Ein Bogen, ein Pfeil und ein Kuss: Unterschied zwischen den Versionen

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[[Handlungsort ist::Oberangbar (Baronie)|OBERANGBAR]],  am  1.  Firun  1042  BF.  Schon  neulich  bei  der  Grafenhochzeit  auf  [[Ortsnennung ist::Schloss Grauensee]]  war  offenbar  geworden, dass Frau Rahja zwischen den [[Akteursnennung ist::Haus Garnelhaun|Häusern Garnelhaun]] und [[Akteursnennung ist::Haus von der Wiesen|Oberangbar]] zarte Bande geknüpft hatte. Doch es sollte noch einige  Monde  dauern,  bis  Seine  Hochgeboren  [[Hauptdarsteller ist::Wolfhardt von der Wiesen]] seine Verlobung mit der jungen [[Hauptdarsteller ist::Nadyana von Garnelhaun]] verkünden konnte.<br/>
[[Handlungsort ist::Oberangbar (Baronie)|OBERANGBAR]],  am  1.  Firun  1042  BF.  Schon  neulich  bei  der  Grafenhochzeit  auf  [[Ortsnennung ist::Schloss Grauensee]]  war  offenbar  geworden, dass Frau Rahja zwischen den [[Akteursnennung ist::Haus Garnelhaun|Häusern Garnelhaun]] und [[Akteursnennung ist::Haus von der Wiesen|Oberangbar]] zarte Bande geknüpft hatte. Doch es sollte noch einige  Monde  dauern,  bis  Seine  Hochgeboren  [[Hauptdarsteller ist::Wolfhardt von der Wiesen]] seine Verlobung mit der jungen [[Hauptdarsteller ist::Nadyana von Garnelhaun]] verkünden konnte.<br/>
Vorausgegangen   war   eine lange,  an  Wendungen  reiche   Geschichte,   die   eng   mit dem  [[Akteursnennung ist::Orden  der  Hanghasenjagd]] verbunden  ist.  Dieser  hat  sein immerwährendes Biwak bekanntlich  in  Oberangbar,  und eigentlich   wäre   es   naheliegend,  dass  auch  der  Baron  von Oberangbar   dieser   angesehenen   Gemeinschaft   angehört. Dem  ist  aber  nicht  so,  wie  Eingeweihte wissen. Dreimal hatte Seine  Hochgeboren  Wolfhardt von  der  Wiesen  schon  um  Aufnahme   gebeten,   und   dreimal war  es  seiner  Gegnerin,  [[Hauptdarsteller ist::Cathine  von  Unterangen]],  gelungen, diese  zu  verhindern  –  zuletzt vor  einem  Dutzend  Götterläufen. Damals stellte sie offen seine   Firungefälligkeit   in   Frage, was zur Folge hatte, dass er, gemäß  den  Statuten  des  Ordens, einen   Probeschuss   mit   Pfeil und   Bogen   ablegen   musste. Dieser  Prüfung  unterwarf  sich der   Baron,   doch   während   er noch  zielte,  brach  sein  Bogen entzwei  –  ein  böses  Omen!  Daraufhin wurde entschieden,dass  ihm  der  Beitritt  auf  zwölf Götterläufe untersagt sei.<br/>
Vorausgegangen war eine lange,  an  Wendungen  reiche Geschichte, die eng mit dem  [[Akteursnennung ist::Orden  der  Hanghasenjagd]] verbunden  ist.  Dieser  hat  sein immerwährendes Biwak bekanntlich  in  Oberangbar,  und eigentlich wäre es naheliegend,  dass  auch  der  Baron  von Oberangbar dieser angesehenen Gemeinschaft angehört. Dem  ist  aber  nicht  so,  wie  Eingeweihte wissen. Dreimal hatte Seine  Hochgeboren  Wolfhardt von  der  Wiesen  schon  um  Aufnahme gebeten, und dreimal war  es  seiner  Gegnerin,  [[Hauptdarsteller ist::Cathine  von  Unterangen]],  gelungen, diese  zu  verhindern  –  zuletzt vor  einem  Dutzend  Götterläufen. Damals stellte sie offen seine Firungefälligkeit in Frage, was zur Folge hatte, dass er, gemäß  den  Statuten  des  Ordens, einen Probeschuss mit Pfeil und Bogen ablegen musste. Dieser  Prüfung  unterwarf  sich der Baron, doch während er noch  zielte,  brach  sein  Bogen entzwei  –  ein  böses  Omen!  Daraufhin wurde entschieden,dass  ihm  der  Beitritt  auf  zwölf Götterläufe untersagt sei.<br/>
