Man erntet, was man sät - Intermezzo

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Baronie Drift, 03. Rondra 1041 BF

Intermetzzo

Nach ihrem Zusammentreffen mit Baron Narmur in Drift saßen Graf Growin und Cantzler Nirwulf nun in einer Kutsche beisammen und unterhielten sich.
Das Gefährt rumpelte langsam durch die Drifter Niederungen den Ambossbergen entgegen, flankiert vom fürstlichen Banner Ingerimms Zorn und einigen Ferdoker Axtschwingern. Links von ihnen sahen sie ab und zu die quirlig vor sich hin plätschernde Unwyn laufen, ehe sich der Fluss wieder hinter einer Baumgruppe verbarg oder hinter einer Hügelkette verschwand.

Nirwulf musste niesen und schnäuzte sich, nachdem er sich eine etwas zu großzügige Priese Schnupftabak gegönnt hatte. Er steckte sein Schnäuztuch weg und sammelte kurz seine Gedanken: „ … Wie dem auch sei. – Auf jeden Fall muss der Fürst aus der Angelegenheit gehalten werden, um keinen Schaden davon zu tragen. Immerhin handelt es sich bei den Aufständen in Drift mittlerweile um einen handfesten Stellvertreterkonflikt. Auf der einen Seite die selbstbewussten Barone rund um die Alttreuen. Auf der anderen Seite werden die Drifter Bauern und Bürger vom Albenhuser Bund und einer Reihe Niederadeliger unterstützt. Eine Parteiergreifung für den Hochadel oder das Bürgertum würde dem Fürsten von der jeweilig anderen Seite angekreidet werden.“
Growin: „Zum Wohlsein, Väterchen! - Zumal beide Parteien Schuld auf sich geladen haben. Der Baron hat ein fürstliches Gut belagert…"
Nirwulf hakte ein: „ … Von wo aus das Eigentum barönlicher Vasallen überfallen wurde. Außerdem ist die Yassburg im Besitz des Barons. Der fürstliche Landvogt darf sie nur mitbewohnen.“
Growin: „Was schlägst du also vor? Sollen wir erstmal weiter beobachten und uns zurückhalten?“
Nirwulf schüttelte den Kopf: „Nein. Das wäre zwar eine gute zwergische Lösung, aber hier fehl am Platz.
Eine Möglichkeit wäre, das fürstliche Hofgericht einzuschalten.“
Growin strich sich durch den Bart: „ … Das würde aufs selbe rauslaufen. Das Hofgericht ist seit vielen Jahren nicht mehr einberufen worden und es würde Monate dauern, bis alle Richter nominiert wären. Da das Haus Zweizwiebeln nichtmehr die Barone vertreten kann, muss erstmal eine Nachfolge bestimmt werden. Allein dies ist politisch heikel.“
Nirwulf nickte zustimmend. Dann schwiegen sie einige Zeit.
Schließlich fixierte Nirwulf Growin mit seinem Blick: „Du solltest ein gräfliches Machtwort sprechen. Immerhin ist das hier deine Grafschaft.“
Growin blickte Nirwulf misstrauisch an.
Dann lehnte er sich zurück, griff in seine Rocktasche und zog eine Meerschaumpfeife und eine silberne Tabakdose hervor. Seufzend begann er die Pfeife zu stopfen. Schließlich raunte er: „Das stimmt schon, aber … Solche Machtwörter, vor allem wenn man sie mit Tatsachen untermauern will, können recht teuer ausfallen. Das passt mir augenblicklich so gar nicht in meine Finanzplanung.
Außerdem hätte ich dasselbe Problem wie der Fürst. Entweder habe ich die Barone oder das Volk samt Albenhuser Bund gegen mich.“
Nirwulf behielt Growin fest im Blick: „Aber! – Der Schaden wäre vom Fürsten abgewendet. Wenn Gefahr droht, und sei es nur der Ungemach der Vasallen, ist es deine Aufgabe als Graf, dich schützend vor den Fürsten zu stellen.“
Growin verschluckte sich und musste husten: „ … Bei Angroschs Hammer! Uns wird doch wohl eine gute Lösung für ALLE einfallen.“
Nirwulf reichte Growin eine Schachtel mit Schwefelhölzern: „Zum Wohlsein! – Eine gute Lösung für den Fürst ist eine gute Lösung für alle. Nicht wahr?“
Plötzlich hielt die Kutsche.
Die Zwerge steckten ihre Köpfe aus dem Fenster.
Growin: „Warum halten wir?!“
Ein Soldat: „Mein Graf – Hier hat sich vor kurzem ein Kampf ereignet. Dort im Straßengraben liegen Leichen. Ich bitte euch, in der Kutsche zu bleiben, bis wir die Situation geklärt haben.“
Growin zündete sich die Pfeife an, griff dann zu seiner Axt und schwang sich beherzt aus der Kutsche: „Warten? Zeit ist Geld. Zeig mir also die Leichen.“
Nirwulf kletterte ebenfalls aus der Kutsche und folgte Growin und dem Soldaten zum Straßengraben. Dort lagen – erschlagen, erstochen und zerschnitten – sechs Drifter Gardisten, die hier eilig entsorgt wurden. Abseits der Straße konnte man die Spuren schwerer Wagen und Zugochsen erkennen.
Nirwulf schritt das Gelände ab, bückte sich ab und zu, um den Boden genauer zu untersuchen, oder inspizierte mit seinem Blick die weitläufige Umgebung.
Schließlich wandte er sich an Growin, der gerade ein Trupp Soldaten in die nächste Ortschaft sandte, um eventuelle Zeugen des Geschehens herbeizuschaffen: „Hier wurden mindestens drei schwer beladenen Wagen, die auf den Weg Richtung Drift waren, überfallen und gewendet… Das würde auch zu den sechs toten Gardisten passen. Zwei pro Wagen.“
Growins Miene verdüsterte sich ahnungsvoll: „Drei schwer beladene Wagen … Bei Pyrdacors goldenem Schuppenleib! – Das wird doch nicht etwa mein Abgabentransport gewesen sein, den mir Narmur versprochen hat?“
Nirwulf: „Das wäre gut möglich.“ Nirwulf strecke Growin eine Weizenähre entgegen: „Das hier lag dort in der Wiese. Weit und breit jedoch kein Weizenfeld.“
Growin nahm die Ähre: „Das Zeichen des Drifter Bauernhaufens.“ Nirwulf nickte.
Growins Kopf wurde Rot: „Das geht zu weit!

Kurze Zeit später war der Trupp Soldaten mit einer Handvoll Bäuerinnen und Bauern aus dem nächsten Ort zurück. Diese beschrieben dem Cantzler und dem Grafen genau, wie sie vor wenigen Stunden aus der Ferne beobachteten, wie ein Dutzend Aufständischer den Transport überfielen und entführten. Als eine Bäuerin das Wappen des Anführers der Aufständischen beschrieb – ein goldener Ring auf Rot, mit einer grauen Scheibe im Zentrum– verfinsterten sich die Minen der beiden Zwerge.
Das Wappen des Landvogts Brumil Sohn des Burgom. Growins Kopf schwoll erneut rot an: „Marschbereitschaft herstellen! - Auf nach Yassburg!“