Am Brunnen
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Texte der Hauptreihe:
Autor: Wolfhardt
Wolfhardt von der Wiesen: Am Brunnen
Schatten werfen schon die Eichen,
Bald schließt man das Tor der Stadt.
Ihre Mauern zu erreichen
Sucht ein Wand’rer, müd’ und matt.
Leise hallen seine Tritte
Durch die Straßen, die er geht,
Und er lenkt die letzten Schritte,
Wo am Platz ein Brunnen steht.
Singend sitzt dort auf dem Steine
Eine Magd und lacht ihm zu:
Kurzer Rock und schlanke Beine,
Schmale Füße ohne Schuh‘.
Grüßend setzt er sich daneben.
„Mädchen“, spricht er, „willst du mir
Nicht ein Schlückchen Wasser geben –
Kriegst auch einen Kuß dafür!“
Schweigend füllt sie eine Schale,
Reicht ihm hin den frischen Trank:
„Willst du trinken, dann bezahle –
Sieben Küsse kost’ ein Schank!“