Die Eisenhuetter Firunsfesten: Unterschied zwischen den Versionen
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Niemand, der kein frommer Anhänger des Wintergottes ist, verlässt dann freiwillig die behagliche Stube oder versucht sich gar an einer Reise, zumal Weg und Steg für Pferd und Wagen schier unpassierbar sind. Und auch der mutige Wanderer sieht sich mancherlei Fährnis ausgesetzt. Klirrende Kälte, eisiger Wind, tiefster Schnee, in dem man bei jedem Schritt bis zur Hüfte einsinkt, und nicht zuletzt die gefürchteten Firunsschläge, bei denen die Schneemassen ganzer Berghänge zu Tal donnern wie eine firnglänzende Reiterkalvakade, machen jede Reise zu einem Wagnis auf Leben und Tod. | Niemand, der kein frommer Anhänger des Wintergottes ist, verlässt dann freiwillig die behagliche Stube oder versucht sich gar an einer Reise, zumal Weg und Steg für Pferd und Wagen schier unpassierbar sind. Und auch der mutige Wanderer sieht sich mancherlei Fährnis ausgesetzt. Klirrende Kälte, eisiger Wind, tiefster Schnee, in dem man bei jedem Schritt bis zur Hüfte einsinkt, und nicht zuletzt die gefürchteten Firunsschläge, bei denen die Schneemassen ganzer Berghänge zu Tal donnern wie eine firnglänzende Reiterkalvakade, machen jede Reise zu einem Wagnis auf Leben und Tod. |
Version vom 10. Dezember 2020, 22:16 Uhr
◅ | Neuer Herr auf Burg Ambossblick |
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Die Eisenhuetter Firunsfesten | ▻ |
Koscher Brauchtum: Die Eisenhuetter Firunsfesten
EISENHUETT. Lang und bitterkalt sind die Winter im Amboss seit jeher gewesen. Oft bis auf halbe Mannshöhe türmt sich Firuns Schnee dann auf Almen und Berghängen, und wo der Wind die weiße Pracht vor sich hertreibt, mag manche Schneewehe dreifache Mannslänge und mehr erreichen.
Niemand, der kein frommer Anhänger des Wintergottes ist, verlässt dann freiwillig die behagliche Stube oder versucht sich gar an einer Reise, zumal Weg und Steg für Pferd und Wagen schier unpassierbar sind. Und auch der mutige Wanderer sieht sich mancherlei Fährnis ausgesetzt. Klirrende Kälte, eisiger Wind, tiefster Schnee, in dem man bei jedem Schritt bis zur Hüfte einsinkt, und nicht zuletzt die gefürchteten Firunsschläge, bei denen die Schneemassen ganzer Berghänge zu Tal donnern wie eine firnglänzende Reiterkalvakade, machen jede Reise zu einem Wagnis auf Leben und Tod.
Wen wundert es da, wenn den tapferen Bewohnern von Eisenhuett manch Wintertag lang wird, dringt doch keine Nachricht von außerhalb bis in den hohen Amboss vor, und man sich manche Art von Kurzweil verschafft, die andernorts schlicht unbekannt sind.
Wie auch an anderen Orten bauen die Kinder der Stadt gern den Schneeork, eine krude Gestalt aus dicken Schneekugeln, der durch Steine, Stöcke, Stroh und anderen Untensilien ein wildes Aussehen erhält. Sind erst einmal ausreichend Schneeorks gebaut, werden diese von der Jugend der Stadt mit Stecken und Holzschwertern unter lautem Gejohle „niedergekämpft“.