All  die  Jahre  war  dies  zwar ein  Grund  des  Ärgers  fürden  Baron,  aber  in  Schwierigkeiten  geriet  er  dadurch  erst jetzt. Denn [[Hauptdarsteller ist::Travian von Garnelhaun]],   sein   Schwiegervater   inspe,  ist  ein  glühender  Anhänger  des  Herrn  Firun,  und  der Orden der Hanghasenjagd geht ihm  über  alles.  Undenkbar  also,   dass   seine   Tochter   einen Edelmann  heiraten  würde,  der nicht  bei  den  „Jägern“  zu  finden ist. So kam es, dass Seine Hochgeboren  in  diesem  Winter  erneut seinen Antrag stellte. Und endlich  erhob  sich kein  Widerspruch, auch nicht von Jungfer Cathine  –  was  auch  immer  ihren  Sinneswandel  bewirkt  haben  mochte.  Doch  eines  blieb dem  Baron  nicht  erspart,  und das  war  der  Probeschuss;  denn das  böse  Omen  von  vor  zwölf Jahre  musste  aufgehoben  werden. Der  Verfasser  dieser  Zeilen war  leider  nicht  zugegen  beidem  Ritual,  das  in  der  Abgeschiedenheit  des  winterlichen Waldes  stattfand,   und  so  basiert  der  folgende  Bericht  allein  auf  Hörensagen.  Doch  die Geschichte  ist  so  rührend  und erhebend,  dass  wir  sie  der  geneigten  Leserschaft  nicht  vorenthalten wollen.<br/>
All  die  Jahre  war  dies  zwar ein  Grund  des  Ärgers  fürden  Baron,  aber  in  Schwierigkeiten  geriet  er  dadurch  erst jetzt. Denn [[Hauptdarsteller ist::Travian von Garnelhaun]], sein Schwiegervater inspe,  ist  ein  glühender  Anhänger  des  Herrn  Firun,  und  der Orden der Hanghasenjagd geht ihm  über  alles.  Undenkbar  also, dass seine Tochter einen Edelmann  heiraten  würde,  der nicht  bei  den  „Jägern“  zu  finden ist. So kam es, dass Seine Hochgeboren  in  diesem  Winter  erneut seinen Antrag stellte. Und endlich  erhob  sich kein  Widerspruch, auch nicht von Jungfer Cathine  –  was  auch  immer  ihren  Sinneswandel  bewirkt  haben  mochte.  Doch  eines  blieb dem  Baron  nicht  erspart,  und das  war  der  Probeschuss;  denn das  böse  Omen  von  vor  zwölf Jahre  musste  aufgehoben  werden. Der  Verfasser  dieser  Zeilen war  leider  nicht  zugegen  beidem  Ritual,  das  in  der  Abgeschiedenheit  des  winterlichen Waldes  stattfand, und  so  basiert  der  folgende  Bericht  allein  auf  Hörensagen.  Doch  die Geschichte  ist  so  rührend  und erhebend,  dass  wir  sie  der  geneigten  Leserschaft  nicht  vorenthalten wollen.<br/>
Man stelle sich also die Lichtung  vor,  erhellt  vom  flackernden   Schein  der   Fackeln; man sehe die Gesichter der edlen  Waidleute  vor  sich,  allen voran   das   des   guten   [[Nebendarsteller ist::Anshold vom Eberstamm|Fürsten Anshold]];  man  spüre  den  frostigkalten  Wind,  die  sanfte  Berührung  der  fallenden  Flocken auf  der  Haut;  man  schmecke den harzigen Duft der Tannen. Nun  tritt  der  Baron  in  den Kreis.  Er  trägt  ein  grünes  Jagdgewand  und  über  der  Schulter einen  Köcher  mit  einem  einzigen  Pfeil,  in  dessen  Schaft  der Name  Nadyana  eingeschrieben ist.  Die  Schützenscheibe  wird aufgestellt.  Man  reicht  ihm  einen  Bogen  und  einen  der  Weißen  Pfeile  aus  dem  Schatz  des Ordens.  Doch  Wolfhardt  lehnt dankend  ab;  er  will  sein  eigenes  Geschoss  verwenden,  den Pfeil  der  Liebe.  –  Gemurmel  ist zu  hören:  Ob  das  den  Regeln entspricht?  Man  ist  sich  nicht einig.  Nur  Eine  wüsste  zuverlässig  Antwort:  die  Jagdmeisterin [[Briefspieltext mit::Eisegrina von Rübfold]]. Doch  diese  weilt  schon  lange bei   Boron,   und   das   Amt   ist noch  immer  vakant.  Da  muss der Fürst entscheiden, der Marschall  des  Ordens.  Lange  denkter nach, dann schüttelt er traurig   den   Kopf   und   sagt   bedauernd:  „Der  Probeschuss  gilt nur mit einem der Weißen Pfeile  –  so  ist  es  schon  immer  gewesen. Es tut mir leid, mein guter   Wolfhardt.   Aber   verliert nicht  den  Mut,  es  wird  Euch auch so gelingen!“Da  wird  er  bleich,  der  gute Wolfhardt!  Doch  ist  es  ihm  zu verdenken? So viel hängt ab von diesem Schuss, viel mehr als nur die  Mitgliedschaft  in  einem  Orden. Er zögert, er schwankt, und seine  Hände zittern.Doch  plötzlich  hört  er  seinen  Namen,  gerufen  von  einer hellen Stimme. Sie kommt vom Rande   der   Lichtung,   wo   im Schatten  der  Zweige  Nadyana steht.  Ihr  Vater  schüttelt  streng den  Kopf,  doch  die  Jungfer  beachtet  ihn  nicht.  Sie  kommt  auf die   Lichtung   geschritten,   ein Mädchen  im  weißen  Gewand, Kristalle  im  Haar  und  Schnee auf   den   Schultern.   Wie   Ifirn sieht  sie  aus!  So  schreitet  sie auf  den  Geliebten  zu,  nimmt seine  Hände  in  die  ihren  und haucht einen Kuss darauf. Dann  hebt  sie  den  Pfeil  an  ihren  Mund  und  drückt  die  Lippen   auf   die   eiserne   Spitze. Nachdem   sie   dies   getan   hat, wendet  sie  sich  um  und  kehrt zurück  in  den  Schatten.  Niemand  sagt  ein  Wort,  und  niemand wagt es, Einspruch zu erheben.  Der  Baron  legt  an  undschießt.<br/>
Man stelle sich also die Lichtung  vor,  erhellt  vom  flackernden Schein  der Fackeln; man sehe die Gesichter der edlen  Waidleute  vor  sich,  allen voran das des guten [[Nebendarsteller ist::Anshold vom Eberstamm|Fürsten Anshold]];  man  spüre  den  frostigkalten  Wind,  die  sanfte  Berührung  der  fallenden  Flocken auf  der  Haut;  man  schmecke den harzigen Duft der Tannen. Nun  tritt  der  Baron  in  den Kreis.  Er  trägt  ein  grünes  Jagdgewand  und  über  der  Schulter einen  Köcher  mit  einem  einzigen  Pfeil,  in  dessen  Schaft  der Name  Nadyana  eingeschrieben ist.  Die  Schützenscheibe  wird aufgestellt.  Man  reicht  ihm  einen  Bogen  und  einen  der  Weißen  Pfeile  aus  dem  Schatz  des Ordens.  Doch  Wolfhardt  lehnt dankend  ab;  er  will  sein  eigenes  Geschoss  verwenden,  den Pfeil  der  Liebe.  –  Gemurmel  ist zu  hören:  Ob  das  den  Regeln entspricht?  Man  ist  sich  nicht einig.  Nur  Eine  wüsste  zuverlässig  Antwort:  die  Jagdmeisterin [[Briefspieltext mit::Eisegrina von Rübfold]]. Doch  diese  weilt  schon  lange bei Boron, und das Amt ist noch  immer  vakant.  Da  muss der Fürst entscheiden, der Marschall  des  Ordens.  Lange  denkter nach, dann schüttelt er traurig den Kopf und sagt bedauernd:  „Der  Probeschuss  gilt nur mit einem der Weißen Pfeile  –  so  ist  es  schon  immer  gewesen. Es tut mir leid, mein guter Wolfhardt. Aber verliert nicht  den  Mut,  es  wird  Euch auch so gelingen!“Da  wird  er  bleich,  der  gute Wolfhardt!  