Auferstanden - Aller Anfang ist schwer
◅ | Wehmut eines Veteranen |
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Es geht voran | ▻ |
Peraine 1042, vor den Toren Angbars
"SPA-A-ANNT!" Unablässig rief Lane Taschmann ihren Leuten, die das Armbrustschießen übten, Kommandos zu. Nachdem zuerst die erfahreneren Schützen angetreten waren und bereits ihr Können unter Beweis gestellt hatren, hatte Waibel Grabosch Sohn des Grubosch danach Lane unter ihnen ausgewählt, um die weniger guten Fernkämpfer anzuleiten – und üben hatten diejenigen Angbarer Sappeure, die jetzt dran waren, bitter nötig. "SCHIESST!" Die Soldatin war Drill und Befehlen gewohnt. Falls sie es genoss, andere herumzukommandieren, so zeigte sie es jedenfalls nicht. Ibralosch Sohn des Ingrasch fühlte irgendwie sich an den Anfang seiner Abenteurerzeit erinnert... doch damals hatten die Befehle den Bedienern eines Geschützes gegolten, mit dem man auf einen seiner Gefährten geschossen hatte. So sehr er sich aufs Schießen konzentrieren wollte, immer wieder setzte die geistige Blockade ein, welche sich bemerkbar machte, wenn er seinem Gegner nicht direkt gegenübertrat. So mussten Rahjada Lehmfeld und Ildaria Ueberwald nicht fürchten, der schlechteste Schütze der Lanze zu werden. Eulrich Tannhauser hielt sich ohnehin recht gut.
Beim Nahkampf sah für den Ambosszwerg die Sache schon ganz anders aus: Hier zeigte er nacheinander Angwart Halmanger und Malzan Siebenschröter, wie stark ein Angroscho sein konnte, auch wenn beide Gegner im Kampf ausgebildet waren. Ackbar hielt sich besser, konnte aber nur Zeit gewinnen und ihn nicht überwinden. Allerdings kämpfte die Kriegerin auch ehrenhaft und probierte keine schmutzigen Tricks.
Da sich die beiden anderen Kämpferinnen in den Nahkämpfen als etwas ungestüm hervorgetan hatten, ließ der Waibel sie noch einmal gegeneinander antreten. Die beiden Veteraninnen gingen ohne mit der Wimper zu zucken aufeinander los. Sie schenkten sich nichts, sondern verpassten sich auch mit den Ellenbogen so manchen Treffer. Das Gefecht wogte noch eine ganze Weile. Zum Schluss standen sie nah beieinander, die eine Übungswaffe gegen die andere gepresst. "Gut, das reicht!", beendete Grabosch Sohn des Grubosch den Kampf. "Diejenigen, die es noch nicht wussten, haben hoffentlich gelernt, wie ein dreckiger Kampf aussieht." "Ich hätte Dich erwischt.", sagte Lane Taschmann ihrer Gegnerin so leise ins Gesicht, dass es die anderen nicht hören konnten. In ihrer linken Hand hielt sie einen Langdolch, mit dem sie Travine Ferdoker auf Bauchhöhe berührte. "Ich Dich auch.", antwortete diese zufrieden. In ihrer Linken war ein Schwerer Dolch, direkt auf die Seite der Soldatin gerichtet. Bevor es jemand anders mitbekam, versteckten beide in einer fließenden Bewegung ihre scharfen Waffen wieder in ihrer Kleidung.
Das Tunnelgraben stellte sich als schwieriger heraus als gedacht. An der Stelle, an der sie beginnen sollten, war der Boden sehr sandig. Selbst mit dem Schaufeln einer ersten Grube kamen sie nur mühsam voran. Malzan Siebenschröter wurde schnell missmutig. Rahjada Lehmfeld und Ildaria Ueberwald stießen schon bald an die Grenzen ihrer Kräfte. Schließlich meldeten Ibralosch und Angwart dem Waibel, dass der Tunnel hier keine gute Idee sei und sie es lieber woanders versuchen würden. "Ach, Ihr wollt es also besser wissen, wie?", reagierte Grabosch äußerst unwirsch. "Den Platz habe ich selbst ausgesucht! Und ich bin Tunnelgräber, falls Ihr das schon vergessen habt!" "Jeder kann einmal einen Fehler machen – auch mit Erfahrung.", entgegnete Angwart. "Es ist jetzt doch deutlich zu sehen, dass es nicht gut angeht." "Was seid Ihr denn für Faulpelze, dass Ihr nach einem Tag schon aufgebt? Ja, glaubt Ihr denn, das Leben bei den Angbarer Sappeuren wäre ein Zuckerschlecken?" "Darum geht es doch gar nicht.", erwiderte Angwart. "Es hat aus unserer Sicht nur keinen Sinn, den Tunnel hier anzulegen, wenn wir etwas erreichen wollen. Wenn es letzten Endes nur aufs Graben selbst ankäme, könnten wir natürlich einfach so weitermachen, aber wir möchten doch in naher Zukunft einen richtigen Tunnel errichten." "Und da soll ich jetzt alles neu planen? Das glaubt Ihr doch selber nicht! Wie wollt Ihr denn die Zeit, die wir bis dahin verlieren, wieder aufholen, um noch rechtzeitig fertig zu werden?" "Wir sind uns zumindest sicher, dass es so nicht weiter geht. Ibralosch hat Erfahrung als Sappeur, der kann uns helfen, eine bessere Stelle zu finden und als Zwerg noch in der Dämmerung gut arbeiten. Und ich bin mir ebenfalls nicht zu schade, um eine Extraschicht zu schieben." "ALSO, ICH HAB JETZT DREIMAL GEFRAGT, UND IHR WOLLT IMMER NOCH NICHT VON EURER FIXEN IDEE ABLASSEN?" "Herr Waibel, bei allem Respekt, wir haben unser Anliegen ordentlich vorgetragen. Blind Befehle ausführen ohne Erklärung schafft kein Vertrauen." Plötzlich wurde Grabosch ganz ruhig. "Gut gemacht, Angwart. Ich hatte den Eindruck, dass Du mehr kannst und wollte sehen, ob Du Dich offensichtlichem Unsinn widersetzen würdest. Du bist ab jetzt mein Stellvertreter, wenn ich nicht erreichbar bin. Wir werden es so machen, wie Ihr vorgeschlagen habt. Holt Euch nachher ein Bier vom Fass, Ihr habt es Euch verdient. Wegtreten." Der Waibel lächelte zufrieden, als seine beiden Schützlingen fortgingen. Ja, der Anfang war immer schwer – aber wenn einer von ihnen bereits diese Lektion gelernt hatte, war das Gold wert!