Göttergefällige Erkenntnisse: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 3. Dezember 2022, 10:22 Uhr
◅ | Die Hesindefestspiele zu Salmingen |
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Göttergefällige Erkenntnisse
Am Ende der Großen Messe zu Ehren der Herrin Hesinde, nach dem Mysterienspiel über die Kostbarkeit des Augenlichts und geistiger Erleuchtung, entzündeten wir einer dem anderen eine Kerze, traten vor den Altar der Allweisen und dankten ihr für eine Einsicht aus den letzten 7 Jahren. Wir taten dies laut und vernehmlich, auf dass ein jeder durch den anderen lerne. So dankten der Herrin Hesinde für die Erkenntnis, ...
„... dass auch der Herr Praios heilende Hände hat.“
– Ardan von Bärenstieg.
Was lernen wir daraus? – Nicht immer schickt der Herr Praios Zorn und Strafe. Bedenke dies, der du Sein Licht scheust! Bedenke auch du dies, der du Sein Licht einzig als Bannstrahl siehst, um zu vernichten! Der Herr Praios kennt auch Güte und hilft den Menschen in ihrer Not.
„... dass es manchmal sehr anstrengend ist, eine Laterne hochzuhalten.“ – ein bucklicht' Weiblein.
Was lernen wir daraus? – Was not tut und den Menschen Hilfe und Erleuchtung bringt, ist nicht immer leicht hoch und in Ehren zu halten. Es kann wohl geschehen, dass dir der Arm zittert vom Hochhalten des Lichts, die Füße dir schmerzen vom aufrechten Stehen, oder dich dein Mut verlassen will. Aber Frau Rondra lehrt uns, standhaft zu sein, unser Bestes zu geben und die Kleinmütigkeit zu besiegen.
„... dass weltliche Güter und Macht verfliegen wie Asche im Wind, aber die Seele eine Ewigkeit zu bestehen hat.“ – Erkomir fa Shantalla.
Was lernen wir daraus? – Wie des Herrn Efferd Wolken sich stets ändern, so ändert sich auch des Lebens Lauf. Ein Hirtenstab wird zum Schwert, zur Bettelmarke ein Dukat, ein Zunftpokal zu kleinen Silberstückchen, mit denen ein Räuberhauptmann seine Bande bezahlt. Schließlich aber reißt alles der Fluss des Lebens mit sich, in seinem unaufhaltsamen Lauf zur letzten Ewigkeit. Dort aber bist auch du nicht mehr als eine nackte Seele, und deine Seele nichts als ein Tropfen in dem großen Meer. Wie wichtig sind dann Hirtenstäbe, Schwerter, Zunftpokale und Dukaten?
„... dass ein einziges Gespräch manchmal mehr Weisheit enthält als eine ganze Bibliothek" – Sephira Birninger.
Was lernen wir daraus? – So mancher von euch meint, dass er mit seiner Tüchtigkeit, mit seiner Kunst, mit seinem Können oder der Gelehrsamkeit die andern Menschen fliehen, ja verachten kann. Doch wieviel hätte er gelernt, hätte er Frau Travias Gebot befolgt, dass jeder Mensch den andern achten und in Gemeinschaft mit ihm leben soll?
„... dass es nicht gut ist, im- mer die Zukunft wissen zu wollen.“ – Gundela von Liepenstein.
Was lernen wir daraus? – Die Zukunft bringt uns Mühsal, Leid und Not, so gut wie Augenblicke der Freude und des Glücks. Am Ende aber sind es immer Boron]]s Hallen, ganz gleich, wie hell und sanft, oder wie steinig, steil und düster unser Weg gewesen ist. Wenn du die Mühen siehst, die auf dich warten, die Abschiede, die es zu nehmen gilt, wirst du deinen Weg dann noch wohlgemut weitergehen? Daher nimm Warnungen ernst, die man dir zuruft, aber frag nicht zu oft danach, was noch alles vor Dir liegt.
