Ein schweres Los

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Ausgabe Nummer 31 - 1024 BF

Ein schweres Los

Am Rabbatzabend des Prinzen Anshold trifft des Erzens Fluch das junge Brautpaar — und die, die Hilfe bringen wollen

ERLENSCHLOSS. Acht Tage vor jeder Hochzeit, so ist’s alter Brauch im Koscher Land, kommen die Familien von Braut und Bräutigam zusammen, um am Rabbatzabend die Traviagefälligkeit des Bündnisses zu prüfen, den künftigen Geschlechternamen zu bestimmen und sich bereits einmal im Feiern für die Vermählung zu üben. Nicht anders wollten’s auch die Häuser Eberstamm und Wengenholm halten — doch kamen im Phexmond acht Tage der Trauer und Verzweifelung über sie. Der Fluch des Erzes traf sie und manch’ wackeren Helden, der zur Hilfe eilte...

Zum Rabbatzabend des Erbprinzen Anshold vom Eberstamm und seiner Versprochenen Nadyana, der Schwester des Wengenholmer Grafen, hatte sich bereits eine stattliche Anzahl von Verwandten, Vasallen und Freunden auf Erlenschloß, dem Sitz des Bräutigams, eingefunden. Vor ihren Augen aber, im großen Festsaal des Schlosses und inmitten der Zeremonie, gerade, als der Prinz sich von seiner Braut eine güldene Kette umlegen ließ, die sie als Hochzeitsgabe erhalten hatten, da wurden zu aller Schrecken die beiden jungen Brautleute ganz und gar zu Stein, wahrhaftem, unendlich hartem Felsgestein!

Nicht anders erging es einem tapferen Geweihten der Rondra, dem tapferfrommen Deggen Althaga, welcher, Böses ahnend, nur einen Herzschlag später nach vorne sprang, das Brautpaar zu schützen, und es dabei berührte. Zugleich aber formte sich — man will’s kaum glauben — in der Wand des Festsaals eine riesenhafte Fratze, die so belebt war wie das Brautpaar steinern. Mit lauter, hallender Stimme sprach sie, hundertmal unheimlicher als das Grollen eines Trolles, der aus dem Schlaf geschreckt wird. Dann verschwand sie, und Verzweiflung machte sich breit.

„Anshold!“ „Nadyana!“ Bestürzt riefen Fürst und Brautmutter nach ihren Kindern und flehten zu Ingerimm, doch blieben Verlobte und Rondrageweihter aus Stein. Vergebens frug Prinz Edelbrecht, Ansholds Bruder, nach den Worten des Steingesichts: Niemand aber hatte sie verstanden. Wer hatte gesprochen? Was war geschehen? Hatten nicht die Wächter Rohals und Angbars Praioshochgeweihter Tarjok Boquoi mit Göttersegen und Antimagie das Schloß geschützt?

So rätselten die Adeligen, als einer der Gäste sich eines Vorfalls vom Vortag erinnerte: Da habe sich ein zerlumpter und arg verwirrter Kerl eingeschlichen, der wirr von Frevel und Gier faselte. Die Wachen hatten ihn freilich rasch ergriffen und in den Kerker geworfen. „So holt den Mann!“ gebot Prinz Edelbrecht nun — da stand jener schon im Saale.

„Eure Wände können mich nicht aufhalten“, sprach der Fremde frei und klar. Dem Herrn des Erzes diene er, und diesem sei gefrevelt worden. Die Kette nämlich sei aus Gold, das den Menschen nicht zustehe. Als aber Fürst Blasius und Junker Ellerding vom Erlenschloß, des Prinzen Haushofmeister und Überbringer der Kette, ihn beschworen, die Brautleute seien unschuldig, man wisse nichts von einem Frevel und habe guten Glaubens gehandelt, hatte der Erzdiener ein Einsehen. Noch gebe es eine Möglichkeit, seinen Herrn zu besänftigen, ließ er sie wissen.

Mit seltsamen Zauberworten löste der Gesandte des Elements (ein Druide wohl) die goldene Kette vom Hals des Prinzen, der gleichwohl versteinert blieb. Ihre Glieder verteilte er unter den versammelten Edelleuten: “Dies war nicht der einzige Frevel. Reiter aus mit euren Gefährten und schreitet ein, wo immer dem Erz gefrevelt wurde. So allein mögt ihr sie retten!“

Die Gleider der Kette aber führten die Edlen in alle Richtungen und an manchen Ort, an den für gewöhnlich nimmer ein Ritter oder gar eine Baronin den Fuß setzt, in der Berge Höhen und in die Stollen unter dem Kosch. Dort besänftigten sie die Geister eines Minenunglücks und straften einen Müller, der an seinem Mahlstein Frevel tat und vollbrachten manches mehr, um den Herrn des Erzes zu besänftigen.

Doch mühsam und langsam nur fand mancher der Recken seinen Weg zurück nach Erlenschloß. Denn auch die Träger der Kettenglieder ereilte langsam der Fluch des Erzherren, den der Druide nur für eine Zeitlang hatte mildern können. So bangten Fürst Blasius, der selbst nicht verschont blieb, und alle anderen, daß nicht die letzten Recken versteinerten, bevor sie ihre Aufgabe gelöst hatten. Allen aber gelang es — worauf der Fluch von ihnen und dem Brautpaar fiel.