Doch  ist  es  ihm  zu verdenken? So viel hängt ab von diesem Schuss, viel mehr als nur die  Mitgliedschaft  in  einem  Orden. Er zögert, er schwankt, und seine  Hände zittern.Doch  plötzlich  hört  er  seinen  Namen,  gerufen  von  einer hellen Stimme. Sie kommt vom Rande der Lichtung, wo im Schatten  der  Zweige  Nadyana steht.  Ihr  Vater  schüttelt  streng den  Kopf,  doch  die  Jungfer  beachtet  ihn  nicht.  Sie  kommt  auf die Lichtung geschritten, ein Mädchen  im  weißen  Gewand, Kristalle  im  Haar  und  Schnee auf den Schultern. Wie Ifirn sieht  sie  aus!  So  schreitet  sie auf  den  Geliebten  zu,  nimmt seine  Hände  in  die  ihren  und haucht einen Kuss darauf. Dann  hebt  sie  den  Pfeil  an  ihren  Mund  und  drückt  die  Lippen auf die eiserne Spitze. Nachdem sie dies getan hat, wendet  sie  sich  um  und  kehrt zurück  in  den  Schatten.  Niemand  sagt  ein  Wort,  und  niemand wagt es, Einspruch zu erheben.  Der  Baron  legt  an  undschießt.<br/>
Es  war  ein  Firunsritual,  bei dem  kein  Jubel  erscholl.  In würdigem  Schweigen  erkannte man beides an: den Schuss und den  Schützen.  Doch  zu  späterer  Stunde,  in  der  wohlig-warmen  Hütte  des  Ordens,  wurde ausgelassen  gefeiert  nach  Koscher  Sitte,  und  Travian  von Garnelhaun legte stolz die Hand  seiner  Tochter  in  die  des Barons.  Am  5.  Rondra  soll  die Hochzeit sein – genau ein Jahr,nachdem  sich  die  beiden  zumersten Mal begegnet sind.
Es  war  ein  Firunsritual,  bei dem  kein  Jubel  erscholl.  In würdigem  Schweigen  erkannte man beides an: den Schuss und den  Schützen.  Doch  zu  späterer  Stunde,  in  der  wohlig-warmen  Hütte  des  Ordens,  wurde ausgelassen  gefeiert  nach  Koscher  Sitte,  und  Travian  von Garnelhaun legte stolz die Hand  seiner  Tochter  in  die  des Barons.  Am  5.  Rondra  soll  die Hochzeit sein – genau ein Jahr,nachdem  sich  die  beiden  zumersten Mal begegnet sind.


[[Hauptdarsteller ist::Karolus Linneger]]
[[Hauptdarsteller ist::Karolus Linneger]]

Version vom 25. Mai 2020, 09:13 Uhr


Kosch-Kurier36-.gif

Ausgabe Nummer 63 - Rahja 1042 BF

OBERANGBAR, am 1. Firun 1042 BF. Schon neulich bei der Grafenhochzeit auf Schloss Grauensee war offenbar geworden, dass Frau Rahja zwischen den Häusern Garnelhaun und Oberangbar zarte Bande geknüpft hatte. Doch es sollte noch einige Monde dauern, bis Seine Hochgeboren Wolfhardt von der Wiesen seine Verlobung mit der jungen Nadyana von Garnelhaun verkünden konnte.
Vorausgegangen war eine lange, an Wendungen reiche Geschichte, die eng mit dem Orden der Hanghasenjagd verbunden ist. Dieser hat sein immerwährendes Biwak bekanntlich in Oberangbar, und eigentlich wäre es naheliegend, dass auch der Baron von Oberangbar dieser angesehenen Gemeinschaft angehört. Dem ist aber nicht so, wie Eingeweihte wissen. Dreimal hatte Seine Hochgeboren Wolfhardt von der Wiesen schon um Aufnahme gebeten, und dreimal war es seiner Gegnerin, Cathine von Unterangen, gelungen, diese zu verhindern – zuletzt vor einem Dutzend Götterläufen. Damals stellte sie offen seine Firungefälligkeit in Frage, was zur Folge hatte, dass er, gemäß den Statuten des Ordens, einen Probeschuss mit Pfeil und Bogen ablegen musste. Dieser Prüfung unterwarf sich der Baron, doch während er noch zielte, brach sein Bogen entzwei – ein böses Omen! Daraufhin wurde entschieden,dass ihm der Beitritt auf zwölf Götterläufe untersagt sei.