„... dass ein Waldspaziergang sehr interessant sein kann.“ – Madalena Salveri di Punta Falcomar.
Was lernen wir daraus? – Ein Wald, meint ihr, sei nichts als Holz und Moos und Mulm? Vielleicht Kulisse für ein Stelldichein, mehr nicht? Ihr irrt! Hesinde gab uns allen einen wachen Geist und den Verstand, dass auch ein wilder, wirrer Wald für uns zur Quelle von Verwunderung, von Staunen und Erkenntnis wird.
„... dass nicht alle Fragen, die denkbar sind, auch ausgesprochen werden sollen.“ – Lucrann von Rabenstein.
Was lernen wir daraus? – Einzig als Kind steht es uns an, zu fragen, fragen, fragen, laut und vernehmlich und ungeachtet, was und wo. Der reifere Mensch aber frage mit Bedacht und denke oft an Firuns Gebot, der da sagt: sei wachsam, ruhig und erlange Dein Ziel durch eigene Kraft.
„... dass man immer noch etwas dazulernt.“ – Siopan der Helle.
Was lernen wir daraus? – Du kannst erfahren sein, gelehrt und hochbetagt, Frau Tsa wird dir doch immer wieder Neues, Unbekanntes schicken! Das letzte Unbekannte,
neu für jeden, aber ist der Tod.
„... dass man manchmal ein Baum sein muss, um im Wald zu überleben.“ – Boromil von Kaldenberg.
Was lernen wir daraus? – Nicht immer helfen Axt und Schwert, nicht immer bist du groß genug, um ungehindert bis zum Licht zu reichen, nicht immer findest du, bedrängt, auf Knien einen Ausschlupf aus der Not. Dann muss der Jäger mit den Wölfen heulen, dann musst der Treiber selbst zum Esel werden, und mancher Holzfäller legt Laub und Borke an. So lehrt uns Phex.
„... dass man die Erziehung seiner Kinder besser selbst in die Hand nimmt.“ – Frylinde von Salmingen.
Was lernen wir daraus? – Wer seinen Garten vor Frau Peraine allein der Magd, dem Knecht, der Gärtnerin überlässt, muss sich nicht wundern, wenn statt Rosen Brombeeren wachsen, statt Möhren Rosenkohl, und die Kohlräbchen nachher jemand anderes verspeist.
„... verborgen.“ – Frederico Romualdo di Montalverde.
Was lernen wir daraus? – Mancher setzt uns einen Holzklotz vor und meint, wir müssten die Figur der Sharisad darin ganz deutlich sehen. Manchmal bräuchten wir ein Pferd und haben nichts als ungeschlachten Stein. Und manchen Eisenbarren kennen wir nicht wieder, hat ein Meister Kronleuchter daraus gemacht. Den Vater Ingerimm erfreut es, arbeiten wir aus dem, was uns noch grob und ungeformt erscheint, das innere Wesen und den Sinn her- aus.
„... dass Hexen nicht zu trauen ist.“ – Hagen von Salmingen-Sturmfels.
Was lernen wir daraus? – Zumindest eins: dass mancher erst am Anfang seines Weges steht, vom Rosendorn gleich auf die Rose schließt, den Schein noch mehr beachtet als das Sein, das er dahinter finden könnte. Es ist die sanfte, heit’re Rahja, die uns lehrt – auch wenn wir lange, lange dafür brauchen! --, dass alles, was wir achten können, schön ist, liebenswert, und manches warzige Gesicht, manch Buckel, Zauselhaar und Humpelbein nur das verwitterte Gemäuer sind, das traute Kemenaten oder hohe Hallen voll Gesang verbirgt! (Und umgekehrt ein rot bemalter Mund sich manchmal als ein Lügenmaul entpuppt, die makellose Haut als Schicht aus feinem Staub, der runde Busen manchmal ein verdorrtes Herz enthält. Nun ja, auch dies.)
Fadélmin Sirr, Illumnestraner