Odilbert und Niope - Ihren Gefühlen nachgegeben

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Ihren Gefühlen nachgegeben

Eine Hügelzwergensiedlung bei Skretin, Praios 1042 BF

Boronwyn vom Kargen Land war extra angereist, um derjenige zu sein, der seinem alten Freund Olbyn Grambart die Nachricht verkündete: Niope vom See würde Odilbert von Hartsteen heiraten! Die jüngere Schwester des Grafen der Hügellande würde den Kosch Richtung Garetien verlassen.

Der ehrwürdige alte Hügelzwerg hatte die Neuigkeit mit nachdenklichem Gesicht aufgenommen. Gemeinsam mit Boronwyn und dessen Frau Avesinda saß er im Schatten eines Baumes auf einer Bank. "Also, wenn ich das richtig verstanden habe, hatte Ermst in den letzten Monden seines Lebens noch das erste Kennenlernen in die Wege geleitet; zu einer Verlobung war es aber nicht mehr gekommen..." "Richtig", bestätigte Avesinda, "die Hochzeitspläne wurden wohl erst jetzt wieder vorangetrieben auf Bitten Niopes." "Ich hätte ja fast erwartet, dass Voltan von Falkenhag die treibende Kraft war", ergänzte Boronwyn, "aber alles, was man sich bisher erzählt, deutet darauf hin, dass die Braut die Hochzeit ausdrücklich gewünscht hat." "Naja, wenn sie dagegen wäre, würde Wilbur sicher ein Machtwort sprechen.", räumte Olbyn ein. "Er kann seiner Schwester doch nichts abschlagen. Und er würde sie nicht so einfach ziehen lassen, wenn es eine arrangierte Ehe wäre." "Dabei ist Wilbur selbst noch unverheiratet.", warf Avesinda ein. "Wenn er ohne Nachkommen bleibt, muss Niope die Grafschaft übernehmen – oder eines ihrer zukünftigen Kinder. Das kann den Hochzeitsvertrag ganz schön kompliziert machen!" "Mit anderen Worten: Niope vom See hat alle vernünftigen Abwägungen über den Haufen geworfen und ihren Gefühlen nachgegeben. Wisst Ihr, was das bedeutet?", fragte Olbyn seine beiden Gäste ernst. Die nickten langsam...

...und lächelten dann sichtlich gerührt. "Echte Romantik," flüsterte Avesinda, deren Augen feucht wurden, "oh, wie ich mich für sie freue!" "Das hätte ich Niope wirklich nicht gegönnt," seufzte Boronwyn erleichtert, während er sich an die Brust fasste, "aus reinem Machtkalkül an einen fremden Hof verhökert zu werden!" "Stell Dir nur vor, Liebster, wir wären damals vernünftig gewesen... da hätten wir doch nie geheiratet!" "Was für ein schrecklicher Gedanke, bei Rahja!" "Vernunft wird völlig falsch eingeschätzt!", bekräftigte Olbyn. "Was Menschen als vernünftig erachten, mag auf den ersten Blick einleuchten, aber langfristig können sich ganz andere Entscheidungen als richtig erweisen." "Hahaha, Olbyn, wenn mein Vorfahre Foldan damals mit Dir nicht durch die Lande gezogen wäre..." "Dann hätte ich rund zwei Jahrhunderte Deiner Familiengeschichte nicht mitbekommen... jedenfalls nicht so nahe. Ach, Foldan," jetzt nannte Olbyn seinen Freund Boronwyn ausnahmsweise bei seinem zweiten Namen, "lass uns doch auf die alte Freundschaft anstoßen." Dagegen hatten die beiden Menschen nichts einzuwenden, und rasch war eine Flasche Wein besorgt... sowie, da man in der Hitze nicht auf leerem Magen trinken sollte, ein frisches Brot, geräucherter Schinken, Käse und ein Glas eingemachter Früchte. Es war eben nicht viel, sondern nur, was sich auf die Schnelle auftreiben ließ.

Nachdem sie das erste Mal auf die Freundschaft angestoßen hatten, erhoben sie die Gläser auf die Brautleute und danach auf den Sieg der Liebe gegen alle Schacherer. "Dass die Schlunder ausdrücklich nicht eingeladen wurden, halte ich für keinen guten Zug.", warf Avesinda ihre Gedanken in die Runde. "Warum eigentlich?", erkundigte sich Olbyn. "So genau habe ich das auch nicht verstanden, irgendetwas mit einer Brücke", zuckte Boronwyns mit den Schultern. Olbyn fasste sich an den Kopf. "Eine dumme Idee, sich um eine Brücke im Rahmen einer Hochzeit zu zerstreiten... das wird sich noch bitter rächen!" "Glaubst Du?", erkundigte sich Avesinda. "Aber klar doch! Im Schlund wohnen schließlich ebenfalls Angroschim. Die Schlunder Hügelzwerge hätten bestimmt großartige Geschenke in Form von Speisen und Getränken gemacht, und das auf Jahrzehnte hinweg, wenn sie neue Freundschaften geschlossen hätten. Ihr wisst ja, wie ernst wir so etwas nehmen. Und das werden die Menschen in Hartsteen nun verpassen wegen eines Zwistes, den wahrscheinlich schon ihre Enkel nicht mehr ganz auf die Reihe bekommen werden." "Na, dann lass uns doch dafür sorgen, dass wenigstens auf Grauensee die Spezialitäten nicht fehlen werden!", schlug Boronwyn vor. "Eine ausgezeichnete Idee! Ich sage gleich nachher den Dornenstrauchs Bescheid. Hagebar und Garescha werden bestimmt gerne Brombeerlikör spendieren, und ein Glas Marmelade läßt sich sicher entbehren. Die Pilzangers hingegen werden sich wahrscheinlich sogar streiten, zu was sie ihre Pilze am besten verarbeiten sollen..." Und so verbrachten die drei noch geraume Zeit mit Plänen für kulinarische Hochzeitsgeschenke, während sie selbst zünftig schmausten.