, wie jene Recken, die in den Liedern der fahrenden Barden besungen wurden - falls ihre große Schwester sie nicht allzu sehr bemutterte und davon abhielt, sich auszuzeichnen.
Rondramin Grobhand von Koschtal hatte es nach den ersten Wegstunden aufgegeben, die gute Laune der kleinen Schwester, die man ihrer geringen Größe wegen scherzhaft "Angroschna" rief, dämpfen zu wollen.
Anglinde glaubte noch immer an das Bild des Ritters in glänzender Rüstung, der stolz über die Körper seiner Feinde hinweg ritt, am Ende noch einen Oger, einen Drachen und drei Dutzend Orks erschlug, mit einem Fass Bier unter dem Arm, seinem Pferd auf dem Rücken und einer Steineiche als Wanderstecken die Koschberge überquerte, um schließlich mit Goldschatz und reicher Mitgift nach Hause zurück zu kehren, als sei nichts geschehen.
Man konnte sie fast beneiden um so viel Unerfahrenheit.
Auch Rondramin spürte Tatendrang in sich, machte sich aber keine Illusionen über das, was sie erwartete.
Sie fürchtete sich keineswegs vor dem Feldzug gen Wengenholm. Die Aufständischen würde man Mores lehren, dass ihnen Hören, Sehen und Atmen verging. Doch in den letzten Jahren hatte Rondra wieder und wieder Opfer von ihrer Familie verlangt, von sechs Geschwistern lebten nur noch sie und Anglinde, und sie hatte vor ihrer Abreise die alveranische Leuin inständig darum gebeten, in diesem Kampf keine der Schwester an ihre Tafel zu rufen.
Und wenn dies Rondras Wille war, dann hoffte sie, dass es sie selbst treffen möge. Um nichts in der Welt wollte sie ein zweites Mal heimkehren und ihren Eltern vom Tod eines ihrer Kinder berichten müssen, wie sie es nach dem Kampf gegen den Alagrimm hatte tun müssen. Eher wollte sie selbst auf Golgari Platz nehmen, als das Anglinde etwas zustieß.
Es würde allerdings nicht einfach werden, ihre "Angroschna" zu bremsen. Die brannte darauf, sich einen Namen zu machen, auf dem Turnier wie in Wengenholm, und in ihrem jugendlichen Eifer konnte sie schnell eine Dummheit machen, bei der sie sich bestenfalls blamierte.
In der Ferne sah man einige farbige Flecken über die staubige Landstraße gen Norden wandern, andere Ritter auf dem Weg zum Turnier, wie es schien.
Sofort trieb Anglinde ihr Pferd zu größerer Eile an, wollte sie doch unbedingt wissen, wer da den gleichen Weg zog, ob man sich kannte oder, falls nicht, jemand Interessantes kennen lernen konnte. Sie bemerkte gar nicht, dass ihre Schwester und die drei Bauerssöhne hinter ihr zurück blieben.
Rondramin legte die Stirn in Falten und kratzte sich etwas abwesend den Armstumpf. Seit sie gen Angbar aufgebrochen war, juckte es wieder, als erinnere sich ihr Körper daran, an welchem Ort er die linke Hand eingebüßt hatte.
Anglinde war schon gute fünfzig Schritt voraus, und sie selbst stand jetzt vor der Wahl, die Schwester zu begleiten, damit diese keine Dummheiten machte, oder weiter bei den Waffenknechten zu bleiben, die ohne die Reiter vermutlich noch langsamer marschieren würden.
Sie machte eine entsprechende Bemerkung, und das Schlurfen wurde etwas schneller, dann trieb sie ihr Pferd ebenfalls an, um die Schwester einzuholen, mit angemessener Eile und der dumpfen Vorahnung, dass sie noch manches Mal hinter ihr würde herlaufen müssen.