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Aktuelle Version vom 23. Juli 2021, 21:20 Uhr
Der letzte Ritt
Vom traurigen Schicksal einer Ferdoker Lanzerin
Der folgende Brief gelangte über Umwege an die Schriftleitung des KOSCH-KURIER. Da er ein schönes Beispiel von Frömmigkeit und Kameradschaft ist, drucken wir ihn hier mit der Erlaubnis seiner Verfasserin ab.
Ferdok, Hesinde 1044 BF.
Lieber Vater!
Heute muss ich Dir Trauriges berichten. Wie Du ja weißt, hat unsere Schwadron die letzten Wochen in der Garnison der Ferdoker Garde verbracht. Wir brachten unsere Pferde auf Vordermann und halfen den Neulingen, Teil unserer Einheit zu werden. Es braucht viel Zeit, bis man eine richtige Lanzerin ist.
So war es auch an diesem Tag. Wir kamen gerade aus dem Speisesaal, in dem wir unser Mittagsmahl eingenommen hatten, als es den Befehl gab, aufzusitzen und auszureiten. Es war mal wieder eine Übung. Über Stock und Stein ging es in Formation mit eingelegten Lanzen. Wir setzten gerade über eine kleine Feldmauer hinweg, als das Pferd meiner Nebenfrau, Neralda von Ödenhof, strauchelte und stürzte. Ich brauchte einen Moment, um mein Pferd zu wenden, und eilte zu Neralda zurück. Sie lag auf dem Boden unter ihrem eigenen Ross begraben.
Das Tier war tot, Neralda nicht bei Bewusstsein, aber sie atmete noch. Gemeinsam mit einigen Kameradinnen schafften wir es, das tote Pferd von Neralda herunterzuziehen. Sie war noch immer bewusstlos. Wir fertigten aus unseren Lanzen eine Trage und machten uns auf den Weg zurück nach Ferdok. Auf halbem Weg konnten wir Neralda auf einen Wagen laden und sie so zum Steinernen Tempel in Ferdok bringen.
Ich blieb an der Seite meiner Kameradin. Es dauerte zwei Tage, bis sie ihr Bewusstsein wieder erlangte, doch mit Entsetzen mussten wir erkennen, dass ihre Beine gelähmt waren. Sie konnte sich nicht mehr selbst fortbewegen. Ihre Karriere bei den Lanzerinnen ist damit zu Ende. Wir alle weinten bitterliche Tränen. Wegen eines einzigen Sturzes muss Neralda nun für alle Zukunft mit dieser Behinderung leben.
Es vergingen einige Wochen, dann brachten wir sie zu den heilenden Quellen nach Gôrmel, wo wir auch ihre Mutter trafen: Vieska, die eigens aus Angbar angereist war. Ich blieb noch einige Tage bei meiner alten Kameradin, doch dann musste ich wieder nach Ferdok zurück. Neraldas Mutter hingegen war von Gram gezeichnet und trat dem Orden der Heiligen Drei Schwestern bei. Sie wollte sich zukünftig ganz um ihre Tochter kümmern, ihr Lehen war ihr weniger wichtig als ihre Tochter, und der ging es hier in Gôrmel am besten, nahmen ihr die heilenden Quellen doch wenigstens den Großteil ihrer Schmerzen. Damit geht das Gut Blumenholtz wohl an Neraldas Bruder Derwart, der ja die Gurnhild von Entensteg geheiratet hat.
Ich hoffe, es geht Dir und Mutter gut. Richte auch schöne Grüße an Brauwin aus.
Deine Dir treu ergebene Tochter Perdita