Der Willen der Götter - Von Jägern

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15. Ron 1043 BF
Von Jägern...


Kapitel 1

...und Gejagten
Autor: Nale

Unweit Trottweihers, 15. Rondra 1043

Zoran Schwarzland jagte ein kalter Schauer den Rücken hinab. Aufmerksam blickte er zum Rand der kleinen Lichtung, die sie gerade querten. Auch sein Pferd schien auf irgendetwas aufmerksam geworden zu sein. Sichtlich nervös drehte es die Ohren in Richtung Wald. Und noch in jenem Augenblick, in dem der Mendener eine Bewegung im dichten Unterholz auszumachen glaubte, breitete sich eine schmerzhaft Gänsehaut über seinen gesamten Körper aus. Er drückte seinem Pferd die Hacken in die Seite und preschte los, die Saufeder nach vorne gerichtet.

Im selben Augenblick brach etwas aus dem Wald heraus. Trockenes Unterholz zerbarst. Splitter, Laub und Zweige erfüllten die Luft. Ein mächtiges, donnerndes Brüllen fegte über sie hinweg. Zorans Pferd stieg panisch auf die Hinterhand, der Knabe verlor die Kontrolle, stürzte mit einem Schrei zu Boden und blieb einen Wimpernschlag lang reglos liegen. Es war sein Instinkt, der ihn zurück ins Diesseits brachte, und ihn vor der Gefahr über ihm warnte. Im letzten Augenblick gelange es ihm, sich einen Schritt auf den Boden Richtung Wald zu rollen. Und währenddessen sah er einen riesigen, dunklen Schatten über sich. Er hätte nur die Hand ausstrecken müssen um ihn zu berühren. Wenige Finger neben ihm, kam der kräftige Leib der Bestie auf. Zoran wagte kaum zu atmen. Seine Saufeder lag unerreichbar für ihn einige Schritt weit entfernt. Über ihm zeichnete sich ein dunkler Schatten ab: Der kräftige, buschige Schwanz eines Wolfes. Eines riesigen Wolfes. Er schluckte. Noch nie hatte er so etwas gesehen.

Nale von Boltansroden und ihr Knappe Fernando von Graytenau hatten ihre Saufedern in Richtung Wald erhoben. Die kleine Pagin Alinja von Pul saß wie erstarrt auf ihrem Pony, ihre smaragdgrünen Augen auf den Tumult am nahen Wald gerichtet. Da löste sich ein dunkler Schatten aus dem Durcheinander und sprang direkt auf sie zu. Nale und Fernando preschten los. Doch die Kreatur sprang in einem großen Satz einfach über sie hinweg und direkt auf die Pagin. Für das Mädchen gab es kein Entkommen. Sie hatte nicht einmal Zeit zu schreien. Erbarmungslos wurde sie mitsamt Pony von dem Untier gepackt und mitgerissen.

Nale und Fernando machten kehrt. Zoran rappelte sich auf, legte eilig einige Schritt zu seiner Saufeder zurück, ergriff sie und lief weiter. Alinja schrie. Ein entsetzlicher Schrei, der ihnen das Blut in den anderen gefrieren ließ. Knochen brachen. Dann senkte sich einen Moment eine beängstigende Stille über alles und bevor die Angst in ihr Innerstes zu kriechen vermochte, donnerte die Stimme der Baronin über sie alle hinweg: „Für RONDRA!“ Da wandte sich das Tier um. Aus seinen großen bernsteinfarbenen Augen blickte es sie bedrohlich an, bleckte seine Zähne. Blut tropfte aus seinem Maul. Viel Blut. Zu viel Blut. Mit einem Knurren setzte es sich in Bewegung, hielt direkt auf Nale und Fernando zu. Weder Schwertmutter noch Knappe wichen aus.

Zoran hörte, wie das Blut durch seine Adern rauschte. Sein Herz pochte heftig in seiner Brust. Er beschleunigte noch einmal seine Schritte. In einiger Entfernung die beiden Reiter. Dann ein furchterregendes Brüllen. Eine der Saufedern steckte im rechten Auge der Bestie. Noch im selben Moment warf das Untier sich im vollen Lauf gegen das Pferd der Baronin. Nale schrie auf. Pferd und Reiterin wurden durch die Luft geschleudert.

Nales Schrei hörte Zoran nicht. Er schrie selbst. Laut brüllte er seine Wut – oder vielleicht auch nur seine Angst? – hinaus. Er lief noch schneller. Herrin Nale, schoss es ihm dabei durch den Kopf, sie hatte ihn damals in Mendena vor dem Scheiterhaufen bewahrt. Sie war die Einzige, die an ihn geglaubt hatte. Sie war die Einzige, die sich für ihn eingesetzt hatte. Sein ganzes Leben lang war er den schrecklichen Launen seines Vaters ausgesetzt gewesen und dessen weitaus schrecklicherem Glauben, einem der Gewalt und Verstümmelung und Blut und noch mehr Blut forderte. Doch dann war sie gekommen. Und sie hatte ihn von Beginn an in ihr Herz geschlossen. Jemanden wie ihr, war er noch nie begegnet. Deswegen musste er sie beschützen, wie sie ihn beschützt hatte. Er musste!