Bei den gewaltigen Schneemengen, die in und um Eisenhuett niedergehen, werden aber nicht nur Orks gebaut, nein, die Jugend übte sich schon vor Jahrzehnten in der Errichtung von kleinen Wehrmauern, Türmen oder ähnlichen Gebilden. Zu diesem Zweck wurde Schnee mittels Eimern oder Trögen zu „Schneeziegeln“ geformt und diese dann mehr oder minder kunstvoll aufeinander geschichtet, bis das gewünschte Gebäude fertig gestellt ward. Wo aber der eine die Wehrmauer errichtet, findet sich rasch ein anderer, der sie berennen will. Und so übt sich die Jungmannschaft seit jeher auch in dieser Disziplin, bei der vor allen Dingen Wurfgeschosse aus Schnee zum Einsatz kommen.
Doch nicht nur das Jungvolk, auch manch Erwachsener hat winters mehr Zeit als sonst. Und so kam es wohl, dass einst einige Angroschim die Werke der Großlinge in Augenschein nahmen und es sich nicht verkneifen konnten, einige „wohlmeinende Ratschläge“ zu erteilen. Eben diese Ratschläge aber führten bald zu einem regelrechten Wettstreit darum, welches Stadtviertel die größte und beste „Firunsfeste“ zu errichten vermag. Immer mehr kundige Handwerker beteiligten sich mit ihrem Rat an diesem Wettstreit, und heutzutage entstehen wahre Meisterwerke der firungefälligen Fortifikation vor den Eisenhuetter Stadtmauern.
Zwar ist es nach wie vor Privileg der Jugend, die „Bauarbeiten“ auszuführen (vor allen Dingen, um die Erwachsenen nicht von dem auch im Winter notwendigen Tagwerk abzuhalten), doch werden sie stets von einigen Älteren angeleitet, um eine möglichst uneinnehmbare Festung zu erschaffen.
Dieses Ausufern des kindlichen Wettstreits veranlasste einst den Baron Karras von Roterz – Boron hab’ ihn selig – dazu, feste Regeln dafür aufzustellen. So dürfen die Bauarbeiten nur im Mond Firuns durchgeführt werden, höchstens zwölf Jugendliche dürfen zur gleichen Zeit an ihrer „Festung“ arbeiten, Holz, Stein oder Metall darf nicht verwendet werden, sondern nur die überreich vorhandenen Elemente Firuns: Schnee und Eis. Doch auch mit diesen entstehen binnen Mondesfrist Mauern und Türme, Redouten und Kasematten, die manch außerkoscher Baumeister in Erstaunen versetzen würden.
Am Tag der Ifirn aber, dem 30. Firun, lässt der Baron selbst zum Sturm auf die Bastionen blasen. Zu diesem Zweck stellt ein jedes Stadtviertel eine feste Zahl von Jugendlichen (meist zwölf oder vierundzwanzig, den Zwölfgöttern zu Ehren), die abwechselnd eine durch Los bestimmte Festung, die von der gleichen Zahl junger Burschen und Maiden verteidigt wird, nur mit Schneeball und körperlicher Kraft zu erobern. Verboten wurde Belagerungsgerät jeglicher Art, nachdem einige Angroschim vor fünf Sommern mit einer Rotze für Schneekugeln und einem Rammbock aus Eis auf dem Schlachtfeld erschienen, um ihrer Mannschaft den Sieg zu sichern.
Neben Erfolg und Misserfolg beim Sturm auf die gegnerische Feste entscheidet auch die Zeit darüber, welcher Partei der Baron am Ende den Sieg zuspricht. Doch ganz gleich, welches der Stadtviertel Eisenhuetts den Erfolg für sich verbuchen kann, stets endet der Tag am kleinen Tempel des Firun der Stadt. Anschließend zerstreuen sich die „Kombattanten“ wieder, die einen, um ihren Sieg zu feiern, die anderen, um schon jetzt Pläne für das nächste Jahr zu schmieden, in dem man die Scharte auszuwetzen hofft.
Die einzige aber, die Jahr für Jahr jede der Befestigungen bezwingt, ist die gnädige Ifirn, derem Tauwetter auch die mächtigste Firunsfeste früher oder später zum Opfer fallen muss.