All die Jahre war dies zwar ein Grund des Ärgers fürden Baron, aber in Schwierigkeiten geriet er dadurch erst jetzt. Denn Travian von Garnelhaun, sein Schwiegervater inspe, ist ein glühender Anhänger des Herrn Firun, und der Orden der Hanghasenjagd geht ihm über alles. Undenkbar also, dass seine Tochter einen Edelmann heiraten würde, der nicht bei den „Jägern“ zu finden ist. So kam es, dass Seine Hochgeboren in diesem Winter erneut seinen Antrag stellte. Und endlich erhob sich kein Widerspruch, auch nicht von Jungfer Cathine – was auch immer ihren Sinneswandel bewirkt haben mochte. Doch eines blieb dem Baron nicht erspart, und das war der Probeschuss; denn das böse Omen von vor zwölf Jahre musste aufgehoben werden. Der Verfasser dieser Zeilen war leider nicht zugegen beidem Ritual, das in der Abgeschiedenheit des winterlichen Waldes stattfand, und so basiert der folgende Bericht allein auf Hörensagen. Doch die Geschichte ist so rührend und erhebend, dass wir sie der geneigten Leserschaft nicht vorenthalten wollen.
Man stelle sich also die Lichtung vor, erhellt vom flackernden Schein der Fackeln; man sehe die Gesichter der edlen Waidleute vor sich, allen voran das des guten Fürsten Anshold; man spüre den frostigkalten Wind, die sanfte Berührung der fallenden Flocken auf der Haut; man schmecke den harzigen Duft der Tannen. Nun tritt der Baron in den Kreis. Er trägt ein grünes Jagdgewand und über der Schulter einen Köcher mit einem einzigen Pfeil, in dessen Schaft der Name Nadyana eingeschrieben ist. Die Schützenscheibe wird aufgestellt. Man reicht ihm einen Bogen und einen der Weißen Pfeile aus dem Schatz des Ordens. Doch Wolfhardt lehnt dankend ab; er will sein eigenes Geschoss verwenden, den Pfeil der Liebe. – Gemurmel ist zu hören: Ob das den Regeln entspricht? Man ist sich nicht einig. Nur Eine wüsste zuverlässig Antwort: die Jagdmeisterin Eisegrina von Rübfold. Doch diese weilt schon lange bei Boron, und das Amt ist noch immer vakant. Da muss der Fürst entscheiden, der Marschall des Ordens. Lange denkter nach, dann schüttelt er traurig den Kopf und sagt bedauernd: „Der Probeschuss gilt nur mit einem der Weißen Pfeile – so ist es schon immer gewesen. Es tut mir leid, mein guter Wolfhardt. Aber verliert nicht den Mut, es wird Euch auch so gelingen!“Da wird er bleich, der gute Wolfhardt! Doch ist es ihm zu verdenken? So viel hängt ab von diesem Schuss, viel mehr als nur die Mitgliedschaft in einem Orden. Er zögert, er schwankt, und seine Hände zittern.Doch plötzlich hört er seinen Namen, gerufen von einer hellen Stimme. Sie kommt vom Rande der Lichtung, wo im Schatten der Zweige Nadyana steht. Ihr Vater schüttelt streng den Kopf, doch die Jungfer beachtet ihn nicht. Sie kommt auf die Lichtung geschritten, ein Mädchen im weißen Gewand, Kristalle im Haar und Schnee auf den Schultern. Wie Ifirn sieht sie aus! So schreitet sie auf den Geliebten zu, nimmt seine Hände in die ihren und haucht einen Kuss darauf. Dann hebt sie den Pfeil an ihren Mund und drückt die Lippen auf die eiserne Spitze. Nachdem sie dies getan hat, wendet sie sich um und kehrt zurück in den Schatten. Niemand sagt ein Wort, und niemand wagt es, Einspruch zu erheben. Der Baron legt an undschießt.
Es war ein Firunsritual, bei dem kein Jubel erscholl. In würdigem Schweigen erkannte man beides an: den Schuss und den Schützen. Doch zu späterer Stunde, in der wohlig-warmen Hütte des Ordens, wurde ausgelassen gefeiert nach Koscher Sitte, und Travian von Garnelhaun legte stolz die Hand seiner Tochter in die des Barons. Am 5. Rondra soll die Hochzeit sein – genau ein Jahr,nachdem sich die beiden zumersten Mal begegnet sind.

Karolus Linneger