Trutzig — und viel zu groß
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Trutzig — und viel zu groß
Burg Adlerstein zu Eisenhuett
Trutzig und wehrhaft ragt die Burg Adlerstein auf einem Felsplateau über der Stadt Eisenhuett auf. Zahlreiche vorspringende Bastionen nach dem Vorbild des wehrheimer Festungsbau, Türme und Kasematten scheinen die Burg zu einem uneinnehmbaren Bollwerk zu machen – jedenfalls auf den ersten Blick.
Wer genauer hinsieht, bemerkt, dass die Mauerkrone an zahlreichen Stellen nicht aus massiven Felsblöcken, sondern nur Bruchstein besteht und einem ernsthaften Beschuss nicht standhalten würde. Die Geschützplattformen auf den Tortürmen sind leer, und ebenso leer sind meist die Zinnen der gewaltigen Mauern, denn noch nie beherbergte Adlerstein genügend Bewaffnete, um alle Mauern, Türme und Kasematten zu bemannen.
Der unter Karras von Roterz begonnene Umbau wurde nie wirklich abgeschlossen, denn trotz der guten Einnahmen der Baronie war nie genügend Silber für alle Bauvorhaben und die geplante Burgbesatzung vorhanden. Unter der neuen Herrschaft des Grimwulf Grobhand von Koschtal wurden sämtliche Pläne auf Eis (respektive in das Archiv der Schreibstube) gelegt. Zwar ist die immerhin fünfzigköpfige Burgbesatzung noch immer vorhanden, doch wohl nur deshalb, weil der neue Baron die Waffenknechte nicht einfach an die Luft hat setzen wollen, ehe sie ein anderes Auskommen gefunden haben.
Für die zahlreichen Räume, die einst für noch mehr Bewaffnete angelegt wurden, hat man nur teilweise Verwendung gefunden. Sie dienen nunmehr als Lager- und Vorratsräume – und oft genug einfach als Gerümpelkammer, in denen sich im Lauf der Jahre allerlei ansammelt. Die Plattformen der Tortürme werden sommertags zum Aufspannen von Wäscheleinen benutzt, so dass neben den Wimpeln der Baronie auch Leibwäsche und Beinkleider im Wind flattern. Die leer stehenden Kasematten beherbergen neben der kleinen Schmiede auch einige Stallungen. So darf sich Adlerstein rühmen, den wohl am besten befestigten Hühnerstall der Koscherlande sein eigen zu nennen, in dem sich das Federvieh sichtlich wohl fühlt.
Einst erhob sich anstatt der Wehrmauern ein Schloss auf der Anhöhe, das der Familie der Herendall als Stammsitz diente. Doch schon lange vorher, als die Zwergensippe der Mortra Mur die Herrschaft über Roterz ausübte, stand auf dem Plateau eine kleine Wehranlage. Dass diese Zwergenfestung sich weit in den Fels hinein erstreckte, darf als sicher angenommen werden, doch auch während des Ausbaus der Vorratskeller unter Baron Karras konnten die alten Zwergenstollen nicht aufgefunden werden – und die einheimischen Angroschim weigerten sich beharrlich, über ihre Position Auskunft zu erteilen. „Einsturzgefahr“ murmelten sie als Begründung, doch schien es, als sei diese Erklärung nur ein Vorwand, und der Grund für die Weigerung ein ganz anderer. Die Hoffnung, bereits vorhandene Stollen für die Einlagerung gewaltiger Vorräte nutzen zu können, musste Karras von Roterz dennoch begraben.
Die neue Herrschaft hat sich bislang wenig für einen Aus- oder Umbau von Adlerstein interessiert, und sich vielmehr mit dem Problem befasst, die zahlreichen leer stehenden Räume und ungenutzten Wehranlagen bestmöglich zu verwenden. Ein wehrhaftes und zugleich gemütliches Heim scheint es zu sein, was Baron Grimwulf anstrebt. Ob es ihm gelingt, aus Burg Adlerstein derlei zu machen, wird wohl die Zeit zeigen müssen.